Die Farben der Zeit
erwies.
Den Rest des Weges zur Treppe grübelte ich über sie nach und wäre dabei beinahe über ein weiteres Paar gefallen, Tossies zierliche weiße Schnürstiefel. Da erinnerte ich mich daran, daß die Sublimationskassetten etwas von Menschen erzählt hatten, die ihre Schuhe nachts vor die Zimmertür stellten, damit die Bediensteten sie säubern konnten. Zweifellos nachdem diese das Tischtücherwaschen, Schokolade zubereiten und Tauchen in der Themse, um Strohhüte herauszufischen, hinter sich hatten.
Hier an der Treppe war es heller. Vorsichtig stieg ich die Stufen hinab. Die vierte Stufe knirschte laut, und als ich besorgt hinter mich schaute, sah ich Lady Schrapnell, die mich oben vom Treppenabsatz herab anstarrte.
Mein Herz setzte aus.
Als es wieder zu pochen begann, bemerkte ich ihre Halskrause und die lange betonte Taille, und mir fiel ein, daß Lady Schrapnell immer noch sicher auf der Anderen Seite war und dies hier eine der elisabethanischen Vorfahren der Merings sein mußte. Kein Wunder, daß man victorianischen Häuser nachsagte, daß es in ihnen spuke.
Der übrige Weg gestaltete sich einfach, bis auf den Moment an der Eingangstür, als ich befürchtete, sie sei verschlossen und ich müsse durch das Labyrinth im Wohnzimmer zu den Verandatüren schleichen. Die Tür war jedoch nur verriegelt und quietschte kaum, als ich den Riegel zurückschob. Draußen schien der Mond.
Ich hatte keine Ahnung, welches der Gebäude, die weiß im Mondlicht schimmerten, der Pferdestall war. Ich versuchte es in einem Geräteschuppen und bei etwas, das sich als Hühnerstall herausstellte, bis mir schließlich das Wiehern der Pferde, die ohne Zweifel vom Gegacker der Hühner geweckt worden waren, die Richtung wies.
Cyril schaute mich so überwältigt vor Glück an, daß mich die Flüche reuten, die ich bereits im Stillen für Terence geübt hatte. »Komm, alter Bursche«, sagte ich. »Du mußt aber mucksmäuschenstill sein. Wie Flush, als Elizabeth Browning mit ihm vor ihrem Ehemann türmte.«
Was sich ungefähr zu dieser Zeit abgespielt haben mußte. Ich fragte mich, wie sie es bewerkstelligt hatte, die Treppe hinunter aus einem stockfinsteren Haus zu schleichen, ohne sich dabei umzubringen. Und dabei noch einen Koffer und einen Cockerspaniel zu tragen. Langsam bekam ich einen Heidenrespekt vor den Victorianern.
Cyrils Version von Schweigen bestand in schwerem, von gelegentlichem Schnauben unterbrochenem Atmen. Auf halbem Weg die Stufen hoch blieb er wie angewurzelt stehen und starrte nach oben.
»Alles in Ordnung«, sagte ich und drängte ihn weiter. »Es ist nur ein Gemälde. Nichts, vor dem man sich fürchten müßte. Paß auf den Farn auf.«
Wir schafften es, ohne Zwischenfall den Korridor entlang und in mein Zimmer zu kommen. Ich schloß die Tür und lehnte mich dankbar dagegen. »Braver Junge. Flush wäre stolz auf dich«, sagte ich und sah, daß er einen schwarzen Stiefel im Maul trug, den er offenbar im Korridor aufgelesen hatte. »Nein!« riefich und wollte den Stiefel packen. »Gib her!«
Bulldoggen wurden eigentlich dazu gezüchtet, eine Stiernase zu packen und sich darin zu verbeißen, als ginge es ums liebe Leben. Dieser Instinkt hatte sich erhalten. Mein Ziehen und Zerren blieb ohne Erfolg. Ich ließ den Stiefel los. »Laß den Stiefel fallen«, befahl ich, »oder ich bringe dich schnurstracks in den Stall zurück.«
Er schaute mich bedächtig an, den Stiefel mitsamt baumelnden Schnürsenkeln im Maul hängend.
»Ich meine es ernst«, sagte ich. »Von mir aus kannst du dir einen Katarrh holen. Oder eine Lungenentzündung.«
Cyril überlegte noch einen Moment, dann ließ er den Stiefel fallen. Er legte sich so auf den Boden, daß seine platte Nase das Leder gerade noch berührte. Ich schnappte den Stiefel und hoffte, er gehörte Professor Peddick, der die Zahnabdrücke daran nie im Leben bemerken oder Terence, dem es recht geschehen würde. Es war ein Frauenschuh. Und er gehörte nicht Verity. Sie hatte weiße Stiefel getragen wie Tossie.
»Er gehört Mrs. Mering«, rief ich und hielt den Stiefel anklagend hoch.
Cyril beantwortete das, indem er sich aufmerksam und spielbereit auf die Hinterläufe setzte.
»Das ist kein Spaß!« sagte ich. »Guck dir den Stiefel an!«
Im Grunde jedoch hatte dieser, bis auf eine beträchtliche Ladung Speichel, die an ihm herabtroff, keinen größeren Schaden davongetragen. Ich wischte ihn an meinem Hosenbein ab, dann öffnete ich die Tür. »Platz!« befahl ich
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