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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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überhaupt noch da?«
    Cerryl aß noch etwas Käse und Brot, bis er schließlich lachte. »Ich weiß es nicht, aber ich habe meine Vermutungen. Zuerst einmal habe ich einen Jungen, der die Gesetze gebrochen hatte, nur verletzt, aber nicht dauerhaft geschädigt. Zweitens kann die Gilde mir Vorwürfe machen und der Familie des Jungen vier Goldstücke als Entschädigung geben, was mehr ist, als sie sonst in Jahren zu sehen bekäme. Drittens werden die Schwierigkeiten im Handel und die Probleme mit Spidlar, Hydlen und Gallos immer schlimmer und Jeslek braucht jeden Magier, den er bekommen kann. Wenn ich dies hier überstanden habe, werde ich wahrscheinlich irgendwo mit einem Trupp Lanzenreiter eingesetzt. Damit komme ich dann lange genug aus Fairhaven heraus, dass Gras über die Sache wachsen kann, falls ich überhaupt lebend zurückkomme.« Cerryl zuckte mit den Achseln, trank noch einen Schluck warmes Bier. »Ich bin euch wirklich dankbar. Ich habe nicht gewusst, wie ich den Abend überstehen sollte.« Es ist schon schwer, einen Aufsatz zu schreiben, wenn man sich gut fühlt; aber müde und hungrig ist es fast unmöglich.
    »Musst du heute Abend damit fertig werden?« Lyasa deutete auf die Blätter.
    »Ich arbeite seit fünf Tagen daran. Morgen früh muss ich Kinowin den Aufsatz geben oder schicken.«
    »Dann werden wir wieder gehen, sobald du gegessen hast.«
    Faltar warf einen Blick zu den Papieren, dann sah er Cerryl an. »Ich finde es immer noch ungerecht.«
    »Ich war dem Jungen gegenüber auch ungerecht«, erwiderte Cerryl. »Und er wird die Gilde hassen, solange er lebt.«
    »Das wird beim Straßenbau keine Rolle spielen«, erklärte Faltar.
    »Man kann nie wissen«, wich Cerryl aus. Er wollte nicht weiter verbreiten, was er von Isork über gewisse »Anpassungen« erfahren hatte. Nach kurzem Schweigen fügte er hinzu: »Aber es ist schon schlimm genug, dass ich es weiß.«
    Nachdem Cerryl den halben Käse und das Brot gegessen und das Bier fast ausgetrunken hatte, standen Faltar und Lyasa auf und gingen.
    In der folgenden Stille und beim Licht der Lampe, die er eigentlich kaum brauchte, ging Cerryl noch einmal durch, was er bisher auf dem groben Papier notiert hatte. Dann wanderte sein Blick zum leeren Pergament, das vor ihm lag.
    Schließlich begann er zu schreiben, übernahm einige Worte aus seinen Notizen und fügte weitere Gedanken hinzu.
    Nach einer Weile las er die Reinschrift noch einmal durch.
     
    Jeder Magier besitzt in gewissem Maße die Kraft, das Chaos zu steuern und dieses Chaos kann das Leben anderer Menschen verändern oder sogar zerstören … Vertrauen ist notwendig, wenn die Menschen, die mit solchen Kräften begabt sind, zusammenarbeiten sollen. Das Vertrauen zwischen denen, die über diese Kräfte verfügen, kann aber nur entstehen, wenn die Anwendung der Chaos-Kräfte auf das beschränkt bleibt, was nach Ansicht aller Beteiligten nützlich ist. Was nützlich ist, wird wiederum in den Vorschriften abgehandelt …
     
    Cerryl hielt inne. Ein richtiger Aufsatz war das noch nicht. Bisher hatte er nur erklärt, dass Regeln notwendig waren. Warum war es aber gefährlich, die Regeln zu brechen? Weil Jeslek und der Rat dich vernichten werden, wenn du nicht mächtig genug bist, um sie zu vernichten.
    Er lächelte belustigt. Das konnte er natürlich nicht niederschreiben. Weil es auch andere versuchen werden, wenn du damit durchkommst? Er nahm den Federkiel in die Hand, spitzte ihn mit dem bronzenen Federmesser an und tauchte ihn ins Tintenfass.
     
    Wenn ein Magier die Regeln der Gilde bricht, muss er bestraft werden, denn wenn er nicht gemaßregelt wird, könnten andere seinem Beispiel folgen, und jeder Verstoß wird schwerwiegender sein als der vorhergehende. So muss jeder Bruch der Regeln zur Bestrafung des Schuldigen führen, wenn das Vergehen nicht ein Vorbild für noch schwerere Verstöße werden soll. Ein Magier, der gegen die Regeln verstößt, verliert den Schutz der Gilde und muss damit rechnen, für seine Übertretung zur Rechenschaft gezogen zu werden …
     
    Cerryl steckte den Federkiel in den Halter. War dies wirklich wahr? Er rieb sich die Stirn und betrachtete das Pergament. Es würde eine lange Nacht werden und der Wachdienst am Tor am nächsten Tag würde noch länger werden.

 
LV
     
    S taubig und verschwitzt nach dem langen Tag am Stadttor betrat Cerryl Kinowins Zimmer. Vor Kinowins Entscheidung hatte er mehr Angst als vor den drei Tagen Doppelschicht, die noch vor ihm

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