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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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die Treppe zum oberen Stockwerk des Weißen Turms hinauf. Er war froh, dass sein Dienst am Stadttor schon nach einer und nicht nach zwei Schichten vorbei war.
    Als Wächter stand weder Gostar noch Hertyl vor den Gemächern des Erzmagiers, sondern ein graubärtiger Haudegen, den Cerryl nicht kannte. Der Wächter beäugte Cerryl misstrauisch und legte die Hand auf den Griff der kurzen Eisenklinge. »Ser?«
    »Cerryl. Ich bin auf Anweisung von Obermagier Kinowin hier.« Cerryl blieb stehen und wartete. Ihm war nur allzu deutlich bewusst, dass er ohne den breiten roten Gürtel der Stadtwache nichts weiter war als ein sehr junger, unbedeutender Magier. Außerdem war ihm aufgefallen, dass der Wächter ein Kurzschwert aus Eisen und nicht aus Neusilber trug. Auch das war neu. Warum?, fragte er sich. Fürchtet Jeslek einen Angriff von anderen Magiern? Aber ein einziger Wächter mit einer Eisenklinge würde die meisten Magier nicht aufhalten können. Cerryl runzelte nachdenklich die Stirn.
    Der Wächter klopfte an. »Ein Magier Cerryl ist hier, Ser. Er sagt, der Obermagier Kinowin habe ihn geschickt.«
    »Ich erwarte ihn, aber er soll noch einen Augenblick draußen bleiben.«
    »Ja, Ser.« Der Wächter nickte und deutete zur Bank. »Wenn Ihr Euch setzen wollt, Ser?«
    »Danke.«
    Cerryl ließ sich fallen. Seine Füße waren immer noch wund. Er fragte sich, ob die Blasen jemals abheilen würden.
    Nach einer Weile verließ Redark das Zimmer des Erzmagiers. Er warf einen kurzen Blick zu Cerryl, sagte aber kein Wort. Dann kam Anya heraus, strahlend lächelnd, aber ebenfalls ohne ein Wort zu sagen. Ein leichter Duft nach Sandelholz blieb auf dem obersten Treppenabsatz zurück.
    Der Wächter sagte kein Wort und auch Cerryl hatte nicht das Bedürfnis nach Unterhaltung. Was will Jeslek von mir? Warum soll ich sein persönlicher Assistent werden, nachdem Sterol mich gegen ihn eingesetzt hat? Tut er es, damit er mich besser überwachen kann? Das kam ihm sinnlos vor, aber Cerryl wusste ohnehin nicht mehr ein noch aus. So konnte er sich vorerst nur an Kinowins Mahnung halten, dass er zunächst einmal überleben musste.
    Eine ganze Weile verging, ehe Jeslek endlich die Tür öffnete. »Ihr könnt jetzt hereinkommen, Cerryl.«
    Ein rothaariger Magier-Anwärter – Kochar – stand am Tisch, als Cerryl den Raum betrat.
    »Kochar, Ihr könnt jetzt gehen. Wir sehen uns dann morgen wieder.« Jeslek verabschiedete den Anwärter mit einem knappen Nicken.
    »Ja, Ser.«
    Nachdem die Tür geschlossen war, wandte sich der Erzmagier an Cerryl. »Kochar beginnt morgen seinen Dienst in den Abwasserkanälen. Er vervollkommnet seine Fähigkeiten«, verkündete Jeslek, indem er zum Tisch und zum leeren Spähglas blickte. »Esaak war einverstanden, vorübergehend Myrals Aufgaben zu übernehmen.«
    Cerryl wartete.
    »Im Augenblick, Cerryl, habe ich nicht viel für Euch. Ihr könnt Euch den Rest des Nachmittags frei nehmen. Kommt bitte jeden Nachmittag im Anschluss an Eure Frühschicht hierher. Ihr sollt vor allem zuhören und beobachten. Ihr werdet kein Wort über das sprechen, was Ihr hier hört oder seht. Ihr werdet keine Kommentare und keine Ratschläge abgeben und kein Wort sprechen, solange Ihr nicht dazu aufgefordert werdet. Ihr dürft hin und wieder eine Frage stellen, aber haltet Euch zurück.« Jesleks Lächeln war hart und breit. »Habt Ihr das verstanden?«
    »Ja, Ser.«
    »Gut. Wir sehen uns dann morgen.«
    Cerryl verneigte sich rasch, drehte sich um, hielt vorsichtshalber die Schilde bereit, obwohl er wusste, dass Jeslek keine Chaos-Energie aufgebaut hatte, und huschte aus den Gemächern des Erzmagiers, um zu seinem Zimmer zu gehen.
    Er musste ausruhen – und nachdenken.

 
LVII
     
    N ach seinem Dienst eilte Cerryl in die Hallen der Magier, um allein zu essen. Alle, die er gut genug kannte, um mit ihnen gemeinsam zu speisen, hatten irgendwo Dienst und er verspürte nicht den Wunsch, mit flüchtigen Bekannten oberflächlich zu plaudern. Er schlang das Roggenbrot und den Käse und dazu ein paar frische Birnäpfel hinunter, ehe er zur hinteren Halle ging, wo er sich wusch. Dann meldete er sich im Weißen Turm, wo wieder Gostar die Gemächer des Erzmagiers bewachte.
    »Er ist nicht da, Magier Cerryl. Es ist überhaupt keiner da«, meinte Gostar.
    »Dann sollte ich wohl warten.« Cerryl setzte sich auf die Bank. Obwohl das Eichenholz glatt poliert und von Generationen wartender Magier abgewetzt worden war, fühlte sich das Material ein wenig

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