Die Farben des Alls
gesamte Frachtbetrieb verzögert sich, weil die Lhari die Ladungen inspizieren, und die Kosten haben sich verdoppelt. Je weniger ich weiß, desto weniger Gefahr besteht, daß ich den falschen Leuten etwas erzähle. Ich habe aber Drei versprochen, sofort mit ihm Kontakt aufzunehmen, falls Sie oder jemand anders mit der Frage nach der achten Farbe hier auftauchen würde. Also bitte erzählen Sie mir nichts. Ich will es nicht wissen. Es ist nicht gut fürs Geschäft, wenn ich zu viel weiß.«
Es klang sehr verärgert. Mit einer schroffen Handbewegung bot er Bart einen Platz an. »Ich habe keine Fragen an Sie, und ich erwarte keine Antworten. Das einzige, was mir am Herzen lag, war, sicherzustellen, daß Sie Drei nicht in Schwierigkeiten bringen würden, sonst nichts.«
Er klappte seinen Mund so endgültig zu, als habe er bereits zuviel verraten. Bart blieb sitzen. Nach einiger Zeit hörte er wieder das Liftgeräusch; die Tür glitt zurück, und ein weiterer Mann betrat das Büro.
Bevor er zu sprechen begann, erriet Bart, daß es sich um Raynor Drei handelte. Er glich nämlich Raynor Eins wie ein Ei dem anderen, außer daß er die Mannschaftsuniform der Mentorianer auf Lhari-Schiffen trug: das weiße Gewand der Mediziner, den metallischen Umhang und das enge Trikot, ergänzt durch silberne Sandalen mit niedrigen Absätzen. Raynor Drei sagte: »Deine Nachricht hat mich gerade noch auf dem Schiff erreicht. Eins. Ich war auf dem Weg zu meinem Landhaus. Was ist denn schon wieder los?«
»Steeles Sohn«, erklärte Raynor Eins mit ausdruckslosem Gesicht.
An dieser Stelle bemerkte Bart zum erstenmal einen Unterschied zwischen den – ja, Brüdern wohl, oder Zwillingen? Oder handelte es sich gar um Drillinge? Raynor Eins hatte nämlich während des ganzen Gesprächs seinen beherrschten, finsteren und strengen Gesichtsausdruck beibehalten; als er jetzt den Namen »Steele« aussprach, zogen sich Raynor Dreis Brauen zusammen, es verschlug ihm sichtlich den Atem, und in seinen Gesichtzügen zeigten sich Schock und Besorgnis. Er wandte sich Bart voll zu und sah ihn an.
»Ja, das ist der junge Steele«, bemerkte er mit Freundlichkeit in der Stimme. »Ist er unter seinem richtigen Namen gereist? Wie hat er das geschafft?«
»Nein. Er hat die Papiere von David Briscoe benutzt. Sein Vater hat sie offenbar durchgeschmuggelt.«
»Der Wahnsinnige«, sagte Raynor Drei und sog scharf die Luft ein, wobei er sich zu Bart umdrehte. »Geben Sie sie schnell her, Bart!«
Bart zögerte, Raynor Eins ging hinüber zum Fenster und sagte mit ausdrucksloser Stimme: »Es hat keinen Zweck, Drei. Auf diese Art kommst du nie weiter. Aber sieh zu, daß der Junge hier weg ist, bevor sie mich holen kommen. Schau mal, dort unten!«
Er deutete hinunter. Auf den Straßen unter ihnen herrschte Aufruhr. Lhari schwärmten aus, in sämtliche Himmelsrichtungen, uniformierte Beamte und Mentorianer. Bart wurde übel.
»Sie werden sicherlich auch hier suchen«, meinte Raynor Eins. »Wahrscheinlich haben sie die Meldungen ihres Nachrichtendienstes überprüft. Wenn sie im Papierkrieg genauso erfahren wären wie wir Menschen, dann wäre der junge Steele nicht so weit gekommen. Zum Glück hatten sie nur eine einzige Beschreibung, und dann noch den falschen Namen. Inzwischen ist vielleicht beides auf dem laufenden.«
Raynor Drei nickte. »Es ist wie beim Kastenspiel«, erklärte er Bart. »Sie hatten Steeles Steckbrief, aber nicht seinen Namen, so daß ihnen Briscoe mit seinen Papieren durch die Maschen schlüpfen konnte. Dann, auf der Erde, koordinierten sie die Information, sie hatten die Namen beider Steeles, aber vermutlich war ihnen Briscoe zu diesem Zeitpunkt schon entwischt.«
»Nein, er ist tot«, sagte Bart schroff, »die Lhari haben ihn ermordet.«
Im ausdrucksvollen Gesicht von Raynor Drei spiegelten sich Trauer und Bestürzung. Doch er fuhr fort: »Zu dem Zeitpunkt waren Sie bereits unterwegs mit einem weiteren Satz falscher Papiere. Möglich, daß es sie verwirrt hat, nachdem sie wußten, daß David Briscoe nicht mehr am Leben war, und die Chance bestand, daß Sie nur ein unbeteiligter Dritter waren, der ihnen ganz schön die Hölle heiß machen konnte, wenn er da mit hineingezogen wurde. Hier allerdings ist der Name Briscoes kein unbekannter. Sie sind hier nicht sicher – wir müssen das da vernichten.«
Er berührte den Stapel falscher Papiere leicht mit einem Finger.
»Zwei tapfere Männer«, meint er leise. »Der Vater Edmund Briscoe und der
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