Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
Vom Netzwerk:
Kirchenvorsteher ein Schild mit »Keine Anlegestelle!« errichtet und das Boot zur Strafe weggekarrt hatte.
    »Ja. In einer Robe.«
    »Professor Peddick«, sagte ich.
    »Mit weißem Haar?« fragte Terence. »Und einem Schnurrbart wie Lammkoteletts?«
    Sie nickte, packte die Katze unter den Vorderpfoten und hielt sie vor sich wie eine Puppe. »So ein böser, böser Hund! Dir solche Angst einzujagen!«
    Die Katze schlief weiter.
    »Komm jetzt«, sagte Terence, der bereits wieder ein Stück entfernt war. »Wir hätten gleich daran denken sollen«, fuhr er fort, als der böse Hund und ich ihn eingeholt hatten, »daß es Professor Peddick war, der das Boot holte. Er kann nicht weit gekommen sein.«
    Er wies auf den Fluß, der sich langsam durch flache Felder südwestlich schlängelte. »Sieht aus wie die Ebene von Marathon.«
    Es stimmte, so weit ich das beurteilen konnte, aber entweder war Professor Peddick dies nicht zum Bewußtsein gekommen, oder er konnte schneller rudern, als ich dachte. Weder er noch das Boot waren zu sehen.
    Terence schien das nicht zu irritieren. »Wir werden ihn bald entdecken.«
    »Und wenn nicht?«
    »Fünf Meilen von hier ist eine Schleuse. Dort muß er auf jeden Fall warten.«
    »Fünf Meilen?« fragte ich ermattet.
    »Wir müssen ihn einholen. Das Schicksal will es so. Denk an Antonius und Cleopatra.«
    Noch eine Liebesgeschichte, die kein gutes Ende nahm.
    »Hätte sich Antonius von einer Nichtigkeit wie einem verlorengegangenen Boot aufhalten lassen? Obwohl es in seinem Fall wohl eher eine Barke gewesen wäre.«
    Wir kämpften uns weiter voran. Die victorianische Sonne brannte auf uns herab, Terence marschierte in mörderischem Tempo voran und verglich Tossie mit Engeln, Elfen, Luftgeistern und Cleopatra (ein wirklich schlimmes Ende!).Cyrils Gangart glich der eines Menschen, der an einem bathaanischen Todesmarsch [40] teilnahm. Ich dachte sehnsüchtig an Schlaf und versuchte auszurechnen, wie lange ich nun bereits an einem Stück wach war.
    Ich war seit zehn Uhr hier, und meine Taschenuhr sagte, nun sei es bereits fast vier, das waren also sechs Stunden. Im Laboratorium hatte ich drei Stunden bei den Vorbereitungen für den Sprung verbracht, eine Stunde davor in Dunworthys Büro. Ich war eine halbe Stunde auf dem Sportgelände in Oxford gewesen und eine weitere im Krankenhaus. Das machte bereits elf Stunden, die zwei Stunden, die ich mit der Suche nach des Bischofs Vogeltränke und die eine, die ich auf der Suche nach der Kathedrale zugebracht hatte, noch nicht gerechnet. Dazu kamen fünf Stunden, die ich auf dem Herbstbasar und bei der Alteisensammelaktion verbracht hatte. Das ergab insgesamt neunzehn.
    Wann war ich auf dem Basar gewesen, morgens oder nachmittags? Nachmittags, denn ich wollte gerade zum Abendessen in mein Zimmer gehen, als Lady Schrapnell mich erwischte und zu den Wohltätigkeitsbasaren verdonnerte.
    Nein, das war am Tag zuvor gewesen. Oder noch früher. Wie lange hatte ich die Wohltätigkeitsbasare besucht? Jahre. Ich war seit Jahren wach.
    »Wir werden aufgeben müssen«, sagte ich erschöpft und dachte daran, wie weit es bis Oxford war. Vielleicht konnten wir in der Kirche in Iffley schlafen. Nein, sie hatte ja nur bis vier Uhr geöffnet. Und bestimmt gab es da ein Schild »Schlafen in den Kirchenbänken untersagt!«, welches an das Regal mit den Gesangbücher geheftet war.
    »Schau, dort!« schrie Terence. Er zeigte auf eine weidenbedeckte Insel in der Flußmitte. »Dort ist er!«
    Es war eindeutig Professor Peddick. Er stand mit flatternder Robe über die Böschung gebeugt und spähte durch sein Monokel ins Wasser.
    »Professor Peddick!« rief Terence ihm zu, und der Professor bekam fast das Übergewicht. Er packte einen nicht sehr vertrauensvoll aussehenden Weidenast und richtete sich daran auf. Dann justierte er sein Monokel und schaute in unsere Richtung.
    »Wir sind’s«, rief Terence, die Hände wie einen Trichter vor dem Mund. »St. Trewes und Henry. Wir suchen Sie die ganze Zeit.«
    »Ah, St. Trewes«, rief Peddick zurück. »Kommen Sie herüber. Ich habe ein paar großartige Untiefen entdeckt, genau richtig, um Döbel zu fangen.«
    »Sie müssen uns holen«, schrie Terence.
    »Was gestohlen?« gab Peddick zurück. Jetzt geht’s von vorn los, dachte ich.
    »HOLEN!« wiederholte Terence. »Sie haben das Boot.«
    »Ah ja. Warten Sie.« Der Professor verschwand zwischen dichten Weidenbäumen.
    »Hoffentlich hat er nicht vergessen, das Boot zu vertäuen«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher