Die Farben des Chaos
Kopfschmerzen gar nicht erst erwähnt, weil er ohnehin wusste, dass Kinowin kein großes Mitgefühl zeigen würde.
Obwohl die Dämmerung schon weit vorangeschritten war, hatte sich die Wärme im Hof gehalten. Die kleinen kühlen Tropfen, die Cerryl vom Springbrunnen ins Gesicht wehten, taten gut.
»Hallo.«
Er schaute auf und sah rötlich blondes Haar,’ ein kurzärmliges grünes Hemd und ein dunkelgrünes Oberhemd – und noch eine andere Magierin. Leyladin und Lyasa standen in einer Ecke und genossen ebenfalls die kühle Luft am Springbrunnen. Cerryl drehte sich um und gesellte sich zu ihnen. Seine verschiedenen Wehwehchen waren schlagartig vergessen. »Wann bist du zurückgekommen?«
»Ich war doch gar nicht weg«, erwiderte Lyasa grinsend.
»Heute Nachmittag, nicht lange nach der Mittagszeit«, antwortete Leyladin lächelnd. »Ich bin durchs Südwesttor hereingekommen.«
»Leyladin, Cerryl«, unterbrach Lyasa, »ich muss jetzt los. Anya will mich beim Abendessen sehen.«
Cerryl zuckte zusammen.
»Nein, nein, ihre Vorlieben sind allzu bekannt«, meinte Lyasa munter, »aber mich beschäftigt trotzdem, was sie von mir will.«
»Sei vorsichtig.« Cerryl machte sich immer Sorgen, wenn Anya im Spiel war.
»Immer auf der Hut sein, das ist eine Regel, die für Frauen jederzeit gilt … und auch für Schwarze.« Lyasa nickte Leyladin zu. »Ich hoffe, wir können noch einmal reden, ehe …«
»Morgen früh?«
»Das lässt sich machen. Es ist mein freier Morgen, bevor mein Dienst am Westtor beginnt.« Lyasa verzog das Gesicht.
»Du tust Dienst am Tor?«, fragte Cerryl.
»Tun das nicht alle neuen Magier? Kinowin wartet doch nur darauf, dass Elsinot neue Dienstpläne macht.«
»Elsinot?« Schon wieder ein Magier, den Cerryl nicht persönlich kannte. Nur den Namen hatte er bisher gehört.
»Kräftig, braune Haare … er scheint ganz nett zu sein. Er übernimmt jetzt die Ablösungen, wenn die anderen ihre freien Tage haben. Du hast Glück, wahrscheinlich wirst du im Sommer die Frühschicht bekommen.«
Cerryl war nicht so sicher, ob er von Glück reden konnte, wenn er noch früher aufstehen musste als jetzt.
»Ich muss los. Ich will der geschätzten Anya lieber keinen Grund geben, auf mich wütend zu werden.« Lyasa winkte zum Abschied und entfernte sich.
»Hast du schon gegessen?« Cerryl betrachtete die lebhaften grünen Augen, die sogar im Zwielicht im Hof funkelten, und den breiten Mund, den er so einladend fand. »Wir könnten zum Goldenen Widder gehen.«
»Wie wäre es mit Furenks Lokal?«
»Äh … ja, gut.«
»Ich habe ein paar Silberstücke dabei, du musst also nicht in deine Kammer zurück, um Geld zu holen. Ich habe nämlich Hunger. Ich bin mit Lyasa ins Gespräch gekommen und auf einmal ist es dunkel.«
»Wartet dein Vater nicht auf dich?«
»Nein, er ist in Vergren, und ich habe Meridis gesagt, sie soll heute Abend nichts kochen.« Leyladin lächelte. »Ich hatte Angst, sie würde so viel machen, dass ich nach dem Essen nicht mehr laufen könnte. Das tut sie immer, wenn ich ein paar Tage nicht da war.« Sie wandte sich zum Bogengang um, der zur vorderen Halle führte, die direkt an den Platz der Magier grenzte.
Cerryl ging dicht neben ihr. »Ich habe dich vermisst.«
»Ich dich auch. Es war durchaus anregend, aber …« Die rötlich blonde Frau zuckte mit den Achseln. »Es ist schön, wieder daheim zu sein.« Sie legte die Stirn kurz in Falten, doch der Ausdruck verflog sogleich wieder.
Draußen auf der Straße war es schon völlig dunkel, als sie den Platz überquerten und in östliche Richtung gingen.
»Du scheinst aber nicht glücklich zu sein.«
»Ich bin wirklich froh, dass ich wieder daheim bin. Ich wünschte nur, Vater wäre auch hier, aber er musste weg … irgendwelche Schwierigkeiten mit den Lämmern in Montgren.«
»Ich dachte, er ist Kaufmann.«
»Das ist er auch, aber die diesjährigen Lämmer beeinflussen den Preis der Wolle in den nächsten Jahren. Außerdem hängt dies wiederum mit dem Preis für Getreide und Vieh zusammen … alles hängt irgendwie zusammen …«
Cerryl unterdrückte ein Seufzen. Drehte sich denn die ganze Welt immer nur um Geld und Handel? Je mehr er lernte, desto mehr schien es ihm, als würde diese Vermutung zutreffen. »Wie lange wird er fort sein?«
»Soaris sagt, er sei gestern aufgebrochen. Das bedeutet, dass er mindestens noch einen Achttag unterwegs sein wird.«
Furenks Lokal hatte kein Holzschild, aber neben der, Tür des zweistöckigen
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