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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Fuhrleute erfahren und gelernt, wie man die Plaketten anbringt, und ich weiß, welche Gebühren man für welche Wagen erheben muss.« Cerryl sah Anya arglos in die Augen, was ihm nicht besonders schwer fiel, da er die Wahrheit gesagt hatte.
    »Warum wolltet Ihr die alte Frau denn warnen?«
    »Ich wollte nicht gleich ihren Karren zerstören und ihr die Körbe wegnehmen. Das hätte wenig für die Schatzkammer bedeutet, aber bei vielen Leuten eine schlechte Stimmung erzeugt.«
    Anya nickte. »Und Ihr wollt darüber urteilen, wann man die Regeln brechen darf?«
    »Ich bin mir nicht bewusst, die Regeln gebrochen zu haben.« Cerryl konnte spüren, dass Anyas Fragen alles andere waren als reine Neugierde, »jeder kann mit einem Karren zum Wachhäuschen kommen und seine Plakette abholen. Die Wächter dürfen die Wagen ohne Plakette nicht zerstören, wenn sie nicht zum Tor kommen.«
    Anya lachte. »Ihr seid womöglich sogar noch gefährlicher als Jeslek.«
    Cerryl verneigte sich. »Ich fürchte, ich vermag nicht über die Menge an Chaos zu gebieten, die Jeslek über jeden hereinbrechen lassen kann, der sich ihm in den Weg stellt. Deshalb muss ich gründlich nachdenken, bevor ich handle.«
    Anya berührte ihn an der Schulter. »Ja, denkt nur nach, Cerryl. In der Gilde wird es immer einen Platz für Euch geben.« Sie lächelte ihn ebenso strahlend wie unaufrichtig an, berührte noch einmal vertraulich seine Schulter und huschte davon.
    Cerryl hätte sich am liebsten die Stirn abgewischt, aber er unterdrückte den Impuls. Es war nicht misszuverstehen, was Anya ihm hatte sagen wollen. Eigentlich hatte er gehofft, dass sein Leben als vollwertiger Magier etwas einfacher würde, aber mittlerweile begann er schon wieder daran zu zweifeln, nachdem er die Machtkämpfe und Intrigen in der Gilde beobachtet hatte.
    Und jetzt hatte er auch noch erfahren, dass Kinowin viel älter war als Jeslek – vielleicht sogar beinahe so alt wie Myral? Das war kaum zu glauben, aber Myrals Worte hatten wahr geklungen und Cerryl machte sich Sorgen.

 
XV
     
    A ls Cerryl am frühen Nachmittag über den Hof ging, bemerkte er sofort die rötlich blonde, grün gekleidete Frau, die hinter dem Springbrunnen im Schatten stand.
    »Leyladin!« Er eilte zu ihr. »Wann bist du zurückgekommen?«
    »Spät gestern Abend.« Ihr Lächeln wärmte ihn. »Ich habe eine Weile geschlafen, und ich wusste ja, dass du heute die Frühschicht hast. Myral sagte, du würdest irgendwann am Nachmittag hier auftauchen.«
    »Ich muss Kinowin während der ersten Tage des Sommerhalbjahrs täglich Bericht erstatten, morgen zum letzten Mal. Ich war gerade bei ihm.«
    »Dann hast du ihn schon gesehen? Jetzt eben?«
    Cerryl grinste. »Ich komme gerade aus seinem Zimmer.«
    »Kann ich dich vielleicht überreden, bei mir zu Hause zu essen?« Die grünen Augen blitzten.
    »Und ob.« Du könntest mich noch zu erheblich mehr überreden … »Ich habe heute noch nicht viel gegessen.«
    »Und ich bin am Verhungern. Lass uns gehen.« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Aber erwarte nicht, dass ich dich in dieser Hinsicht überreden werde.« Sie lächelte belustigt.
    Cerryl errötete und fragte sich, ob seine Gedanken wirklich so offensichtlich gewesen waren.
    Sie gingen am Springbrunnen mit seinem kühlen Sprühregen vorbei, gelangten durch den Vorraum der Hallen auf die Straße und wandten sich nach Norden. Als sie am Platz vorbeikamen, blickte Cerryl nach Westen, wo sich weiße Wolken am Himmel sammelten. »Wir werden heute Nachmittag vielleicht Regen bekommen.«
    »In Lydiar hat es praktisch jeden Nachmittag geregnet. Überall war Schimmel.« Leyladin schauderte. »Es ist ein schmutziger Ort.«
    »Verglichen mit Fairhaven waren bisher alle anderen Orte, die ich gesehen habe, schmutzig.«
    Eine Streife der Stadtwache tauchte auf der Ostseite des Platzes auf. Es waren drei Wächter in den Uniformen der Lanzenreiter; ihnen folgte ein Magier, den Cerryl nicht kannte. Sie begleiteten einen in Ketten gelegten Mann in eine Seitenstraße.
    »Das sieht man nicht sehr oft«, bemerkte Leyladin.
    »Die Streifen? Nein. Es ist seit meiner Ankunft in Fairhaven erst das zweite oder dritte Mal, dass ich einer begegne.«
    »Manchmal könnte man fast vergessen, dass es sie überhaupt gibt.«
    »Nun ja … sie stellen uns die Häftlinge, die am Tor die Ställe säubern und die Asche beseitigen, wenn wir einen Wagen oder Karren zerstören mussten.«
    »Wirklich? Das wusste ich gar nicht.«
    Cerryl sah sie von der

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