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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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füge beiläufig hinzu, als wäre es mir gleichgültig: »Und wo steckt Mrs. Blight?«
    Mary Spurren runzelt die Stirn, als hätte ich sie an etwas erinnert. Sie wedelt mit dem Zeigefinger. »Blacklock, Mr. Blacklock …«, ruft sie mit belegter Stimme. »Nun, dieser Mann … wird wohl nicht so bald zum Frühstück herunterkommen.«
    »Nicht?« Ich beginne hastig, den Tisch in Ordnung zu bringen.
    »Er ist …« Sie bricht ab und hickst. »Er ist gestern Abend auch nicht nach Hause gekommen.« Sie grinst mich schief an und sackt wieder auf den Stuhl.
    »Was meinst du damit?«, frage ich und lege vorsichtig eine Flasche in den Abfallsack. »Aber da draußen sind nachts Räuber und Halsabschneider – weißt du, dass ihm nichts zugestoßen ist?«
    »Oh, ich könnte mir denken, dass er unversehrt genug ist, wenn man das so nennen kann.« Ihr Kopf sinkt zurück, und in ihren trüben Augen liegt etwas Triumphierendes. »Aber er ist nicht zum Abendessen gekommen. Sagen wir mal, er hatte anscheinend ganz plötzlich eine andere Verabredung. Ist hereingestürmt – zuerst dachte ich, du wärst es mit dem Fleisch. Dann hat er den Hut gegen seinen besten Hut ausgetauscht und ist ohne ein Wort wieder rausgerannt.«
    »Und er ist nicht zurückgekommen?«, frage ich.
    »Nein. Eine schöne Art, Mrs. Blights Lotteriegewinn an ihrem Geburtstag zu feiern – kein Braten stand auf dem Tisch, und die ganzen Soßen sind in den Schüsseln kalt geworden.«
    Es gefällt ihr, dass ich ihr jetzt aufmerksam zuhöre.
    »Ziemlich eilig hat er es gehabt.« Sie zieht die Nase hoch. »War ganz schön ungeduldig, so viel ist sicher. Aber darüber weißt du vielleicht mehr als ich.«
    »Wie meinst du das?«
    Sie hickst wieder und reibt sich den Nacken. »Ich glaub, ich sollte noch heute Vormittag den Methodisten beitreten. Nein!« Sie hebt den Zeigefinger. »Erzähl mir nichts, sonst werd ich ohnmächtig wie die Zofe einer Lady.« Ich höre die Uhr aus dem Studierzimmer neunmal schlagen. Wie spät es schon ist!
    Ich widme mich allein der undankbaren Aufgabe. Noch bevor ich alles aufgeräumt habe, sind Schritte zu hören, und Mr. Blacklocks Schatten verdunkelt die Küche. Er steht in der weit geöffneten Hintertür und sperrt den Sonnenschein aus.
    Ich blicke auf. Mr. Blacklock ist unrasiert und ungekämmt und sieht aus wie jemand, der die ganze Nacht nicht geschlafen hat. Er wirft mir einen wilden Blick zu. Die Situation ist äußerst befremdlich.
    Er räuspert sich, bevor er spricht.
    »Ich habe etwas mit dir zu bereden«, sagt Mr. Blacklock nüchtern.
    »Mit mir?«, flüstere ich. Mein Herz schlägt schneller. Es ist passiert. Er hat es herausgefunden. Er hat mein Verbrechen oder mein Geheimnis entdeckt und wird mich jetzt entlassen. Doch gerade als er zu sprechen beginnt, platzt Mrs. Blight herein, als hätte sie genau diesen Augenblick abgepasst.
    »Morgen, Mr. Blacklock, Sir!«, unterbricht sie ihn. »Was für ein schöner Tag!«
    »Es tut mir leid, dass ich die Feier versäumt habe«, sagt Mr. Blacklock zerstreut. »Hoffentlich haben Sie nicht auf mich gewartet.«
    »Nein, das haben wir nicht, Sir. Einige von uns haben ganz sicher nicht gewartet.« Mrs. Blight wirft mir mit flammenden Augen einen boshaften Blick zu. Sie trägt einen brandneuen Strohhut, der mit Nelken übersät ist. »Was für eine kesse junge Dame!«, murmelt sie und lächelt mich an. Die Abneigung steht ihr ins Gesicht geschrieben und glitzert in ihren Augen.
    Sie löst ihre Hutbänder, nimmt den Hut ab und betrachtet ihn entzückt. »War es Mr. Soul, der dich eingesperrt hat, sodass du die ganze Nacht nicht heimkehren konntest?«, fügt sie hinzu.
    »Nein, nein!« Aufgeschreckt beginne ich zu erklären, was passiert ist. »Durch eine merkwürdige Fügung wurde ich …«
    »Wir haben Sie gestern Abend so sehr vermisst, Mr. Blacklock, Sir«, fällt Mrs. Blight mir mit süßer Stimme ins Wort.
    »Verzeihung«, murmelt er kurz angebunden, dreht sich um und verlässt den Raum. Ich muss mutig sein, denke ich und sage laut, bevor er die Tür schließt: »Aber Mr. Blacklock, wann wollen Sie mit mir sprechen?«
    »Ein anderes Mal, ein anderes Mal«, erwidert er und verschwindet.
    Ich spüre, dass Mary Spurren mich immer noch ansieht, aber ich weiche ihrem Blick aus. »Wo ist der Braten, Agnes Trussel?«
    Das Schweinefleisch! Ich habe es auf der Kirchenbank vergessen. Inzwischen ist es bestimmt lange fort, denke ich.
    »Ich habe das Fleisch verloren«, antworte

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