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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Preise schnell ändern. Deshalb setzt er die Schiffe für Waren ein, die in Candar oder Recluce nicht zu bekommen sind.«
    Cerryl dachte stirnrunzelnd nach, welche Waren das wohl sein mochten, zumal die Schwarzen Magier dem Vernehmen nach anscheinend buchstäblich alles wachsen lassen konnten.
    »Was wären das denn für Waren?«, fragte er schließlich.
    »Es gibt einige Farben … ein bestimmter roter Farbton, der aus kleinen gemahlenen Insekten besteht, die nur im südlichen Dschungel von Hamor vorkommen. Oder eine Art dunkles Purpur, das die Austraner aus einer Muschelart gewinnen.« Die rötlich blonde Heilerin trank einen Schluck Wein. »Und Silber, nachdem jetzt die Silberminen in Kyphros erschöpft sind. Dann gibt es noch ein dunkles Holz, ähnlich wie Lorkenholz, das aus Hamor kommt.«
    »Ich glaube, ich verstehe«, sagte Cerryl. »Er beschafft mit seinen eigenen Schiffen preiswert Dinge, die andere Leute haben wollen.«
    »Wie schmeckt dir der Braten?«
    »Ausgezeichnet. Willst du noch etwas, bevor ich alles aufesse?«
    »Nur noch eine Scheibe«, sagte sie.
    Cerryl reichte ihr eine Scheibe und nahm die letzten beiden für sich selbst.
    »Was sollen wir jetzt machen?«, fragte er, als sein Teller leer war. Er wunderte sich etwas – nicht weil er so viel gegessen hatte, sondern weil er trotz der großen Portion kein Völlegefühl verspürte. »Was wird nun aus uns beiden?«
    »Hör auf Myral«, sagte sie. »Er sagte zu mir, wir sollten nichts überstürzen und vorsichtig sein, solange du nicht fähig bist, besser mit deiner Kraft umzugehen. Aber er meinte auch, wir sollten uns keine Sorgen machen.«
    Cerryl hob das Weinglas, aber er trank nicht, sondern starrte nachdenklich zum Schneetreiben vor dem Fenster hinaus. »Uns bleibt wohl kaum etwas anderes übrig, oder?«
    »Nein. Ich vertraue Myral. Manchmal … manchmal kann er Dinge sehen.«
    Auch Cerryl vertraute Myrals Wahrnehmung, aber es blieb immer noch die Frage offen, was er tun sollte. Anyas Argumente und Kinowins Gegenargumente gingen ihm nicht aus dem Sinn.
    »Was denkst du?«
    »Ich denke an etwas, das Kinowin als Rybas Fluch bezeichnet hat. Wenn du eine Vision hast und sie entspricht der Wahrheit, wie kannst du dann dafür sorgen, dass sie Wirklichkeit wird? Indem du das tust, was du geplant hast, oder indem du etwas ganz anderes machst?«
    »Was hat Kinowin dazu gesagt?«, wollte Leyladin wissen.
    »Er hat die Frage nicht beantwortet.«
    »Und was meinst du?«, fragte sie weiter, die Finger leicht an den Kristallstiel des Weinglases gelegt.
    »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.« Er schürzte die Lippen und atmete langsam aus. »Ich glaube … ich glaube, du … wir … wir müssen eben tun, was wir für das Beste halten, und einfach hoffen.«
    »Hältst du es für falsch, wenn wir noch warten, ehe wir Geliebte werden?«
    »Nein … es gefällt mir nicht, aber du und Myral, ihr habt vermutlich Recht.« Jedenfalls in dieser Hinsicht … »Ich kann allerdings nicht behaupten, dass es mir gefällt.«
    »Mir gefällt es auch nicht.« Leyladin beugte sich vor und nahm seine Hand. »Aber wenigstens können wir zusammen sein.«
    Cerryl nickte langsam und lächelte.

 
Die Farben
Der Gilde

 
XLIV
     
    C erryl stellte seinen Tagesbericht fertig und ging noch einmal die handgeschriebenen Zeilen durch. Die schöne Handschrift hatte er sich in der Lehrzeit bei Tellis angeeignet. Wie weit das alles jetzt zurücklag.
    Eine heiße Bö fegte durch das hohe, einen Spalt geöffnete Fenster herein und zauste sein Haar. Er blickte auf. Vor mehr als einem Jahr, beinahe war es nun schon ein Jahr und eine Jahreszeit, war er als Magier zur Stadtwache gekommen. Er war immer noch zum Frühdienst eingeteilt. In wenigen Achttagen würde ein neuer Herbst mit einer neuen Erntezeit beginnen, aber es hatte sich nicht viel verändert. Immer noch begleitete er gelegentlich die Streifen auf ihren Rundgängen. Die Gesetzesverstöße waren zeitweise zurückgegangen, aber die Zahl der Störenfriede schien sich über die Jahre nicht wesentlich zu verändern.
    Hin und wieder verschwand ein Karren oder ein Wagen mit Waren samt Fahrer mehr oder weniger spurlos. Cerryl hielt diese Vorkommnisse in persönlichen Aufzeichnungen fest, aber er unternahm nicht mehr als das, was Fydel als den üblichen Streifendienst bezeichnet hätte. Cerryl hatte natürlich einige diesbezügliche Ideen, aber ohne klare Beweise und ohne ein tieferes Verständnis der Hintergründe waren seine Ideen

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