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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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klopft jemand, der kein Geist ist.«
    Und ich würde gleich mit Drähten, die aus meinem Ärmel reichten, ertappt werden. Ich versuchte, meine Hand aus Madame Iritoskys (oder der von Count de Vecchio) zu ziehen, aber es war ein eiserner Griff.
    »Baine! Die Lampen!« befahl Madame Iritosky. Sie entfachte ein Streichholz und zündete die Kerze an.
    Ein kalter Windstoß kam von den Verandatüren her, und die Flamme ging aus.
    Tossie schrie laut, und sogar Terence stöhnte auf. Wir schauten alle auf die sich bauschenden Vorhänge. Ein Geräusch wie tiefes Stöhnen erklang, und etwas Leuchtendes bewegte sich hinter ihnen.
    »Großer Gott!« sagte Reverend Arbitage.
    »Eine Erscheinung!« rief Mrs. Mering.
    Der Schatten schwebte langsam auf die offenen Verandatüren zu, wobei er leichte Schlagseite bekam, und glühte in einem schrecklichen grünen Licht.
    Die Hand, die meine hielt, wurde schlaff, und ich schob die Drähte in meine Ärmel zurück bis zu den Ellbogen hoch. Neben mir spürte ich, daß Verity ihre Röcke hochhob und dann die Veilchenschachtel in meinen rechten Stiefel schob.
    »Count de Vecchio, machen Sie Licht!« sagte Madame Iritosky.
    »Una fantasma!« rief er und bekreuzigte sich.
    Verity richtete sich wieder auf und nahm meine Hand. »Oh, Erscheinung! Bist du der Geist von Lady Godiva?«
    »Count de Vecchio!« sagte Madame Iritosky abermals. »Ich habe Ihnen befohlen, Licht zu machen!«
    Der Schatten erreichte die Verandatüren, schien sich dann aufzurichten und ein Gesicht zu bekommen. Ein verschleiertes Gesicht mit großen dunklen Augen. Und einer eingedrückten Nase. Und Lefzen.
    Verity, die meine Hand hielt, stöhnte leicht auf. »Oh, Geist«, sagte sie mit beherrschter Stimme, »willst du, daß wir nach Coventry kommen?«
    Der Schatten zog sich langsam von der Tür zurück, wandte sich um und verschwand, als ob ein schwarzes Tuch über ihn geworfen worden wäre. Die Verandatüren schlugen zu.
    »Er will, daß wir nach Coventry gehen«, sagte ich. »Diesem Befehl müssen wir gehorchen.«
    »Haben Sie das gesehen?« flüsterte Count de Vecchio. »Wie furchtbar! Wie entsetzlich!«
    Die Lichter gingen an und zeigten Baine, der gelassen neben der Lampe am Marmortischchen stand und den Docht richtete.
    »Oh, Madame Iritosky!« rief Mrs. Mering und glitt zu Boden. »Ich habe das Gesicht meiner lieben verstorbenen Mutter gesehen!«

»Bei allem, was ich bis jetzt auch erlebt habe… so was wie eine Lappalie ist mir noch nie untergekommen.«
    »Der Mondstein«
Wilkie Collins
     
18. Kapitel
     
     
    Ein ausgiebiger Nachtschlaf • Ein Deckname • Ein jäher Aufbruch • Noch mehr Decknamen • Madame Iritoskys Zukunft wird geweissagt • Das Rätsel der Federhalterwischer klärt sich auf • Des Bischofs Vogeltränke als Mordwaffe • Ein Raub • Das Rätsel der verschwundenen Rubine klärt sich auf, ebenso das Rätsel um das Tagebuch • Eine verzögerte Abreise • Im Zug nach Coventry • Ein Rückschlag
     
     
    Es brauchte gut eine Stunde und eine ganze Flasche Benzin, um Cyrils Fell von Balmain’s Leuchtfarbe zu säubern, wobei Prinzessin Arjumand assistierte. Schließlich mußten die Dämpfe uns umgehauen haben, denn ich kam erst wieder zu mir, als Baine neben meinen Bett stand, mich rüttelte und sagte: »Tut mir leid, daß ich Sie wecken muß, Sir, aber es ist nach sechs, und Colonel Mering bat mich, ihn und Professor Peddick um sieben zu wecken.«
    »Hrrrhm«, sagte ich und bemühte mich, wach zu werden. Cyril grub sich tiefer in die Decken.
    »Jimmy Slumkin, Sir«, sagte Baine, während er heißes Wasser in die Waschschüssel goß.
    »Bitte?«
    »Der wahre Name des Count. Jimmy Slumkin. Ich habe seinen Paß gesehen.«
    Slumkin. Er konnte also nicht der mysteriöse Mr. C sein, was unter den Umständen sicher auch gut war, aber ich hatte doch gehofft, wenigstens einen Verdächtigen zu haben. Lord Peter Wimseys und Monsieur Poirots Problem war stets, daß sie zu viele Verdächtige hatten. Ich hatte noch von keinem Kriminalroman gehört, wo der Detektiv überhaupt keine hatte.
    Ich setzte mich und schwang die Füße aus dem Bett. »Mit S oder C?«
    Baine hielt beim Sortieren der Rasiermesser inne und wandte sich mir mit irritiertem Blick zu. »Wie bitte, Sir?«
    »Slumkin. Wird es mit S oder C geschrieben?«
    »S«, sagte er. »Warum, Sir?«
    »Madame Iritosky sagte Miss Mering, daß sie jemanden heiraten würde, dessen Name mit C beginnt«, erklärte ich, wobei ich die Wahrheit etwas

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