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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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in einem Wald, noch bevor das Zittern der Zweige und Äste nachließ. Eine Buche schoß wie ein Pilz empor, reifte heran, verfaulte und zerfiel inmitten ihrer Nachkommen. Inzwischen waren die Reste des Tempels nur noch eine halb im Boden versunkene Masse aus moosbedeckten Steinen.
    Bisher hatte sich die Zeit nur darauf beschränkt, eine offene Rechnung zu begleichen, doch jetzt beschloß sie, den Job mit aller gebotenen Gründlichkeit zu erledigen. Die kochende Grenzfläche zwischen verblassender Magie und sich ausbreitender Entropie raste den Hügelhang herab und überholte das galoppierende Pferd, dessen Reiter überhaupt nichts davon spürten, weil sie Geschöpfe der Zeit waren. Mit dem Peitschenschlag von Jahrhunderten schlug sie in den verzauberten Wald.
    »Beeindruckend, nicht wahr?« bemerkte eine Stimme an Rincewinds Knie, als das Pferd durch den Dunst aus zerfallendem Holz und verwelkenden Blättern lief.
    Sie hatte einen metallenen Klang. Rincewind senkte den Kopf, und sein Blick fiel auf das Schwert Kring. Zwei Rubine glänzten im Knauf, und der Zauberer glaubte sich von ihnen beobachtet.
    Im Heideland am randwärtigen Ende des Waldes verharrten sie und sahen dem Kampf zwischen den Bäumen und der Zeit zu, dessen Ausgang bereits feststand. Er kam einer Art Kabarett gleich und bot abwechslungsreiche Unterhaltung, während sich die Reiter auf den eigentlichen Grund für die Pause konzentrierten: Er bestand in dem Verzehr gewisser Körperteile eines Bären, der unvorsichtigerweise vor Hruns Bogen gelaufen war.
    Rincewind musterte den Barbaren, während er an einem fettigen Fleischstück nagte. Wenn Hrun seiner Arbeit als Held nachging, so unterschied er sich von dem anderen Hrun, der gelegentlich nach Ankh-Morpork kam, um in der einen oder anderen Taverne zu zechen. Jetzt war er so vorsichtig wie eine Katze, so geschmeidig wie ein Panther – und er fühlte sich hier wie zu Hause.
    Ich habe Bel-Shamharoth überlebt, erinnerte sich der Zauberer. Phantastisch. Zweiblum half dem Helden dabei, den gestohlenen Schatz zu sortieren.
    Er bestand zum größten Teil aus Silber, geschmückt mit düster schimmernden purpurnen Edelsteinen. Viele Gegenstände wiesen Darstellungen von Spinnen, Tintenfischen und den in Bäumen wohnenden Oktarsiern des Mittlands auf.
    Rincewind versuchte vergeblich, nicht auf die neben ihm kratzende Stimme zu achten.
    »… und dann gehörte ich dem Pascha von Re'durat und spielte eine wichtige Rolle bei der Schlacht vom Großen Nef«, erzählte Kring in schabendem Plauderton. Derzeit ruhte das Schwert in einem Grasbüschel. »Dabei bekam ich die kleine Kerbe, die du im unteren Drittel meiner Klinge sehen kannst. Ein Ungläubiger trug eine große Halskette aus Oktiron, was nur als höchst unsportlich bezeichnet werden kann, und natürlich bin ich damals wesentlich schärfer gewesen, und mein Herr benutzte mich, um Taschentücher aus Seide mitten in der Luft zu durchschneiden, und… Langweile ich dich?«
    »Wie? O nein, nein, ganz und gar nicht; es ist alles sehr interessant«, erwiderte Rincewind, während er weiterhin Hrun beobachtete. Durfte man ihm vertrauen? Sie befanden sich hier mitten in der Wildnis, und vielleicht lauerten Trolle in der Nähe…
    »Ich habe dich sofort als kultivierten Mann erkannt«, fuhr Kring fort. »Viel zu selten bekomme ich Gelegenheit, interessante Menschen kennenzulernen. Ich meine, meistens dauern die Begegnungen nicht sehr lange. Tja, ich fände großen Gefallen daran, an einem ruhigen, friedlichen Ort über einem hübschen Kaminsims zu hängen. Habe ich dir schon gesagt, daß ich einmal hundert Jahre lang auf dem Grund eines Sees lag?«
    »Das muß recht lustig gewesen sein«, kommentierte Rincewind geistesabwesend.
    »Eigentlich nicht«, meinte Kring.
»Nun, da hast du wahrscheinlich recht.«
    »Mein größter Wunsch besteht darin, eine Pflugschar zu sein. Ich weiß nicht, was das ist, aber es klingt nach einer sinnvollen Existenz.« Zweiblum eilte zu dem Zauberer.
»Ich habe eine tolle Idee!« entfuhr es ihm.
    »Ja.« Rincewind seufzte. »Wir bitten Hrun, uns nach Quirm zu begleiten.«
Zweiblum blinzelte überrascht. »Woher weißt du das?«
    »Ich dachte mir einfach, daß dir so etwas einfallen müßte«, entgegnete Rincewind.
    Hrun verstaute einige letzte Objekte aus Silber in den Satteltaschen, drehte sich um und lächelte aufmunternd. Dann glitt sein Blick zur Truhe.
    »Wenn er bei uns wäre – wer hätte dann den Mut, uns anzugreifen?« erkundigte

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