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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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spüren, einen Haufen Unrat oder ein Bündel. Es lag ungefähr dreißig Ellen vor ihm auf dem Fußweg neben dem Kanal. Im Gehen sammelte er Chaos um sich – nicht in sich, wie Jeslek es getan hätte, sondern um sich.
    Ein gespenstisches Scharren war im breiten Tunnel zu hören, aber es war zu leise, um von einem Menschen zu stammen. Cerryl konnte etwas auf dem Gehweg spüren. Der Verwesungsgeruch war viel stärker als von gewöhnlichem Abwasser. Das Scharren stammte wahrscheinlich von Ratten.
    »Holt eine Lampe her, hier lebt nichts mehr.«
    Churks kleine Lampe warf genug Licht, um zu offenbaren, was Cerryl befürchtet hatte.
    Er hätte sich beinahe übergeben, aber er beherrschte sich und schluckte nur. Es war die Leiche eines Mannes, erkannte er. Sie stank schlimmer als das Abwasser, das neben dem Gehweg im Kanal plätscherte. Der Tote trug Lumpen, aber alles andere – Stiefel, Gürtel, Börse – war ihm geraubt worden. Gesicht und Brust waren verbrannt, das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt.
    »Sie haben ihn gezwungen, das Schloss zu öffnen«, meinte Duarrl.
    »Es gibt Spuren von Chaos«, bestätigte Cerryl. »Nicht viel Blut. Wahrscheinlich ist er sofort gestorben, als das Chaos im Schloss explodiert ist.«
    Duarrl bückte sich, ohne den Toten zu berühren. »Er hat nichts mehr bei sich, überhaupt nichts mehr.« Er richtete sich wieder auf und wandte sich an Cerryl. »Am besten beseitigen wir ihn sofort. Man kann ohnehin nicht mehr erkennen, wer es war. Das ist einfacher, als ihn hier zu bergen und dann zu begraben.«
    Cerryl schluckte, sammelte etwas Chaos-Energie und feuerte sie ab.
    Als der Lichtblitz abgeklungen war, lag nur noch ein Haufen Asche auf dem Boden und mitten darin eine einsame Kupfermünze.
    »Sie haben ein Kupferstück übersehen«, schnaubte Duarrl. »Churk, du bist dran, wenn du es haben willst.«
    Der Wächter mit dem hellblonden Haar bückte sich eifrig.
    »Vorsicht«, warnte Cerryl ihn. »Die Münze dürfte ziemlich heiß sein.«
    »Danke, Ser.« Churk steckte sein Schwert weg, zog einen Lederhandschuh hervor und hob die Münze auf. »Heiß genug ist sie, dass kein Bauchfluss mehr daran klebt.«
    »Nein, das wohl nicht«, stimmte Duarrl zu. »Lasst uns sehen, ob wir sonst noch etwas finden. Ich glaube es zwar nicht, aber man kann nie wissen.«
    Churk ging voraus, die Lampe in einer und das Kurzschwert in der anderen Hand.
    Nach fast vierhundert Ellen, hinter einer Treppe, die zu einem ebenfalls mit Gittern versperrten Ausstieg führte, blieb Duarrl stehen. »Wir werden jetzt wohl nichts mehr finden. Lasst uns umkehren.«
    Auf dem Rückweg mussten sie ein Stück im Gänsemarsch“ laufen, weil der Weg hier schmaler war. Cerryl drehte sich im Zwielicht zu Duarrl um. »Was meint Ihr, was sie geschmuggelt haben? Sie haben einen Karren benutzt, klein nur, aber er war recht schwer.«
    »Ihr könnt erkennen, dass sie einen Karren benutzt haben?«
    »Es gibt Spuren … die Räder haben sich in den Schlamm eingedrückt; dadurch entsteht eine bestimmte Art von Chaos.«
    Irgendjemand schluckte vernehmlich.
    »Versteht ihr jetzt, warum ihr einen Magier niemals unterschätzen dürft?« Duarrl lachte und wandte sich an Cerryl. »Wenn sie einen Karren benutzt haben, muss es sich um etwas Schweres gehandelt haben. Direkt zum Verkauf bestimmte Waren wie Wolle oder so können es nicht gewesen sein, weil in ihnen der Abwassergestank haften bleibt. Ich würde meinen, dass es irgendwelche Waffen waren. Oder auch Öle oder Duftwässer. Es muss kostbar genug gewesen sein, um deshalb jemanden umzubringen. Andererseits sind viele Menschen schon für ein paar Silberstücke bereit, einen Mord zu begehen.«
    Ihre Schritte hallten hohl im Tunnel, während neben ihnen das Abwasser gurgelnd zu den Auffangbecken strömte.
    Als sie alle wieder im Freien waren, nahm Cerryl noch einmal Duarrls Schlüssel zur Hand. »Ich brauche ein paar solcher Schlüssel.«
    »Ihr sollt sie morgen bekommen, Ser.«
    »Gut.« Cerryl betrachtete die versperrte Tür, gab den Schlüssel zurück und sammelte eine große Menge Chaos-Energie um sich, die er ins schwere Schloss hineingeben wollte.
    »Dieses Mal wird es nicht nur einen Toten geben.« Er sprach leise, damit nur Duarrl seine Worte hören konnte.
    Der Wachoffizier nickte.
    Im Westen waren die Gefangenen immer noch damit beschäftigt, den Schlamm aus dem leeren Auffangbecken auf Karren zu laden.
    »Wir müssen hier öfter nachschauen«, sagte Duarrl zu Cerryl, als sie zum

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