Die Farben des Chaos
Er lachte heiser. Das wäre wirklich eine Ironie des Schicksals.
Wieder verkrampfte sich sein Bauch. Er sah sich nach einem abgeschiedenen Plätzchen um, stolperte von der Straße herunter und verschwand hinter einigen Büschen, die etwa ein Dutzend Ellen von der Böschung entfernt standen.
Als er sich wieder erholt hatte, schlurfte Cerryl auf die Straße zurück, biss die Zähne zusammen und ging weiter. Er musste eine Stelle suchen, wo er sich ausruhen konnte. Er hatte einen langen Marsch vor sich, einen viel zu langen Marsch.
Der Abend sah auf einmal viel weniger friedlich und angenehm aus und es wurde deutlich kälter. Trotz der dicken Reitjacke, die er trug, begann er vor Kälte zu zittern.
LXVI
I n der willkommenen, wenn auch zunächst noch schwachen Wärme der Morgensonne lief Cerryl am Rand der Großen Weißen Hauptstraße. Er war seit der ersten Morgendämmerung unterwegs. Die Stiefel waren verkratzt und staubig, die Füße taten ihm weh. Nicht nur die Füße, der ganze Körper schmerzte, aber nicht mehr so schlimm wie noch vor zwei Tagen, als er kaum mehr als fünf oder sechs Meilen gelaufen war, oder am vergangenen Tag, als er zehn Meilen geschafft und endlich die Große Weiße Hauptstraße erreicht hatte.
Unterwegs hatte er Wasser gefunden und aus dem Obstgarten eines Pächters ein paar Früchte stehlen können, aber er war schwächer, als es ihm lieb war, und manchmal verschwamm es ihm immer noch vor den Augen. Die Krämpfe im Bauch hatten, ebenso wie das Zittern, nicht aufgehört, waren aber am vergangenen Tag etwas abgeklungen. Leider noch nicht richtig. Er war nicht sicher, was passiert war. Selbst wenn er als Kind einmal verdorbenes Essen zu sich genommen hatte, war der Durchfall lange nicht so schlimm gewesen wie die Krämpfe, unter denen er jetzt litt. Vielleicht hast du dich zu sehr an das gute Essen gewöhnt?
Er schüttelte müde den Kopf und ging weiter. Hin und wieder sah er sich um, ob er irgendwo andere Reisende entdecken konnte.
Auf der Hauptstraße sollte er doch einem Händler mit einem Karren oder Wagen begegnen … hoffentlich …
Seit der Dämmerung war er mit Pausen, die jedes Mal etwas länger wurden, gewandert, ohne auch nur einen einzigen Wagen oder Karren zu sehen. Auch Lanzenreiter hatte er nirgends entdeckt. Er war kein sehr erfahrener Reisender und die menschenleere Gegend beunruhigte ihn.
Nach einem Wegstück, das ihm vorkam wie eine Meile, wahrscheinlich aber viel kürzer war, blieb er stehen und sah sich wieder einmal auf der Straße um. Auf dem schimmernden, rosa-weißen Stein der Hauptstraße war ein dunkler Punkt aufgetaucht. Zu groß, um ein einzelner Reiter zu sein.
In der Hoffnung, es wäre ein Wagen, dessen Fahrer er überreden konnte, ihn nach Fairhaven zu bringen, drehte Cerryl sich um und ging ein paar hundert Ellen weiter, ehe er sich das nächste Mal umdrehte. Ja, es war in der Tat ein Wagen, der von zwei Reitern begleitet wurde.
Cerryl holte tief Luft und ging noch ein paar Schritte weiter.
Schließlich drehte er sich um und blieb stehen, wartete in der Wintersonne, die seinen ausgekühlten Körper nicht wärmen konnte, wartete, vor Übelkeit schwitzend und vor Kälte schaudernd, in seinem weißen Lederzeug.
Der Wagen kam näher, wurde langsamer und hielt an … ein gutes Stück hinter Cerryl. Die Ladefläche bestand aus hellem Holz und war vor kurzem geölt worden. Der Inhalt war mit einer Segeltuchplane abgedeckt. Cerryl konnte spüren, wenngleich nicht sehen, dass auf der anderen Seite eine Plakette der Gilde befestigt war. Zwei Wächter zügelten die Pferde neben dem Kutscher, beide hatten die Klingen gezogen.
»Haben die Weißen Kleider etwas zu bedeuten?«, fragte der Kutscher mit erhobener Stimme.
Cerryl beschwor ein wenig Chaos herauf, ignorierte die zunehmenden Kopfschmerzen und die Blitze, die vor seinem Gesicht zu zucken schienen, und ließ eine Feuerkugel in Richtung Fairhaven fliegen. »Es bedeutet nur, dass ich ein fußmüder Magier bin, der nach Fairhaven zurückkehren möchte.«
»Was macht Ihr denn hier draußen, Ser Magier, wenn ein bescheidener Reisender diese Frage stellen darf?« Der Kutscher starrte Cerryl neugierig an.
»Ich war in der Wildnis unterwegs und mein Pferd ist verunglückt«, log Cerryl. »Deshalb bin ich zur Straße gelaufen, wo ich eine Fahrgelegenheit nach Fairhaven zu finden hoffte.« Er grinste. »Ich könnte Euch natürlich etwas zusätzlichen Schutz anbieten.«
»Selbstverständlich sollt Ihr auf
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