Die Farben der Zeit
sich Cyril aus den Decken und blinzelte schläfrig.
»Hallo, Cyril«, sagte Verity und tätschelte ihn. Er legte den Kopf in ihren Schoß.
»Und wenn Terence kommt, um nach ihm zu sehen?« fragte ich.
»Dann verstecke ich mich«, sagte sie gelassen. »Sie ahnen ja nicht, wie froh ich bin, Sie zu sehen, Ned.« Sie lächelte zu mir hoch. »Als wir von Madame Iritosky zurückkamen, merkte ich, daß Prinzessin Arjumand immer noch nicht hier war, und als ich letzte Nacht versuchte, Dunworthy Bescheid zu sagen, erwischte mich Mrs. Mering auf meinem Weg zum Pavillon. Ich überzeugte sie davon, daß ich einen Geist gesehen hätte und ihm nachjagte, worauf sie das ganze Haus alarmierte und das Grundstück absuchen ließ. Also konnte ich nicht springen und habe keine Ahnung, was nun eigentlich passiert ist.«
Es war wirklich Pech. Die Naiade saß im Nachthemd auf meinem Bett, das prärafaelitische nußbraune Haar offen über ihren Rücken fallend. Sie war hier, lächelte zu mir auf, und mir blieb nichts anderes übrig, als alles zu ruinieren. Je eher ich es hinter mich brachte, um so besser.
»Und heute morgen«, sagte sie gerade, »mußte ich Tossie in die Kirche begleiten und dann…«
»Ich habe die Katze mitgebracht«, sagte ich. »Sie war in meinem Gepäck. Dunworthy hat mir sicher davon erzählt, aber ich war zu erschöpft, um es zu verstehen. Sie war die ganze Zeit über bei mir.«
»Ich weiß«, sagte Verity.
»Was?« Ich fragte mich, ob ich wieder Hörschwierigkeiten hatte.
»Ich weiß. Ich war heute nachmittag bei Dunworthy, und er sagte es mir.«
»Aber…« Ich versuchte, zwei und zwei zusammenzuzählen. Wenn sie heute nachmittag im Jahre 2057 gewesen war, dann war dieses strahlende Lächeln…
»Ich hätte es wissen müssen, als ich Sie in Iffley sah«, sagte sie. »Historiker in Urlaub zu schicken, ist nicht Dunworthys Stil, besonders nicht mit Lady Schrapnell im Nacken, zwei Wochen vor der Einweihung.«
»Ich wußte nicht, daß ich die Katze bei mir hatte«, antwortete ich. »Kurz nach Iffley suchte ich nach einem Büchsenöffner. Sie sagten zwar, ich sollte Terence von Muchings End fernhalten, aber es erschien mir wichtiger, die Katze zurückzubringen. Ich hatte vor, in Streatley in einem Gasthof Station zu machen und mich nachts mit der Katze heimlich wegzuschleichen, aber Terence bestand darauf, hierher zu rudern. Dann fing die Katze an zu miauen, und Cyril schnupperte an dem Korb, und dann fiel er ins Wasser und das Boot kenterte und… den Rest wissen Sie ja selbst«, schloß ich lahm. »Ich hoffe, ich tat das Richtige.«
Verity biß sich mit sorgenvollem Blick auf die Lippen.
»Wie? Denken Sie nicht, es war das Beste, die Katze zurückzubringen?«
»Ich weiß nicht.«
»Ich dachte, ich solle sie zurückbringen, bevor irgendwelche Konsequenzen aus ihrem Verschwinden entstehen.«
»Ich weiß.« Sie schaute wirklich bedrückt. »Die Sache ist bloß, daß Sie sie überhaupt nicht hätten mitnehmen dürfen.«
»Was?«
»Als Dunworthy von den Schlupfverlusten in Coventry erfuhr, sagte er den Sprung ab.«
»Ich sollte Prinzessin Arjumand nicht durchbringen?« fragte ich. »Aber… aber Sie sagten doch, der Verlust in Coventry hätte keinen Zusammenhang mit uns. Er käme daher, daß Coventry ein Krisenpunkt sei.«
»Das stimmt auch. Während sie das überprüften, verglich T. J. die Muster der Schlupfverluste mit Fujisakis Forschungen, und man kam zu dem Schluß, daß das Fehlen jeglichen Verlustes um die Stelle des ursprünglichen Sprungs herum bedeutete, daß es sich um ein völlig unwichtiges Ereignis handele.«
»Aber das ist unmöglich. Lebendige Geschöpfe sind nie unwichtig.«
»Stimmt«, erwiderte sie grimmig. »Ihrer Meinung nach ist Prinzessin Arjumand kein lebendiges Geschöpf. Ihrer Meinung nach war sie dazu bestimmt, ertränkt zu werden.«
Das ergab keinen Sinn. »Aber selbst wenn sie ertränkt würde, wäre ihr Körper immer noch mit dem Kontinuum verbunden. Er würde nicht einfach verschwinden.«
»Fujisakis Forschungen drehen sich um diesen Punkt. Der Körper würde auf seine Grundkomponenten reduziert werden und die Komplexität seiner separaten Interaktionen entsprechend sinken.«
Was hieß, ihr armer Körper würde die Themse hinunterschwimmen, sich in Kohlenstoff und Kalzium auflösen und mit nichts anderem mehr interagieren als mit dem Flußwasser und hungrigen Fischen. Asche zu Asche. Staub zu Bedeutungslosigkeit.
»Das würde es für sie ermöglichen«, fuhr
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