Die Farben des Alls
herankommen könnte. Nur selten war er einmal für mehr als ein bis zwei Minuten allein. Fast wünschte er, daß sich ihm keine Gelegenheit bieten würde; dann wären so viele Probleme gelöst.
Und dann kam die Chance – wie so oft, wenn man sie nicht mehr benötigt. Der Zweite Offizier, verantwortlich für den Dienstplan auf Routineflügen innerhalb eines Planetensystems, kam auf ihn zu und sagte: »Bartol, der alte Rugel ist krank; er kann kaum auf den Beinen stehen. Meinst du, daß du die Nachtschicht allein übernehmen kannst, wenn ich ab und zu hereinschaue und dir zur Hand gehe?«
»Ich glaube schon«, erwiderte Bart und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Der Zweite Offizier verbrachte normalerweise die Hälfte seiner Dienstzeit im Kommandoraum, in dem sie sich jetzt befanden, und die andere Hälfte unten auf dem Wartungsdeck. Er wechselte im Turnus von etwa fünfundvierzig Minuten das Revier.
Bart kontrollierte die Zeitabstände zweimal mit der Uhr. Als der Zweite Offizier zum dritten Mal abwesend war, löste er die Wandverkleidung, lokalisierte die Drähte – und zögerte dann. Er wagte nicht, sie so mir nichts, dir nichts zu kappen. Es bestanddie Möglichkeit, daß es jemandem auffiel, obwohl der Strahlungsmesser nur innerhalb der Planetenzone verwendet wurde; draußen im All bediente man sich eines Analysators für kosmische Strahlen.
Er lockerte einen der Drähte und scheuerte den zweiten mit einer seiner scharfen Klauen so weit durch, bis er nur noch notdürftig zusammenhielt und bei der geringsten Erschütterung zerreißen würde, und zog noch an einem weiteren, bis er keinen vollen Kontakt mehr hatte. Er nahm an, daß erst dann mit seinem Ausfall zu rechnen war, wenn das Gerät eingeschaltet wurde. Er brachte die Verkleidung wieder an und blies etwas Staub darüber; bei der Rückkehr des Zweiten Offiziers war er wieder an seinem Platz.
Während der Antares in der Sichtluke auf sie zustürzte, machte er sich Gedanken um die Mentorianer. Sie befänden sich zum kritischen Zeitpunkt im Kaltschlaf, vermutlich in einem sicheren Bereich des Raumschiffs, andernfalls hätte Montano bestimmt Vorkehrungen für sie getroffen. Trotzdem hätte er gern einen Weg gefunden, um Meta zu warnen. Er hatte ihr den Umhang in die Kabine gebracht, wobei er ihre Abwesenheit abgewartet hatte; er war von der Überlegung ausgegangen, daß er sie und auch sich selbst in Gefahr bringen würde, falls man sie miteinander sprechen sah. Und doch sehnte er sich nach einem Gespräch mit ihr. Wenn er ihr doch alles erzählen könnte!
Aber sie war ja Mentorianerin – und für ihn tabu.
Der Tag, an dem sie in das Planetenfeld des Lharillis einflogen, war für ihn dienstfrei, doch als er kurz vor der letzten Bremsphase seinen Dienst antrat, wußte er sogleich, daß der Defekt im Strahlungsmeßgerät entdeckt worden war. Die Wandverkleidung hing herab, die freigelegten Drähte waren herausgezogen worden, und Ringg stand dem alten Rugel gegenüber und brüllte:
»Hör mir mal zu, Kahlkopf, ich kann es nicht leiden, wenn man mir Pfuscherei oder oberflächliche Arbeit vorwirft! Ich sage dir doch, daß ich diese Drähte erst vor fünf Schichten überprüft habe, und da war alles vollkommen in Ordnung. Wer hat hier überhaupt das Recht, die Verkleidung wegzunehmen?«
»Nicht doch«, meinte der alte Rugel friedfertig, »ich werfe dir doch nichts weiter vor als vielleicht ein wenig Unachtsamkeit, mein junge. Du stocherst überall mit deinen piepsenden Instrumenten und dem übrigen Zeug herum, da hast du möglicherweise ein paar Drähte losgerissen.«
»Genau das habe ich nicht!« tobte Ringg.
»Aber außer dir öffnet doch keiner die Verkleidung!«
Ringg drehte sich mit einem Ruck zu Bart um. »Hast du schon jemals solche Frechheit erlebt wie bei diesem Alten? Ich habe die Aufgabe, die Sachen zu reparieren, nicht, sie kaputtzumachen!«
Bart bedachte, daß er ja nichts von der ganzen Affäre wissen durfte. »Was ist eigentlich los?«
»Na, dieses verflixte Strahlungsmeßgerät mit seinem Ballendraht«, knurrte Rugel, »und unser Ringg ist dafür verantwortlich – «
»Einen Dreck bin ich! Ich hab alles überprüft!«
Rugel meinte beschwichtigend: »Ist auch egal. Wir können das nach der Landung reparieren. Auf diesem Planeten erwarten uns ja keine herumschwirrenden Radio-Isotope. Wir gehen auf Lharillis runter, wenn ich euch daran erinnern darf. Wenn es sich um Steuerungsgeräte handeln würde, die wir bei der Landung
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