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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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rötlichblond?
    Sie stand dort eine ganze Weile, mit dem Blick, den auch Verity gehabt hatte – ängstlich, ärgerlich, entschlossen –, ging dann rasch zu den Computern hinüber und verschwand aus meinem Blickfeld.
    Stille. Ich wartete auf ein leises Klicken der Tastatur. Hoffentlich gab sie keinen Sprung ein. Oder ließ die Vorhänge hochgehen.
    Von meinem Blickwinkel aus konnte ich nichts erkennen. Ich begab mich vorsichtig zur nächsten Öffnung im Vorhang und lugte hindurch. Die Frau stand vor den Computern und starrte sie an oder vielmehr durch sie hindurch, immer noch mit demselben entschlossenen Blick.
    Und noch etwas, was ich noch nie bei Verity gesehen hatte, selbst nicht bei Terence, als er uns von seiner Verlobung mit Tossie erzählte. Ein Blick, als wolle sie sagen: Jetzt oder nie.
    An der Tür war abermals ein Geräusch. Die Frau drehte sich um, ging hin und verließ damit wieder mein Blickfeld. Und der Mann an der Tür hatte offenbar einen Schlüssel, denn als ich wieder zu meinem ursprünglichen Standort zurückgekehrt war, stand er bereits im Türrahmen und schaute die Frau an.
    Er trug Jeans, einen zerknitterten Pullover und eine runde Brille. Sein Haar war hellbraun, länger und von jener unentschlossenen Facon, die es Historikern ermöglicht, es in nahezu jeder Mode zu frisieren, und irgendwie wirkte er vertraut, obwohl das wahrscheinlich nur von dem Ausdruck auf seinem Gesicht herrührte, den ich überall wiedererkannt hätte. Und mußte. Es war der Ausdruck, den ich selbst jedes Mal hatte, wenn ich Verity anblickte.
    In der Hand hielt er einen dicken Stapel Papier und Hefter und immer noch den Schlüssel zum Labor.
    »Hallo, Jim«, sagte sie, mit dem Rücken zu mir, und ich wünschte mir, auch ihr Gesicht sehen zu können.
    »Was machst du denn hier?« fragte er mit einer Stimme, die ich ebenso gut kannte wie meine eigene. Gütiger Himmel! Ich schaute auf Dunworthy.
    Dunworthy! Er hatte mir all die Geschichten aus den Kindertagen der Zeitreise erzählt, aber ich hatte ihn dabei immer als – na ja, eben Dunworthy vorgestellt. Nicht schlaksig oder mager. Oder jung. Oder verliebt in jemanden, der unerreichbar war.
    »Ich wollte mit dir sprechen«, sagte sie. »Und mit Shoij. Wo steckt er?«
    »Konferenz mit dem Boss«, sagte Dunworthy – nein, Jim. »Mal wieder.« Er ging zum Tisch hinüber und warf die Ladung Papiere und Ordner darauf.
    Ich wechselte das Guckloch. Hoffentlich blieben sie diesmal an derselben Stelle.
    »Es steht wohl schlecht?« fragte sie.
    »Schlecht ist gar kein Ausdruck«, erwiderte er, den Stapel durchwühlend. »Es hat sich einiges verändert, seitdem du weggegangen bist, um Bitty zu heiraten. Die Historische Fakultät hat jetzt einen neuen Leiter. Arnold P. Lassiter. Das P steht für Prudence. Er ist so prudent, so vorsichtig, daß er in drei Monaten höchstens einen Sprung erlaubt. ›Zeitreise ist ein Unterfangen, das ohne genaueste Kenntnis, wie es funktioniert, nicht unternommen werden sollte‹. Was bedeutet, Papierkram noch und noch. Er will von jedem Sprung komplette Analysen – das heißt, von denen, die er bewilligt, und die werden immer weniger. Parameterüberprüfungen, Diagramme der Schlupfverluste, Statistiken wahrscheinlicher Zusammenstöße, Sicherheitshecks…« Er hörte auf zu wühlen. »Wie kamst du herein?«
    »Die Tür war offen«, sagte sie, eine offenkundige Lüge. Ich verdrehte mir den Hals in dem Versuch, ihr Gesicht zu sehen.
    »Na, toll«, sagte Jim. »Wenn Prudence das herausfindet, kriegt er einen Tobsuchtsanfall.« Endlich hatte er den Ordner, den er gesucht hatte, gefunden und zog ihn aus dem Stapel. »Warum ist Bitty, der Bischof, nicht mit dir gekommen?« fragte er beinahe herausfordernd.
    »Er ist in London. Versucht, die Verfügung der Kirche von England anzufechten.«
    Jims Gesicht veränderte sich schlagartig. »Ich habe davon gehört, daß sie Coventry als überflüssig einstufen wollen«, sagte er. »Tut mir leid, Lizzie.«
    Coventry. Lizzie. Er unterhielt sich mit Elizabeth Bittner, der Ehefrau des letzten Bischofs von Coventry! Der zerbrechlichen, weißhaarigen Dame, die ich in Coventry interviewt hatte! Kein Wunder, daß ich gedacht hatte, ihr Haar müsse heller sein.
    »Überflüssig?« sagte sie. »Eine Kathedrale – überflüssig? Als nächsten Schritt erklären sie die Religion auch für überflüssig, dann Kunst und Wahrheit. Ganz zu schweigen von Geschichtswissenschaft.« Sie ging zu dem schwarzverklebten Fenster und aus

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