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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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trotz der Netzsicherungen passieren konnte?«
    »Nein. Aber er hat herausbekommen, warum Napoleon die Schlacht bei Waterloo verlor.« Sie grinste wieder und setzte dann ernsthafter hinzu: »Und er war endlich imstande, eine Inkonsequenz zu erzeugen.«
    »Eine Inkonsequenz?« fragte ich. »Warum erzählen Sie mir das erst jetzt?«
    »Sie war nur simuliert. Und nicht von der richtigen Art. Sie war Teil einer Selbstkorrektur, bei einer Simulationen, wo er Wellington von einem Historiker umbringen lassen wollte. Als er einen zweiten Historiker einführte, war dieser in der Lage, das Gewehr zu entwenden, mit dem der erste Historiker Wellington erschießen sollte, und es mit durchs Netz zu bringen, womit aber eher eine Inkonsequenz verhindert als verursacht wurde. Ich soll Ihnen aber sagen, daß damit wenigstens bewiesen sei, daß es theoretisch möglich ist, etwas durchs Netz mitzubringen, selbst wenn es nichts mit unserem Fall hier zu tun hat.«
    Theoretisch möglich. Das erklärte aber immer noch nicht, wieso es überhaupt möglich war, den ersten Historiker, der Wellington umbringen wollte, durchs Netz zu bringen.
    »Sonst noch etwas?« fragte ich.
    »Nein. T. J. und Dunworthy waren überglücklich, daß wir Tossie dazu gebracht hatten, heute nach Coventry zu fahren. Daß sie deshalb um das Gebiet des ursprünglichen Vorfalls herum keinen erhöhten Schlupfverlust festgestellt haben, bedeutet ihres Erachtens, daß die Inkonsequenz nur kurzfristiger Art ist und sich umgehend selbst korrigiert, wenn es uns gelingt, Tossie rechtzeitig nach Coventry zu schaffen.«
    Sie zog wieder den Kopf ein. »Und falls dem so ist, wäre unsere Arbeit hier beendet, und wir müssen uns wieder mit Lady Schrapnell auseinandersetzen. Ich habe versprochen, Ihnen bei der Suche nach des Bischofs Vogeltränke zu helfen. Deshalb habe ich auf Sie gewartet.«
    Sie schob Cyril vom Schoß herunter, holte einen Federhalter, ein Fläschchen Tinte und ein paar Blätter aus ihrer Tasche und legte alles auf den Heuballen.
    »Wozu brauchen Sie das?« fragte ich.
    »Ich will aufschreiben, was alles mit des Bischofs Vogeltränke hätte passiert sein können. Lord Peter Wimsey und Harriet Vane machten in Das Gerippe auch eine Liste.«
    »Man kann nicht alle Möglichkeiten aufschreiben«, sagte ich. »Sie wissen doch, es handelt sich ein chaotisches System.«
    Sie beachtete mich nicht. »In den Romanen von Agatha Christie gibt es stets eine Möglichkeit, die keiner in Betracht gezogen hat, und das ist dann des Rätsels Lösung. Also gut!« Sie tauchte den Federhalter in die Tinte. »Erstens – des Bischofs Vogeltränke befand sich während des Luftangriffs in der Kathedrale und wurde dabei Opfer der Flammen. Zweitens – sie überstand das Feuer und wurde in den Trümmern gefunden.« Sie schrieb eifrig. »Drittens – sie wurde während des Angriffs gerettet.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das einzige, was sie retten konnten, waren eine Fahne, zwei Kerzenleuchter, ein hölzernes Kruzifix und die Altarbücher. Es gibt eine Liste davon.«
    »Wir schreiben alle Möglichkeiten auf«, sagte sie. »Später streichen wir diejenigen, die unwahrscheinlich sind.«
    Also die ersten drei auf jeden Fall, dachte ich.
    »Viertens«, fuhr Verity fort, »sie überstand den Angriff, tauchte aus unerfindlichen Gründen nicht auf der Liste auf und wurde danach irgendwo verstaut.«
    »Nein«, entgegnete ich. »Mrs. Bittner sah alles durch, als sie die Kathedrale verkauften, und des Bischofs Vogeltränke war nicht dabei.«
    »Lord Peter widersprach Harriet nicht ständig, als sie sich bemühte, eine Liste zu schreiben«, sagte Verity. »Fünftens – des Bischofs Vogeltränke war während des Angriffs nicht in der Kirche. Sie wurde irgendwann zwischen dem zehnten und vierzehnten November entfernt.«
    »Warum?«
    »Vorsorglich. Wie die Ostfenster.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich war in Lucy Hampton. Das einzige, was sie aus Coventry dort im Pfarrhaus lagerten, waren die Fenster.«
    »Aha. Nun gut, was ist, wenn jemand vom Kirchenvorstand das Ding vorsorglich mit zu sich nach Hause genommen hat? Vielleicht wollte er sie auch polieren oder so etwas, und sie befand sich aus diesem Grund in der Nacht des Angriffs nicht in der Kirche.«
    »Warum hat diese Person sie hinterher nicht zurückgebracht?«
    Verity nagte an ihrer Lippe. »Ich weiß es nicht. Vielleicht kam sie während des Angriffs ums Leben, durch eine Sprengbombe, und wer immer das Ding von ihr geerbt hat, wußte nicht,

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