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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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lernte, Erze mit Hilfe von Geschmack und Geruch zu unterscheiden. Ich schuf mir diese Augen, aber ich kann sie nicht dazu bringen, mir ein Bild der Umgebung zu zeigen.
Dann beauftragte man mich, den Palast der Sieben Wüsten zu bauen. Der Emir überhäufte mich mit Silber und ließ mir die rechte Hand abhacken, was mich nicht sonderlich überraschte.«
Der Erzastronom nickte. »Ein ernstes Handikap in deinem Beruf.«
    »Mit einem Teil des Silbers und meinen unübertroffenen Kenntnissen in Hinsicht auf Hebel und allgemeine Mechanik stellte ich diese neue Hand her. Nun, ich komme damit zurecht. Nach dem Bau des ersten Lichtdamms mit einer Kapazität von fünfzigtausend Tageslichtstunden überhäufte mich der Stammesrat vom Großen Nef mit erlesener Seide – und schnitt mir dann die Kniesehnen durch, um mich an der Flucht zu hindern. Aus diesem Grund blieb mir nichts anderes übrig, als die Seide und ein wenig Bambus für die Konstruktion eines Flugapparats zu verwenden, mit dem ich vom höchsten Turm meines Gefängnisses startete.«
    »Was dich, auf Umwegen, nach Krull bringt«, warf der Erzastronom ein. »Eins erscheint mir seltsam: Ein anderer Beruf – zum Beispiel der Anbau von Salat – wäre sicher weniger riskant als ein Tod auf Raten. Warum bleibst du bei deiner bisherigen Tätigkeit?«
Goldauge Daktylos hob die Schultern.
»Weil ich ein guter Künstler und Handwerker bin«, antwortete er.
Der Erzastronom blickte an dem goldenen Fisch empor, der wie ein Gong in der Mittagssonne glänzte.
»So schön«, murmelte er, »und einzigartig. Komm, Daktylos! Übrigens… Welche Belohnung habe ich dir versprochen?«
    »Du hast mich gebeten, einen Fisch zu konstruieren, der durch das Meer zwischen den Welten schwimmt«, intonierte Goldauge. »Als Gegenleistung, äh…«
    »Ja? Mein Gedächtnis ist leider nicht mehr so gut wie früher.« Der Erzastronom strich über die warme Bronze.
Goldauge schien nicht viel Hoffnung zu haben. »Du hast versprochen, mich freizulassen und darauf zu verzichten, mir Gliedmaßen abzuhakken. Ich verlange keinen Lohn in Form von Gold, Silber oder Seide.«
    »Ah, ja, jetzt erinnere ich mich wieder.« Der alte Mann hob eine von blauen Adern durchzogene Hand und fügte hinzu: »Ich habe gelogen.«
Es zischte leise, und Goldauge erzitterte kurz. Dann blickte er auf den Pfeil, der ihm aus der Brust ragte, und nickte enttäuscht. Ein Tropfen Blut kroch ihm aus dem Mundwinkel.
Es war völlig still auf dem Platz (abgesehen vom Summen einiger erwartungsvoller Fliegen), als Daktylos die silberne Hand hob und den Pfeil betastete.
Er stöhnte leise.
»Schlampige Arbeit«, sagte er und fiel nach hinten.
Der Erzastronom stieß die Leiche mit der Stiefelspitze an und seufzte.
»Ich ordne hiermit eine kurze Trauerzeit an, wie sie einem meisterlichen Künstler und Handwerker gebührt«, sagte er und beobachtete eine Schmeißfliege, die auf einem der beiden goldenen Augen landete und dort mehrere Sekunden lang umherkroch, bevor sie verwirrt fortflog. »Das erscheint mir lange genug«, brummte er und forderte zwei Sklaven auf, den Leichnam fortzutragen.
»Sind die Chelonauten bereit?« fragte er.
Der Erste Startlotse eilte herbei.
»Ja, Euer Beliebtheit«, meldete er.
»Werden die richtigen Gebete gesprochen?«
    »In der Tat, Euer Beliebtheit.«
    »Wieviel Zeit bleibt uns noch bis zur Tür?«
    »Bis zum Startfenster«, berichtigte der Erste Startlotse respektvoll. »Drei Tage, Euer Beliebtheit. Dann ist Groß-A'Tuins Schwanz genau in der richtigen Position.«
    »Wir brauchen also nur noch geeignete Opfer zu finden«, sagte der Erzastronom.
Der Erste Startlotse verneigte sich.
»Das Meer wird sie uns bringen«, meinte er.
Der alte Mann lächelte. »Wie üblich.«

    » W enn du doch nur navigieren könntest…«
    »Wenn du besser gesteuert hättest…«
Eine Welle rauschte übers Deck. Rincewind und Zweiblum sahen sich an. »Schöpf weiter!« riefen sie gleichzeitig und griffen nach den Eimern. Nach einer Weile klang Zweiblums brummige Stimme aus der halb unter Wasser stehenden Kabine.
»Warum soll ich daran schuld sein?« fragte er und reichte einen weiteren Eimer hinauf. Rincewind kippte ihn über Bord.
»Du hattest Wache«, erwiderte der Zauberer scharf.
»Denk daran, daß ich uns vor den Sklavenjägern gerettet habe«, meinte Zweiblum.
»Ich bin lieber ein Sklave als tot.« Rincewind richtete sich auf, blickte übers Meer und wirkte dabei ein wenig verwirrt.
    Er unterschied sich von dem Rincewind, der vor

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