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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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sehr gut.«
    »Vater hat dir nicht die ganze Wahrheit gesagt. Er hortet seine Waren«, unterbrach Leyladin ihn lächelnd. Sie reichte ihm den Krug mit der Orangenglasur. »Er kauft dieses Jahr billig ein und verkauft teuer im nächsten Jahr. Er hat zwei große Lagerhäuser hier und ein weiteres in Lydiar.«
    »Du musst aber wirklich nicht alle meine Geheimnisse ausplaudern, Tochter.«
    »Lebt Ihr nur zu zweit hier?«, fragte Cerryl.
    »Jetzt schon. Mein Bruder Wertel hat ein Haus in Lydiar. Er führt dort für Vater die Geschäfte. Meine Schwestern leben mit ihren Gatten hier in Fairhaven. Ich bin die Jüngste.« Leyladin grinste. »Und die Schwierigste.«
    »Aber wie kannst du nur so etwas sagen, meine Tochter?« Layel schüttelte in gespielter Entrüstung den Kopf. »Du und schwierig? Du würdest doch nie und nimmer auf die Idee kommen, sämtliche streunenden Hunde in Fairhaven einzusammeln und herzubringen … Du hast dir doch noch nie den Kopf aufschlagen lassen, weil du ein störrisches Zugpferd heilen wolltest. Du hast noch nie …«
    »Vater …«
    »Nein … und vor allem würdest du nie auf die Idee kommen, dir einen anständigen Burschen zu suchen und mir Enkelkinder zu schenken.« Der Kommissionär drehte sich zu Cerryl um. »Sie musste ja unbedingt Heilerin werden. Sie hat versucht, alles und jeden zu heilen – Hunde, die Katze im Lagerhaus, die vom Maultier getreten wurde, die Tochter des Nachwächters …«
    Leyladins Gesicht verdüsterte sich ein wenig, aber der finstere Ausdruck verschwand so schnell wieder, dass Cerryl nicht einmal sicher war, ob er sich nicht vielleicht geirrt hatte.
    »Heiler sind noch seltener als Weiße Magier«, meinte Cerryl fröhlich. Er probierte mit der Gabel die Bohnen und Nüsse, die er nicht kannte. Sie waren in einem Topf weich gekocht und so zart, dass er kaum kauen musste.
    »Ich wünschte, es wäre wie im Handel, wo einem das, was selten ist, auch lieb und teuer ist«, murmelte Layel.
    »Vater … nun iss doch lieber …«, sagte Leyladin lächelnd.
    »Damit habt ihr mir immer in den Ohren gelegen, du und deine Mutter. Iss auf, verschmähe nicht das gute Essen …«
    »Mit vollem Mund zu reden ist nicht seine einzige schlechte Angewohnheit«, klärte Leyladin ihren Gast auf.
    »Und du sorgst dafür, dass ich es gewiss nicht vergesse«, fügte Layel hinzu. »Sie findet jeden Makel, den Ihr haben mögt, und wird versuchen, Euch davon zu heilen. Sagt mir nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.«
    »Vater …« Leyladin errötete.
    »Wie man in den Wald hineinruft …«
    Cerryl trank noch einen Schluck Wein und staunte abermals, wie gut er schmeckte. Er fühlte sich befangen und war unsicher, wie er sich verhalten sollte.
    Schließlich wandte Layel sich wieder an Cerryl. »So, jetzt habe ich meine Tochter genug in Verlegenheit gebracht. Sie weiß vielleicht schon, wie Ihr ein Magier geworden seid, aber ich weiß es nicht. Vielleicht könnt Ihr ein paar Worte darüber verlieren, wie Ihr nach Fairhaven gekommen seid?«
    »Ich fürchte, mein Leben wirkt, verglichen mit dem Euren, sehr gewöhnlich«, wandte Cerryl ein.
    »Das zu beurteilen könnt Ihr ruhig uns überlassen. Wer vermag sich schon selbst richtig einzuschätzen?«
    »Nun ja … wie Leyladin Euch vielleicht schon erzählt hat, bin ich ein Waisenkind. Meine Eltern sind gestorben, als ich noch ganz klein war, ich kann mich nicht an sie erinnern. Ich wurde von meinem Onkel und meiner Tante aufgezogen …« Cerryl berichtete von seiner Arbeit im Bergwerk, seiner Lehre beim Müller Dylert und von seiner Ausbildung zum Schreiber bei Tellis. »… und dann, eines Tages, kam ein Obermagier in den Laden und rief mich zum Erzmagier, der mich prüfte und befand, dass ich zum Magier geeignet sei. Die Ausbildung dauerte zwei Jahre, im letzten Herbst wurde ich vom Rat zum vollwertigen Magier bestellt … aber ich bin noch sehr jung. Im Augenblick bin ich dem Wachdienst an den Stadttoren Fairhavens zugeteilt.«
    »Das ist doch gar nicht so übel«, meinte Layel kopfschüttelnd. »Es macht mir nichts aus, die Zölle und Steuern für die Straßen zu entrichten, aber es macht mir eine Menge aus, wenn die Schmuggler die Straßen umsonst befahren und ihre Waren in der Stadt billiger anbieten, als ich es kann.«
    »Vater … niemand verkauft billiger als du.«
    »Die Schmuggler wären dazu im Stande, und ob. Sie kaufen die Sachen in Spidlaria ein und schleichen durch Axalt oder nehmen die alten Nebenstraßen von Tyrhavven hierher, und

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