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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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daß es der Kathedrale gehörte.«
    »Vielleicht sagte diese Person auch zu sich selbst: ›Das kann ich den Einwohnern von Coventry nicht antun. Sie haben durch den Verlust ihrer Kathedrale schon genug mitgemacht. Des Bischofs Vogeltränke kann ich ihnen nicht auch noch zumuten.‹«
    »Bleiben Sie bitte ernsthaft«, sagte Verity. »Möglicherweise brachte man sie nicht zurück, weil sie während des Angriffs zerstört wurde, durch eine Bombe vielleicht.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sogar eine Sprengbombe könnte sie nicht zerstört haben.«
    Sie warf den Federhalter hin. »Ich bin wirklich froh, daß wir heute nach Coventry fahren, damit ich dieses Ding endlich einmal sehen kann. Es kann doch unmöglich so scheußlich sein, wie Sie sagen.« Ihr Gesicht war nachdenklich. »Was, wenn des Bischofs Vogeltränke in ein Verbrechen verwickelt wurde? Als Mordwaffe vielleicht, an der Blut klebte, so daß sie sie fortschaffen mußten, damit niemand durch sie herausfinden konnte, wer der Mörder ist?«
    »Sie haben zu viele Detektivromane gelesen«, sagte ich.
    Verity tauchte die Feder wieder ins Tintenfaß. »Was, wenn sie zwar in der Kathedrale gelagert wurde, aber in etwas anderem steckte, wie in Der entwendete Brief von Poe?« Sie begann zu schreiben, hielt dann inne und schaute stirnrunzelnd auf den Federhalter. Dann zog sie einen orangefarbenen Federhalterwischer in Dahlienform aus der Tasche.
    »Was machen Sie da?« fragte ich.
    »Ich säubere den Federhalter«, erwiderte Verity. Sie schob die Feder in die Dahlie und wischte sie zwischen den Stofflagen sauber.
    »Es ist ein Federhalterwischer«, sagte ich. »Ein Federhalterwischer! Man benutzt ihn, um Federhalter abzuwischen!«
    »Natürlich.« Verity beäugte mich argwöhnisch. »An der Spitze war Tinte. Damit hätte ich das ganze Papier bekleckst.«
    »Na klar! Also wischten Sie die Feder an einem Federhalterwischer ab!«
    »Wie viele Sprünge haben Sie hinter sich, Ned?« fragte Verity.
    »Sie sind ein wunderbares Mädchen, wissen Sie das?« Ich nahm sie bei den Schultern. »Sie haben ein Rätsel gelöst, das mich seit 1940 plagte. Ich könnte Sie…«
    Vom Haus her ertönte ein Schrei, der uns das Blut in den Adern gefrieren ließ. Cyril vergrub sein Gesicht in den Pfoten.
    »Was ist jetzt los?« fragte Verity mit enttäuschter Miene.
    Ich ließ ihre Schultern los. »Die tägliche Ohnmacht?«
    Sie stand auf und säuberte ihren Rock von Strohhalmen. »Hoffentlich nichts, was uns davon abhält, nach Coventry zu fahren«, sagte sie. »Gehen Sie vor. Ich komme durch die Küche nach.«
    »Mesiel!« kreischte Mrs. Mering. »Oh, Mesiel!«
    Ich sprintete zum Haus in der Erwartung, Mrs. Mering ohnmächtig inmitten des Nippes liegen zu sehen, aber sie stand, das Geländer umklammernd, im Morgenmantel in der Mitte der Treppe, die Haare in zwei opernhafte Zöpfe geflochten, in der Hand eine leere, mit Samt ausgeschlagene Schatulle schwenkend.
    »Meine Rubine!« weinte sie dem Colonel entgegen, der offenbar gerade aus dem Frühstücksraum gekommen war. Er trug noch die Serviette in der Hand. »Man hat sie gestohlen!«
    »Ich wußte es!« Der Colonel gebrauchte vor Schock sogar das Subjekt. »Hätte niemals erlauben sollen, daß dieses sogenannte Medium mein Haus betritt!« Er schleuderte die Serviette zu Boden. »Diebe!«
    »Oh, Mesiel!« Mrs. Mering preßte die Schmuckschatulle an ihren Busen. »Du denkst doch nicht etwa, Madame Iritosky habe damit etwas zu tun?«
    Tossie erschien. »Was ist passiert, Mama?«
    »Tocelyn, schau schnell nach, ob von deinem Schmuck etwas fehlt!«
    »Mein Tagebuch!« schrie Tossie und rannte hoch, wobei sie oben beinahe mit Verity zusammenstieß, welche die Hintertreppe benutzt haben mußte.
    »Was ist los?« fragte sie. »Was ist passiert?«
    »Ausgeraubt!« erklärte der Colonel kurz und bündig. »Sagen Sie dieser Madame-wie-auch-immer und diesem sogenannten Count, daß sie sofort herunterkommen sollen!«
    »Sie sind fort«, sagte Verity.
    »Fort?« japste Mrs. Mering, und ich befürchtete schon, sie würde vor Schreck die Treppe hinunterstürzen. Deshalb rannte ich hoch und Verity herunter, und gemeinsam halfen wir Mrs. Mering die Treppe hinunter in den Salon, wo wir die Schluchzende auf das Roßhaarsofa setzten.
    Tossie erschien atemlos oben auf dem Treppenabsatz. »Mein Granatkollier ist weg!« rief sie und trippelte die Stufen herab. »Und meine Perlen und mein Amethystring!« Aber anstatt in den Salon zu kommen, verschwand sie im

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