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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Lebenden und dem dunklen Kosmos des Todes verweilte, konnte er das ganze Universum der Kausalität betrachten. Deshalb setzte er seine beachtlichen Kräfte nicht dazu ein, mehr über die drei Reisenden herauszufinden, die derzeit verzweifelt versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. Er hoffte nur, daß seine niederträchtige Tochter diesmal den Tod fände.
     

    E inige hundert Meter entfernt stieg Liessa, gefolgt von sechs Reitern, die ausgetretenen Stufen der Treppe hinunter, die ins hohle Zentrum des Wyrmbergs führten. Seltsame Empfindungen regten sich in ihr. Ergab sich nun eine Gelegenheit für sie, aus der Sackgasse herauszukommen und den Thron des Wyrmbergs zu erringen? Natürlich gehörte er ihr. Andererseits: Die Tradition gebot, daß ein Mann über den Wyrmberg herrschte. Das ärgerte Liessa. Und wenn sich Liessa ärgerte, floß mehr Macht; dann wurden die Drachen größer und häßlicher.
    Wenn sie einen Mann gehabt hätte, wäre alles anders. Am besten einen kräftigen, strammen Burschen mit ordentlichen Muskeln und wenig Gehirn. Jemand, der Anweisungen entgegennahm und sich an sie hielt…
    Zum Beispiel der größte jener drei Reisenden, die aus dem Drachenland flohen – er schien geeignet zu sein. Und wenn sie sich irrte… Nun, die Drachen waren immer hungrig und mußten in regelmäßigen Abständen gefüttert werden. Damit sie stark und garstig wurden.
    Noch garstiger als sonst.
    Die Treppe führte durch einen steinernen Torbogen und endete an einem schmalen Sims am Dach der großen Höhle, in der die Wyrme schliefen.
    Sonnenstrahlen fielen durch die vielen Öffnungen in den Wänden, glühten durch das düstere Halbdunkel und sahen aus wie Bernsteinstangen, in denen Millionen von goldenen Insekten gefangen waren. Unten entrissen sie der Finsternis nur einen fahlen Dunst. Oben…
    Die Laufringe begannen so dicht über Liessas Kopf, daß sie nur die Hand auszustrecken brauchte, um einen zu berühren. Zu Tausenden erstreckten sie sich über die hohe und weite Höhlendecke. Hunderte von Steinmetzen hatten jahrelang gearbeitet, um die notwendigen Halterungen anzubringen; sie hingen mit dem Kopf nach unten, während sie die Haken in den Fels trieben. Doch noch viel eindrucksvoller waren die achtundachtzig Hauptringe am Scheitelpunkt der kuppelförmigen Decke. Früher hatte es fünfzig weitere gegeben, doch sie stürzten herab, als ein ganzes Heer aus schwitzenden Sklaven (damals, zu Beginn der Macht, herrschte kein Mangel an ihnen) versuchte, sie an den vorgesehenen Stellen anzubringen. Aus irgendeinem Grund lösten sie sich aus dem Fels und rissen Dutzende von unfreiwilligen Arbeitern in die Tiefe.
    Jetzt gab es noch achtundachtzig Hauptringe, groß wie Regenbögen, rostrot wie Blut. Und an ihnen hingen…
     

     
    Die Drachen spüren Liessas Präsenz. Wind flüstert durch die Höhle, als sich achtundachtzig Flügelpaare wie in einem komplizierten Puzzle entfalten. Große Köpfe sehen aus grünen facettenreichen Augen auf sie herab.
    Die großen Tiere sind noch halb durchsichtig. Während die Reiter ihre Hakenstiefel aus dem Gestell nehmen, konzentriert sich Liessa darauf, den Drachen mehr Substanz zu verleihen. Kurze Zeit später werden sie deutlich sichtbar, und ihre bronzefarbenen Schuppen reflektieren das durch die Höhlenzugänge filternde Sonnenlicht. Liessas Bewußtsein pulsiert, doch inzwischen fließt die Kraft ganz von allein, und deshalb braucht sie sich kaum zu konzentrieren, um an andere Dinge zu denken.
    Sie zieht ebenfalls die Hakenstiefel an, springt, dreht sich in der Luft und berührt mit den Füßen zwei Ringe. Es klickte leise, als sich die Haken um das Metall schließen.
    Die Welt verändert sich: Aus der Decke wird nun der Boden. Liessa steht am Rand eines Trichters oder Kraters, aus dem kleine Ringe ragen – die Drachenreiter gehen darüber hinweg und bewegen sich dabei wie Seeleute auf schwankendem Deck. In der Mitte des Trichters warten ihre riesigen Rösser bei der Herde. Weit oben befinden sich die fernen Felsen des Höhlenbodens, über Jahrhunderte hinweg von Drachenkot verfärbt.
    Liessa schreitet mit der ruhigen Eleganz, die ihr bereits zur zweiten Natur geworden ist, nähert sich ihrem eigenen Drachen namens Laolith, der den großen Pferdekopf dreht und sie ansieht. Schweinefett klebt ihm am Maul.
    Es hat gut geschmeckt, teilt Laoliths geistige Stimme mit.
»Ich habe dir doch verboten, allein zu fliegen«, erwidert Liessa scharf. Ich hatte Hunger.
»Bezähm deinen

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