Die Farben der Zeit
Zorn in Kauf genommen, um die Katze zu retten. »Ich lasse nicht zu, daß Sie sie ersäufen«, hatte sie gesagt, und ich bezweifelte sehr, daß sie so etwas wie den natürlichen Lauf der Dinge als Entschuldigung akzeptieren würde.
Das letzte, was ich mir wünschte, war ihr zu begegnen, aber es ließ sich nicht umgehen. Trotz seines Schütteins war Cyril immer noch triefendnaß, ebenso Professor Peddick, und Terence sah aus, als sei er am Erfrieren.
»›Welch’ schreckliches Ende nahm die Hesperus‹«, sagte er, und seine Zähne schlugen so heftig aufeinander, daß er kaum mehr rezitieren konnte, »›in Mitternacht und Schnee!‹«
Wir mußten uns abtrocknen und die durchnäßten Kleidungsstücke vom Leib bekommen, und weit und breit gab es kein anderes Gebäude als Muchings End. Es blieb uns nichts anderes übrig. Wir mußten das ganze Haus wecken und um Hilfe bitten, selbst wenn das hieß, Tossie zu begegnen, die fragen würde, ob wir ihre geliebte »Juju« gefunden hätten. Selbst wenn das hieß, Verity zu begegnen.
»Los, komm«, sagte ich und nahm Terence am Arm. »Laß uns zum Haus hinübergehen.«
Er rührte sich nicht von der Stelle. »›Bewahre uns, Heiland, vor solch einem Tod‹«, sagte er, »›am Felsenriff von Normans Weh.‹ Jabez wird fünfzig Pfund von uns verlangen.«
»Darüber können wir uns später Gedanken machen«, sagte ich. »Auf, komm! Wir versuchen es zuerst an der Verandatür. Dort schimmert Licht durch.«
»Ich kann der Familie des Mädchens, das ich liebe, nicht so gegenübertreten«, erwiderte Terence zitternd. »Ich habe nicht einmal eine Jacke an.«
»Hier«, sagte ich, zog meine Jacke aus und gab sie ihm. »Du kannst meine haben. Es wird sie nicht stören, daß wir keine Dinnerkleidung tragen. Schließlich ist unser Boot untergegangen.«
Professor Peddick kam platschenden Schrittes wieder. »Es ist mir gelungen, etwas von unserem Gepäck zu bergen«, sagte er und gab mir die Reisetasche. »Meine Sammlung Fische leider nicht, befürchte ich. Ach, mein weißer Ugubio fluviatilis…«
»Ich kann nicht ohne Schuhe gehen«, sagte Terence. »Ich kann mich vor dem Mädchen, das ich liebe, doch nicht halbnackt zeigen.«
»Hier«, sagte ich und versuchte, meine nassen Schnürsenkel mit einer Hand zu lösen. »Nimm meine. Professor Peddick, geben Sie ihm Ihre Socken.« Während sie damit kämpften, die nassen Socken aus- und anzuziehen, rannte ich hinter den Pavillon und öffnete die Reisetasche.
Prinzessin Arjumand, die nur etwas feucht wirkte, starrte einen Moment lang überrascht aus den Tiefen der Tasche zu mir hoch, kletterte dann geschwind mein Bein hinauf und sprang in meine Arme.
Man sagte, daß Katzen es allgemein haßten, naß zu werden, aber sie schmiegte sich in meine wassertriefenden Ärmel und schloß die Augen.
»Ich habe dir nicht das Leben gerettet«, sagte ich. »Professor Peddick war es.«
Das schien ihr gleichgültig zu sein. Sie schmiegte sich enger an meine Brust und fing erstaunlicherweise zu schnurren an.
»Oh, ausgezeichnet, Prinzessin Arjumand ist hier«, sagte Terence und zog die Jacke straff. Sie schien etwas geschrumpft zu sein. »Ich hatte recht. Sie war die ganze Zeit über hier.«
»Ich glaube nicht, daß es sich für einen Professor der Universität Oxford schickt, ohne Socken herumzulaufen«, meinte Professor Peddick.
»Papperlapapp«, sagte ich. »Professor Einstein hatte auch nie welche an.«
»Einstein?« fragte er. »Ich glaube nicht, daß ich von diesem Gentleman schon mal gehört habe.«
»Kommt noch«, sagte ich und machte mich auf den Weg über den Rasen.
Terence hatte recht gehabt. Sie hatten die Vorhänge geschlossen. Als wir über den Rasen gingen, wurden sie zurückgezogen, ein Licht flackerte schwach auf, und wir konnten Stimmen hören.
»Das ist ja schrecklich aufregend«, sagte eine Männerstimme. »Was machen wir zuerst?«
»Uns die Hände reichen.« Das klang wie Veritys Stimme. »Und konzentrieren.«
»Oh, Mama, frag doch bitte nach Juju.« Das war eindeutig Tossie. »Frag sie, wo sie steckt.«
»Psscht.«
Stille trat ein, während der wir die restliche Rasenfläche überquerten.
»Ist ein Geist anwesend?« rief eine dröhnende Stimme, und ich ließ fast Prinzessin Arjumand fallen, so sehr ähnelte die Stimme der von Lady Schrapnell, aber das war ja unmöglich. Es mußte Tossies Mutter sein, Mrs. Mering.
»Oh, Geist von der Anderen Seite«, rief sie, und ich mußte mich zwingen, nicht wegzurennen, »sprich
Weitere Kostenlose Bücher