Die Farben der Zeit
Rost hinter den Kaminschirm, damit Baine ihn nicht sehen und tüchtigerweise entfernen konnte, wenn er das Kabinett brachte.
Als ich wieder auf den Korridor trat, wartete Baine auf mich in der nun mit weniger Gepäck vollgestopften Halle.
»Dürfte ich Sie um eine kurze Unterredung bitten, Sir?« fragte er mit einem wachsamen Blick in Richtung Bibliothek. »Unter vier Augen?«
»Natürlich«, sagte ich, führte ihn in mein Zimmer und hoffte, er hatte keine weiteren Fragen über die Lebensbedingungen in den Vereinigten Staaten im Sinn.
Ich schloß die Tür hinter uns. »Haben Sie etwa Prinzessin Arjumand wieder in den Fluß geworfen?«
»Nein, Sir«, sagte er. »Es handelt sich um Madame Iritosky. Als ich ihre Koffer auspackte, fand, ich darin einige außerordentlich befremdliche Gegenstände.«
»Ich dachte, Madame Iritosky wollte ihre Koffer selbst auspacken?«
»Eine Dame packt niemals selbst aus«, sagte er. »Als ich die Koffer öffnete, fand ich eine Reihe unerfreulicher Dinge: Trompeten, Glocken, Zeigestöcke, ein Akkordeon mit Selbstspielmechanismus, Drähte, ein paar Meter schwarzes Tuch und Schleier und ein Buch mit Zaubertricks. Und das hier!« Er reichte mir eine kleine Flasche.
Ich las das Etikett vor. »Balmain’s Leuchtfarbe.«
»Ich befürchte, Madame Iritosky ist kein echtes Medium, Sir, sondern eine Betrügerin.«
»Scheint so«, sagte ich und öffnete die Flasche. Sie enthielt eine grünlichweiße Flüssigkeit.
»Ich fürchte, ihre und des Counts Absichten in bezug auf die Merings sind unehrenhaft«, fuhr Baine fort. »Ich habe mir die Freiheit genommen, vorsorglich Mrs. Merings Juwelen in Sicherheit zu bringen.«
»Ausgezeichnete Idee«, sagte ich.
»Doch die größten Sorgen macht mir Madame Iritoskys Einfluß auf Miss Mering. Ich fürchte, sie wird einem schändlichen Komplott der beiden zum Opfer fallen.« In seiner Stimme lag Anteilnahme und echte Sorge. »Als sie Tee tranken, las Madame Iritosky Miss Mering aus der Hand. Sie sagte ihr, sie sähe eine Hochzeit in naher Zukunft. Eine Hochzeit mit einem Ausländer. Miss Mering ist sehr leicht zu beeindrucken«, sagte er ernst. »Sie hat noch nicht gelernt, wissenschaftlich zu denken oder ihre Gefühle logisch zu analysieren. Ich mache mir größte Sorgen, daß sie eine Dummheit begehen könnte.«
»Sie machen sich wirklich Sorgen um sie, was?« fragte ich überrascht.
Die Röte stieg ihm in den Nacken. »Sie hat viele Fehler. Sie ist eitel, kindisch und ungezogen, aber das kommt durch ihre schlechte Erziehung. Sie ist verwöhnt und in Watte gepackt worden, aber im Grunde ihres Herzens ist sie vernünftig.« Er schaute verlegen. »Sie weiß so wenig von der Welt. Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen.«
»Miss Brown und ich haben uns auch schon unsere Gedanken gemacht«, sagte ich. »Wir wollen Miss Mering dazu bringen, uns morgen auf einen Ausflug nach Coventry zu begleiten, damit sie aus der Nähe Count de Vecchios und Madame Iritoskys wegkommt. Wir haben bereits einen Plan geschmiedet.«
»Oh«, sagte er mit erleichterter Miene. »Eine gute Idee. Falls ich irgendwie helfen kann…«
»Am besten, Sie packen das wieder ein, bevor Madame Iritosky es vermißt«, sagte ich und reichte ihm mit Bedauern die Flasche Balmain’s Leuchtfarbe. Es hätte sich so gut gemacht, damit »Coventry« auf den Seance-Tisch zu schreiben.
»Ja, Sir.« Er nahm die Flasche.
»Und vielleicht sollten Sie auch das Silber wegschließen.«
»Das habe ich bereits getan, Sir. Danke, Sir.« Er wollte zur Tür gehen.
»Baine«, sagte ich. »Sie können noch etwas tun. Ich bin überzeugt, daß de Vecchio gar kein echter Count ist. Wahrscheinlich reist er unter falschem Namen. Wenn Sie seine Sachen auspacken und da vielleicht irgendwelche Papiere oder Briefe finden…«
»Ich verstehe, Sir«, erwiderte er. »Und falls ich noch etwas tun kann, Sir, lassen Sie es mich wissen.« Er hielt inne. »Ich habe nur Miss Merings Wohlergehen im Sinn.«
»Das weiß ich, Baine«, sagte ich. Dann ging ich in die Küche und hielt nach einem dünnen starken Draht Ausschau.
»Draht?« Jane wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. »Wofür, Sorrr?«
»Um mein Portmanteau zu verschnüren«, sagte ich. »Die Schnalle ist entzwei.«
»Baine kann das für Sie reparieren«, erwiderte sie. »Wird’s heute abend eine Seance geben, jetzt, wo diese Madame hier angekommen ist?«
»Ja.«
»Auch mit Trompeten? Was meinen Sie? Meine Schwester Sharon, die Dienstmädchen in London
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