Die Farben des Chaos
…«
Cerryl nickte, auch wenn er sich fragte, ob nicht manchmal die Magier diese unsichtbare Grenze überschritten. Schließlich hatte er selbst überhaupt keinen Ärger gemacht. Dennoch hatte ihn die Gilde herausgepickt und hätte ihn zum Straßenbau geschickt, wenn sich nicht herausgestellt hätte, dass er als Magier eingesetzt werden konnte.
Duarrl blieb am Rande eines kleinen Platzes mit einem Springbrunnen stehen. Das Wasser sprudelte aus einer verkratzten, mehr als mannshohen Marmorvase. »Dies ist der alte Platz, das frühere Zentrum Fairhavens, bevor die ersten Weißen aus den Westhörnern flohen.« Der Wachoffizier lächelte halb entschuldigend. »Nicht, dass ich es sicher weiß, Ser, aber so erzählen es die Leute.«
»Vielleicht stimmt es«, sagte Cerryl. »Ich weiß nichts darüber, aber dies ist eine der Angelegenheiten, bei denen niemand einen Grund hätte, die Unwahrheit zu sagen.« Er sah sich auf dem beinahe verlassenen Platz um. Ein alter Mann saß auf der Sonnenseite des Springbrunnens. Er hatte sich eine mehrfach geflickte graue Decke über die Beine gelegt und die Augen geschlossen. Neben ihm lag ein hellbrauner. Hund mit spitzen Ohren. Seine Nase zuckte, während er am Pflaster schnüffelte.
Eine Frau kam die schmale Straße östlich des Springbrunnens herunter. Sie ging gebeugt unter der Last der Weidenzweige, die sie trug. Ein Karren, der von einem kleinen Esel gezogen wurde, fuhr holpernd an ihr vorbei und näherte sich dem Platz. Auf der anderen Seite spielten zwei Jungen, die Cerryl nicht einmal bis zur Brust gereicht hätten, miteinander Ball.
»Hier leben brave Leute«, meinte Duarrl. »Die meisten kommen vom Land. Sie wohnen eine Weile hier in den Häusern am Platz, dann kehren sie wieder aufs Land zurück, wenn sie nicht genug Geld verdient haben, um ins Nordviertel zu ziehen.«
Ein düsterer, fast quadratischer Steinbau stand auf der anderen Seite des Platzes. Da er vorher vom Springbrunnen verdeckt gewesen war, wurde Cerryl erst jetzt auf ihn aufmerksam. Die Steine waren dunkelgrau, und so weit Cerryl die Mauern sehen konnte, waren sie glatt geschliffen. Nur an manchen Stellen waren hellgraue Scharten und Risse zu sehen, als wären die Steine von irgendetwas getroffen worden.
»Was ist das?«
»Oh … das ist eine Absteige für die Arbeiter, die vom Land in die Stadt kommen. Messil – er ist Praytts Vetter oder so – führt den Laden.«
»Und der dunkle Stein?«
»Ja, das … es heißt, das Gebäude sei vor vielen Jahren, bevor Fairhaven so wurde, wie es heute ist, einmal ein Schwarzer Tempel gewesen. Die Leute berichteten, zuerst hätten sie die Steine überhaupt nicht bewegen können. Messil meinte, es wäre eine Schande, das Gebäude nicht zu nutzen, und man könnte doch wenigstens Besucher von auswärts dort schlafen lassen. So hat er jetzt ein ruhiges Gästehaus.«
Ein Schwarzer Tempel in Fairhaven? Man sah sie nur sehr selten. Was hatte es zu bedeuten, wenn man ausgerechnet in der Weißen Stadt einen früheren Schwarzen Tempel fand? Cerryl ließ die Sinne über das Gebäude schweifen, fand aber nur noch Spuren der Ordnung, mit denen das Gefüge einst verstärkt worden war. Es war nicht mehr als die Ordnung, die auch die Steine und das Mauerwerk auf der Großen Weißen Hauptstraße verstärkte.
»Wahrscheinlich war es wirklich ein Schwarzer Tempel«, sagte Cerryl nachdenklich.
»Kennt Ihr Euch denn in diesem Viertel aus, Ser?«, fragte Duarrl erstaunt.
»Südlich von Arkos’ Gerberei weiß ich nicht mehr Bescheid. Ich war nur einmal am Platz der Töpfer in einem Laden, ich glaube, der Inhaber hieß Lwelter.«
»Der alte Lwelter ist vor einer Jahreszeit gestorben«, berichtete Duarrl.
»Ich bin seinem Sohn begegnet, aber an den Namen erinnere ich mich nicht mehr.«
»Flait. Er hat jetzt den Laden übernommen.«
Cerryl nickte. »Er war nicht gerade erbaut, als ich vor seiner Tür auftauchte.«
»Ich bitte um Verzeihung, Ser, aber es gibt nicht viele, die einen Weißen vor ihrer Tür sehen wollen, so sehr sie auch die Stadt lieben.«
»So habe ich auch mal gedacht«, gestand Cerryl lachend. »Auch ich hielt es früher für besser, den Magiern aus dem Weg zu gehen.«
»Dann habt Ihr nicht damit gerechnet, selbst ein Magier zu werden?«
»Nein. Ich hielt es für ausgeschlossen, dass ein mittelloser Junge in die Gilde aufgenommen wird.«
Duarrl nickte und deutete auf ein Schild, das vor einem Gasthaus in die Straße ragte. Es zeigte einen riesigen Topf über
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