Die Farben des Alls
mußte einfach Vertrauen beweisen. Es konnte zwar die ganze Nacht so weitergehen – Parade und Konter, Frage und ausweichende Antwort; sie konnten die beiderseitigen Fragen in einem verbalen Klingenkreuzen abblocken. Fest stand, daß Raynor Eins keine weiteren Auskünfte geben würde. Und wenn man berücksichtigte, was auf dem Spiel stand, dann konnte ihm Bart deswegen keinen Vorwurf machen.
Er schleuderte das mentorianische Cape auf den Tisch.
»Das hier hat mir aus der Patsche geholfen – aber ich habe Lehrgeld bezahlen müssen«, sagte er. »Ich habe vorher noch nie so etwas getragen und werde es wohl auch in Zukunft nicht mehr tun. Ich suche nach Rupert Steele, weil er mein Vater ist!«
»Ihr Vater«, wiederholte Raynor Eins. »Und wie, wenn ich fragen darf, wollen Sie diese außerordentlich interessante Behauptung beweisen?«
Ganz unvermutet verlor Bart die Beherrschung.
»Ich will Ihnen mal was sagen: ich pfeife darauf, ob ich es Ihnen beweise oder nicht! Sie sitzen da, ruhig und gelassen, und geben ganz prima nichtssagende und schlaue Antworten auf alles, was ich vorbringe, und Sie erwarten, daß ich alles beweise! Beweisen Sie doch zur Abwechslung mal etwas! Wenn Sie Rupert Steele kennen, dann brauchen Sie keine Beweise für meine Identität – schauen Sie mich doch richtig an! Ich soll sein Ebenbild sein – das erklärte mir jedenfalls Briscoe. Ein Mann namens Briscoe, zumindest einer, der sich so nannte. Er hat mir diese Papiere gegeben.« Bart knallte sie heftig auf den Schreibtisch und beugte sich verärgert über Raynor Eins. »Ich habe nicht darum gebeten, ich habe sie nicht gewollt! Er hat sie mir in die Hand gedrückt. Jener Briscoe ist tot. Die Lhari haben ihn mit seinem Robo-Taxi abgeschossen.« Er fühlte, wie es in seinem Gesicht zuckte. Die Erinnerung würde ihn wohl niemals völlig loslassen.
»Er hat mich hierhergeschickt mit dem Auftrag, einen Mann namens Raynor Drei zu finden. Aber der einzige, den ich finden möchte, ist mein Vater. Jetzt wissen Sie genausoviel wie ich! Wie wär’s, wenn Sie jetzt mit ein paar Informationen herausrückten? Oder soll ich mich lieber an die Raumhafenbehörden wenden?«
Er war außer Atem geraten. Mit geballten Fäusten stand er da und starrte hinunter auf Raynor Eins. Raynor Eins stand auf und fragte rasch, schroff und leise: »Hat Sie jemand hereinkommen sehen?«
»Nur das Mädchen unten«, erwiderte Bart.
»Sie haben vielleicht eine Glückssträhne!« meinte Raynor Eins in bissigem Ton. »Wie sind Sie den Lhari entkommen? Etwa damit?« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung des Mentorianer-Capes.
Bart erklärte es ihm kurz, und Raynor Eins kommentierte kopfschüttelnd: »Sie hatten Glück; Sie hätten erblinden können. Offenbar haben Sie die Anpassungsfähigkeit der Augen als dominierendes Erbgut von mentorianischer Seite mitbekommen – Rupert Steele besaß diese Fähigkeit nicht. Ich kann Ihnen folgendes sagen«, fügte er hinzu, während er wieder Platz nahm, »nachdem Sie gewissermaßen mein Chef sind. Die IHG Acht Farben – früher ALPHA TRANSFLUGGESELLSCHAFT genannt – ist das, was man unter einer Makler-Agentur versteht. Die diversen interplanetarischen Raumfahrtlinien transportieren die Fracht innerhalb eines Sonnensystems von Planet zu Planet – im freien Wettbewerb –, und die Lhari-Schiffe sind mit dem interstellaren Transport betraut. Sie haben das vollständige Monopol in der gesamten Galaxis. Also, die Maklergesellschaften organisieren den reibungslosen geschäftlichen Ablauf zwischen diesen beiden Transportsystemen. Die Lhari verhandeln sowieso lieber mit Mentorianern. Nun, Rupert Steele hat sich vor langer Zeit in die Gesellschaft eingekauft. Er hat das Management weitgehend mir überlassen, während er auf der Wega die Geschäfte der WEGAPLANET leitete. Jedenfalls bis vor kurzem.« Raynor beugte sich hinab und drückte einen Knopf. »Violet, bitten Sie Raynor Drei hierher ins Büro«, sagte er in die Gegensprechanlage. »Möglicherweise müssen Sie auf der Multiphase eine Nachricht hinterlassen, also Vorsicht!«
Bart wartete ab, bis sich Raynor wieder zu ihm wandte.
»Sie fordern eine Menge Erklärungen«, sagte er. »Nun, die muß Ihnen jemand anders geben. Ich habe keine Ahnung, was hier gespielt wird. Ich will es auch nicht wissen. Ich wickle mit den Lhari Geschäfte ab – was nicht bedeutet, daß ich ihnen alles auf die Nase binde, was ich weiß. Aber seit einiger Zeit geht hier alles drunter und drüber, der
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