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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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mich und überlegte. »Ich erkläre Ihnen jetzt Ihren Auftrag«, hatte Dunworthy gesagt, und dann etwas über Austernspieße und Tee mit der Königin. Nein, das mußte der Ohrstöpsel gewesen sein. Und dann: »Wir schicken Sie zum siebten Juni 1888.«
    Vielleicht sollte ich besser feststellen, ob es wirklich der siebte Juni 1888 war, bevor ich mich um etwas anderes kümmerte. Wenn ich zur falschen Zeit gelandet war, brauchte ich nirgendwo hinzufahren, weder mit dem Boot noch mit dem Zug. Dann brauchte ich nur hier abzuwarten, bis Miss Warder den Sprung fixiert und bemerkt hatte, daß ich in der falschen Zeit gelandet war, und dann darauf, daß sie das Rendezvous arrangierte, um mich zurückzuholen. Zumindest steckte ich nicht in einem Feld Gemüsekürbisse.
    Und es dämmerte mir jetzt auch, nachdem ich mich etwas erholt hatte, daß Miss Warder meine Uhr sicher auf die passende Zeit eingestellt hatte. Die Uhrzeit bewies also überhaupt nichts.
    Ich stand auf und ging zum Fenster des Bahnhofsgebäudes, um zu sehen, ob sich drinnen eine Uhr befand. Es war eine dort, und sie zeigte zwanzig vor elf an. Ich zog meine Taschenuhr heraus und verglich sie: Zwanzig vor XI.
    In Bücher und Filmen taucht stets ein Zeitungsjunge auf, auf dessen Zeitungen der Zeitreisende klar und deutlich das Datum lesen kann, oder ein Kalender, auf dem alle Tage bis auf den momentanen durchgekreuzt sind. Weit und breit war weder ein Zeitungsjunge noch ein Kalender zu sehen, ebensowenig ein freundlicher Stationsvorsteher, der einen mit den Worten »Schönes Wetter für den siebten Juni, nicht wahr, Sir? Nicht so wie letztes Jahr. In ’87 gab es ja so gut wie keinen Sommer.«
    Ich kehrte zur Bank zurück, setzte mich und versuchte, mich zu konzentrieren. Marlborough End, Middlesex End, Montague End, Marple’s End.
    Eine Lokomotive pfiff (ein Geräusch, das ich sofort als solches erkannte), und ein Zug donnerte dröhnend vorbei, ohne anzuhalten. Der plötzliche Luftzug riß mir den Strohhut vom Kopf. Ich setzte ihm nach, fing ihn und wollte ihn gerade wieder aufsetzen, als ein Stück Papier, das offenbar vom gleichen Luftzug gepackt worden war, hinten gegen meine Beine klatschte.
    Ich wickelte mich aus ihm heraus und betrachtete es. Es war eine Seite aus einer Tageszeitung. Die Times. Siebter Juni 1888.
    Also war ich in der richtigen Zeit, und alles, was ich tun mußte, war herauszufinden, was ich als nächstes tun sollte.
    Ich setzte mich wieder, stützte den Kopf in die Hände und versuchte, genau zu überlegen. Carruthers war ohne seinen Stiefel wiedergekommen, und Miss Warder hatte ihr Clipboard hingeworfen, und Dunworthy hatte etwas von einem Fluß und einer Verbindung erzählt.
    »Setzen Sie sich mit Tennyson in Verbindung«, hatte er gesagt, bloß daß es nicht dieser Name gewesen war. Aber er hatte mit einem T begonnen. Oder einem H. Und auch Finch hatte etwas von einer Verbindung erzählt.
    Das erklärte, warum ich nicht wußte, was ich machen sollte. Man hatte mir bloß gesagt, ich sollte jemanden treffen, eine Kontaktperson, und diese würde mir alles weitere erzählen. Eine Woge der Erleichterung durchflutete mich. Die Kontaktperson würde alles erklären.
    Blieb nur noch die Frage, wer es war und wo sie war – oder er. »Setzen Sie in Verbindung mit…« hatte Dunworthy gesagt. Wie war der Name gewesen? Chiswick? Nein, das war der Direktor von Zeitreise. Vielmehr der ehemalige Direktor von Zeitreise. »In Verbindung mit…« Klepperman? Marineleutnant Klepperman. Nein, das war jener Seemann, der in Erfüllung seiner Pflicht ums Leben kam. Weil er nicht wußte, was er tat.
    »In Verbindung mit…« – mit wem bloß? Wie zur Antwort stieß eine weitere Lokomotive ein ohrenbetäubendes Pfeifen aus, und ein Zug fuhr funkenstiebend und ungeheure Dampfwolken ausstoßend in den Bahnhof ein. Ein Gepäckträger sprang aus dem dritten Wagen, stellte einen plüschbezogenen Stuhl vor die Zugtür und stieg wieder ein.
    Ein paar Minuten verstrichen, dann erschien er erneut, beladen mit einer Hutschachtel und einem großen schwarzen Schirm. Er reichte erst einer alten zerbrechlichen, dann einer jüngeren Dame die Hand zum Aussteigen.
    Die ältliche Dame trug einen Reifrock, eine Haube und Spitzenhandschuhe und einen Augenblick lang befürchtete ich, ich wäre doch im falschen Jahr gelandet, aber die jüngere hatte einen langen, ausgestellten Rock an, und ihr Hut war keck in die Stirn geschoben. Sie hatte ein liebliches Gesicht, und als sie dem

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