Die Farben des Chaos
Augen.
Sie trank einen Schluck Wein. »Nicht übel.«
Cerryl tat es ihr gleich. Für seinen Geschmack war es ein ausgezeichneter Wein, abgesehen höchstens von demjenigen, den er bei Leyladin gekostet hatte. »Er schmeckt gut, aber ich habe einen langen Tag hinter mir.« Er gähnte.
»Es ist schon gut. Du bist wohl wirklich sehr müde.«
»Nein, so müde bin ich gar nicht.«
»Du gähnst schon, dabei bin ich gerade erst zurückgekommen.« Ihre Augen funkelten im Lampenschein. »Du findest mich langweilig.«
»Das ist doch …« Er schüttelte den Kopf. »Du bist unmöglich.«
»Nun, ich habe versucht, es dir schonend beizubringen. Mein Vater auch. Er ist der Ansicht, dass ich schon immer am meisten Ärger gemacht habe, wenn du dich erinnerst.«
»Ich kann mich dunkel erinnern, ja.«
Die Bedienung servierte Leyladin einen schweren, hellblauen Porzellanteller mit Goldrand und setzte einen zweiten vor Cerryl ab. Auf den Tellern lagen ganze Hühnerbrüste mit Knochen, mit einer Rahmsoße übergossen. Dazu gab es dunklen Reis, wie Cerryl ihn noch nie gesehen hatte, mit der gleichen Soße. Auf einem zweiten, kleineren Teller lagen frisch geschnittene Scheiben von frühen Pfirsichen, bedeckt mit winzigen Minzeblättern und mit einer durchsichtigen Glasur überzogen. Cerryl hoffte, dass er genug Silberstücke bei sich hatte. Er dankte der Bedienung mit einem Nicken. »Sehr schön.«
»Wir hoffen, dass Ihnen unser Essen mundet, Ser und meine Dame. Wünscht Ihr sonst noch etwas?«
Cerryl warf einen fragenden Blick zu Leyladin, die jedoch leicht den Kopf schüttelte. »Nein, danke.«
Die Frau nickte und ließ sie im stillen Raum allein. So ruhig war es hier, dass sie sogar die Gespräche im Hauptraum nur mehr als leises Gemurmel hören konnten.
Leyladin schnitt sich ein Stück Hühnerfleisch ab und probierte es, dann lächelte sie. »Es ist gut.«
Cerryl folgte ihrem Beispiel. Die scharfe Sahnesoße, die nach Orange, Trilia und Pfeffer schmeckte, war einfach köstlich. Er verstand allmählich, warum Faltar lieber auswärts essen ging, aber er fragte sich, wie sein blonder Freund sich so gute Mahlzeiten leisten konnte. »Ich fürchte, ich könnte mich glatt an diese Art von Essen gewöhnen.«
»Furenks Essen ist besser als die Kost an der Tafel des Fürsten von Hydolar. Viel besser.« Die Heilerin verzog das Gesicht. »Sogar die meisten Gerichte im Speisesaal der Magier sind besser als das Essen des Fürsten.«
»Das ist ein weiterer Grund dafür, dass du nicht nach Lydiar gehen solltest.«
»An Fürst Estalins Hof ist das Essen besser. Das hat mir jedenfalls Anya verraten.«
»Woher wusste sie überhaupt, dass du dorthin musst?«
»Sie war bei Sterol, als er mir sagte, dass ich bald aufbrechen soll.«
»Hmm …« Cerryl trank einen Schluck Wein. »Bekommst du Begleitschutz?«
»Auf dem Weg nach Hydolar und auf dem Rückweg hatte ich einen ganzen Zug Lanzenreiter dabei.«
»Ich hatte zehn von Eliasars schlechtesten Kämpfern, als ich nach Fenard musste«, beklagte sich der Weiße Magier scherzhaft. »Du bist für die Bruderschaft offenbar von größerem Wert als ich.«
»Das war noch, bevor du vom Rat zum vollwertigen Magier bestellt worden bist.«
»Meinst du, ich würde jetzt einen vollen Zug der schlechtesten Kämpfer bekommen?«
Leyladin lachte leise über Cerryls trockene Bemerkung. »Vielleicht sogar anderthalb.«
»Du machst mir wirklich Mut.«
»Ich habe dir doch gleich gesagt, dass du mit mir nur Ärger hast.«
Cerryl schwieg und sah ihr im schwachen Schein der Lampe lange und tief in die Augen.
»Cerryl? Was schaust du mich so an?«
»Weil du wunderschöne Augen hast.« Weil ich in sie hineinstürzen und nie wieder auftauchen könnte.
»Sagst du das allen Mädchen?«
Cerryl errötete. »Ich habe es noch nie einem Mädchen gesagt.«
»Entschuldige, das muss grausam geklungen haben. So habe ich es nicht gemeint.« Sie betrachtete nachdenklich das Kristallglas, über das ihre langen Finger spielten.
»Es gab nicht …«
Sie hob eine Hand. »Du musst nichts erklären. Manchmal vergesse ich es, das ist alles. Wie hat dir das Hühnchen geschmeckt? Du hast noch nichts dazu gesagt.«
Was vergisst sie manchmal? Dass ich nicht der Sohn eines Händlers oder Kaufmanns bin? Dass ich noch nicht viele Geliebte hatte? »Oh, das Hühnchen … es hat köstlich geschmeckt. Der Reis auch.« Er warf einen Blick zum leeren hellblauen Porzellanteller. »Und die Pfirsiche.« Auch der Teller mit dem
Weitere Kostenlose Bücher