Die Farben der Zeit
Augenbraue hoch.
Tossies kleines Kinn hob sich höher. »Ja, Fisch. Prinzessin Arjumand hat Furchtbares mitgemacht.«
»Wie Sie wünschen«, sagte er. Seine Stimme triefte vor Mißfallen.
»Ja, ich wünsche es.« Tossie lief leicht rot an. »Bringen Sie es sofort!«
»Ja, Miss«, erwiderte Baine, kniete sich aber, anstatt das Zimmer zu verlassen, wieder vor den Kamin und entzündete geübt das Feuer. Er fachte es mit dem Blasebalg an und stellte diesen sorgsam auf das eiserne Kamingerät zurück, bevor er aufstand.
»Ich bezweifle, daß wir überhaupt Fisch haben«, sagte er und ging hinaus.
Tossie schaute fuchsteufelswild. »Ma ma!« sagte sie zu ihrer Mutter gerichtet, aber Mrs. Merings Lebensgeister waren noch nicht wieder zurückgekehrt. Gerade deckte Verity eine Kamelhaardecke über ihre Knie und schob ihr ein Kissen unter den Kopf.
Langsam fing ich an, in meinen nassen Kleidern zu frieren, und ging zum Feuer hinüber, das lebhaft prasselte, an dem Sekretär, einem Nähtisch und einem kleinen Tischchen mit marmorner Platte vorbei, auf dem eine Reihe Fotos in metallenen Rahmen stand. Cyril lag schon am Kamin und weichte den Vorleger ein.
Colleen, das Mädchen, kam eilig mit einer Schale Wasser herein. Verity nahm sie ihr ab, stellte sie auf den Tisch neben eine große Bronzevase mit Pfauenfedern und wrang das Tuch aus.
»Haben die Geister ihre Seele gestohlen?« fragte Colleen.
»Nein«, sagte Verity und legte das Tuch auf Mrs. Merings Stirn. »Tante Malvinia!« Mrs. Mering seufzte, ihre Augenlider flatterten.
Ein rundlicher Herr mit buschigem weißem Schnurrbart betrat das Zimmer, eine Zeitung in der Hand. Er trug ein rotes Dinnerjackett und eine seltsame rote Kappe mit einer Quaste auf dem Kopf. »Was ist hier los?« fragte er. »Überall Gerenne. Kann nicht mal in Ruhe die Times lesen.«
»Oh, Papa«, sagte Tossie. »Mama ist in Ohnmacht gefallen.«
»In Ohnmacht?« Der Mann trat zu der Ottomane. »Weshalb?«
»Wir hielten eine Seance ab«, erklärte Tossie. »Wir versuchten, Prinzessin Arjumand zu finden, und Mama rief die Geister. Gerade als sie sagte: ›Kommt, ihr Geister‹, bauschten sich die Vorhänge, ein kalter Windstoß fegte ins Zimmer und Prinzessin Arjumand war da!«
»Hah!« sagte er. »Wußte, daß dieser Spiritismus nichts taugt. Haufen Unsinn, sonst nichts.«
Colonel Mering schien sich einer Art gesprochener Kurzschrift zu befleißigen, mit all diesen Sätzen ohne Subjekt. Ich überlegte, ob diese irgendwo in seinem buschigen Schnurrbart verlorengegangen waren. »Hysterisch«, sagte er. »Macht Frauen nur verrückt.«
An diesem Punkt mischte sich der Geistliche ein. »Eine ganze Reihe namhafter Scholare und Wissenschaftler ist von der Richtigkeit der übersinnlichen Phänomene überzeugt. Sir William Crookes, der bekannte Physiker, hat eine allgemein beachtete Abhandlung über dieses Thema verfaßt, und Arthur Conan Doyle leitet eine…«
»Geschwätz!« fuhr Colonel Mering ihm ins Wort. »Seihtücher und leichtgläubige Frauen. Sollte gesetzlich verboten werden.« Er hielt inne, als er Terences ansichtig wurde. »Wer sind Sie denn? Ein verdammtes Medium?«
»Das ist Mr. St. Trewes, Papa«, warf Tossie rasch ein. »Er und seine Freunde haben Prinzessin Arjumand gefunden.« Sie hielt die Katze in die Höhe, damit ihr Vater besser sehen konnte. »Sie war verschwunden, und Mr. St. Trewes hat sie wiedergefunden.«
Colonel Mering betrachtete die Katze mit unverhohlener Abneigung. »Pah! Dachte, sie wäre ertrunken und endlich weg.«
»Papa, das meinst du doch nicht ernst!« Tossie vergrub ihre Nase in Prinzessin Arjumands Fell. »Er meint’s nicht so, Miezmiez, nein, tut er nicht. Hör nicht auf ihn, Juju.«
Der Colonel starrte erst Professor Peddick und dann mich an. »Nehme an, Sie sind ebenfalls Tischerücker?«
»Nein« sagte ich. »Wir machten eine Bootspartie, und dabei ist unser Boot gekentert und wir…«
»Ooooh«, stöhnte Mrs. Mering von der Couch her. Ihre Augenlider hoben sich flatternd. »Bist du’s, Gatte?« hauchte sie. Sie streckte die Hand nach ihm aus. »Oh, Mesiel, die Geister!«
»Humbug! Nichts als Schwachsinn. Ruiniert deine Nerven und deine Gesundheit. Ein Wunder, daß niemand verletzt wurde.« Colonel Mering nahm ihre Hand. Verity räumte das Feld, und Colonel Mering setzte sich neben seine Frau. »Schluß jetzt. Keine Seancen mehr. Nicht mehr in meinem Haus. Baine!« Er wandte sich an den Butler, der gerade mit der Schale Sahne hereinkam.
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