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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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ich lahm. Sie werden es mir niemals glauben.
    »Verloren? Jesus!« Sie schneidet eine Grimasse.
    »Das wirst du mir von deinem Lohn zurückzahlen, mein Mädchen«, sagt Mrs. Blight böse. Sie tritt ganz nah an mich heran. Ihr Atem stinkt nach Fisch. »Dein Verhalten, Agnes Trussel, zerrt mir gewaltig an den Nerven.«
    Ich schlüpfe hinter Mr. Blacklock in die Werkstatt und beginne mein Tagwerk, als wäre alles gut. Meine Hände zittern bei der Arbeit, während ich auf meine Entlassung warte. Mir ist ganz schwindelig vor Schlafmangel.
    »Agnes, ich muss offen mit dir reden«, beginnt Mr. Blacklock und legt sein Werkzeug neben dem Füllgestell ab. Als ich zu ihm aufsehe, spricht er nicht weiter und nimmt stattdessen wieder den Schlägel zur Hand.
    Vielleicht hat er ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten und ist deshalb zu dem Schluss gekommen, dass ich gehen muss, um zu sparen. Vier Schillinge in der Woche plus Kost, Logis, Kerzen und Wäsche – da kommt sicher einiges zusammen, was eingespart werden könnte. Er ist durch die Straßen gewandert und hat beschlossen, dass er seine Ausgaben einschränken muss.
    Ich erinnere mich, dass Mr. Fitton einmal etwas Ähnliches getan hat: Mein Bruder Ab, der gehofft hatte, Hütejunge zu werden und einen Beruf zu erlernen, musste feststellen, dass es überhaupt keine Arbeit mehr für ihn bei den Milchviehherden gab. Der neue Viehhirte aus dem Landesinneren hatte seinen eigenen Hütejungen mitgebracht. Man sagte Ab, er solle sich anderswo Arbeit suchen.
    Das veränderte etwas in ihm. Er empfand es wie einen Schlag in die Magengrube, den er ständig spürte. Natürlich zog er sich nicht zurück und krümmte sich nicht zusammen, denn er gehört zu der Sorte Mensch, die ihre Bürde schultert, aber in seinen Augen glitzerte Wut. Als meine Mutter also sagte, er sei schon immer ein zorniger Junge gewesen, hatte sie nicht recht. Unsere Probleme formen unseren Charakter direkt und auf vielfache Weise.
    Oder geht es vielleicht um etwas ganz anderes? John Blacklocks Verhalten lässt jedenfalls darauf schließen, dass er mir etwas Unangenehmes mitzuteilen hat. Als er ein zweites Mal unterbrochen wird – diesmal von Mary, die die Werkstatt betritt –, wirkt er erleichtert.
    »Ah, Mary«, sagt er.
    »Die Kohle, Sir – wollen Sie sie morgen geliefert haben wie gewöhnlich? Es ist nur … Der Botenjunge ist hier, und er sagt, die Mengen seien falsch berechnet worden …«
    Ich höre nicht weiter zu und sitze dort wie ein Häufchen Elend.
    Oder vielleicht, Gott steh mir bei, hat er meinen Zustand erraten und kann mich unter keinen Umständen auch nur einen Augenblick länger beschäftigen. Wahrscheinlich habe ich es schon die ganze Zeit geahnt. Hat er auf meinen Bauch gesehen, wenn er in den vergangenen Wochen mit mir gesprochen hat?
    * * *
    Als Mr. Blacklock nach dem Essen in seinem Studierzimmer verschwunden ist, macht sich Mary Spurren in der Küche an mich heran und betrachtet mich misstrauisch.
    »Ich weiß, wo du gestern warst«, sagt sie.
    »Wirklich?«
    Sie grinst mich an.
    »Das weißt du nicht«, sage ich mit fester Stimme.
    »Du warst mit Mr. Blacklock zusammen«, verkündet sie.
    »Mit Mr. Blacklock?« Ich runzle die Stirn. »Warum sollte ich mit ihm gegangen sein? Ich nehme an, er war geschäftlich unterwegs.«
    »Seltsame Geschäfte, bei denen er sein Auftragsbuch auf seinem Schreibtisch liegen lässt und seinen besten Hut trägt.«
    »Du hast herumgeschnüffelt!«, rufe ich aus.
    »Nicht mehr als nötig für eine einfache Erklärung«, sagt sie empört. Sie zweifelt nicht im Geringsten daran, dass es gerechtfertigt ist. Sie sieht mich aus halb zusammengekniffenen Augen an.
    »Aber denk doch mal nach, Mary«, erkläre ich und versuche, geduldiger mit ihr zu sein. »Warum sollte ich mit ihm gegangen sein? Mr. Blacklock muss mich nicht zu Geschäftsterminen mitnehmen. Meine Anwesenheit ist dabei nicht erforderlich. Nein«, füge ich hinzu, »ich glaube, dass er es genießt, bei seinen Fahrten in der Mietdroschke allein zu sein, bequem die Füße auszustrecken, eine Pfeife zu rauchen und ungestört über seine Formeln nachzudenken. Warum sollte er mich mitnehmen wollen?«
    Sie zuckt mit den Schultern, als könnte nichts sie von ihrem seltsamen Verdacht abbringen.
    »Er ist gesehen worden«, beharrt sie.
    »Oh?«
    »In Covent Garden.« Sie blickt mich triumphierend an. »Und wenn er nicht mit dir dort war, mit wem dann, frage ich dich.«
    »Warum soll er überhaupt in

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