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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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einen Windhauch, den wir hier unten am Boden nicht spüren können, und gleitet, fast ohne sich zu bewegen, geschickt durch die Luft – wie ein böser Gedanke. Sie wartet auf unsere Ankunft und wendet den Kopf, um alles im Blick zu haben. Wir erreichen den Galgen und fahren langsam daran vorbei. Ich möchte eigentlich nicht hinsehen, aber mein Kopf dreht sich dennoch in die Richtung. Meine Haut kribbelt, als würden Spinnen über mich laufen. Fest umklammere ich meine Unterarme mit den Händen.
    An einer der Ketten hängen die letzten Überreste einer Männerleiche. Der Kopf ist in den Käfig gefallen, und die geteerten Knochen werden kaum noch zusammengehalten. Von seiner Hose sind nur mehr ein paar Stofffäden übrig. Die anderen Ketten sind leer, sie schaukeln in der kalten Luft und lassen gerade ein Knarzen hören. Auf dem Boden unter dem Galgen sehe ich ein paar kleine, trockene, gelbe Knochen und weiße Flecken aus Vogelkot. Die dicke Frau stößt mich leicht an und lächelt triumphierend.
    »Man sieht, dass sie es verdient haben«, verkündet sie. »Ein furchtbares Verbrechen, ohne Zweifel.« Mir fällt nichts ein, was ich darauf sagen könnte, aber eine andere Frau nickt und zeigt auf den Galgen, um ihre Tochter, die neben ihr sitzt, darauf aufmerksam zu machen. Die Tochter wendet den Kopf und nimmt begierig jede Einzelheit auf.
    »Es ist ein Mann, Mutter.« Ihre kindliche Stimme klingt zufrieden und träge. Ein Frösteln breitet sich in mir aus, obgleich ich zustimmend nicke. Ich muss wie ein ehrlicher, gesetzestreuer Mensch wirken, auch vor mir selbst. Der fünfte Reisende auf dem Rücksitz schenkt der Szene keine Beachtung und interessiert sich auch für sonst nichts. Er ist damit beschäftigt, abwechselnd zu dösen und bröseliges Gebäck aus einem braunen Paket auf seinen Knien zu essen, wobei eine Kaskade von Krümeln auf seinen Überrock rieselt.
    Als wir weit genug vom Galgen entfernt sind, lässt sich die Krähe hinter uns sinken und setzt sich wieder auf den Galgen. Sie dreht den Kopf zur Seite, um mit ihrem schwarzen Schnabel durch die Stäbe des Käfigs zu gelangen. Eine weitere Krähe fliegt herunter, und ich wende den Blick ab. Es heißt, dass Krähen Unglück bringen, und es gibt immer jede Menge davon.
    Ziegenmelker nennt meine Mutter sie. Leichenvögel.
    Und von hier an tauche ich in unbekanntes Land ein. Burnt Oak Gate markiert die Grenze dessen, was ich kenne. Wie rasch die Welt sich verändert! Überall kommen wir an neuen Zäunen und geänderten Grenzlinien vorüber. Weißdorn- und Schwarzdornhecken laufen mitten durch die mit Vernunft vorgenommenen, alten Landeinteilungen und lassen die Biegungen der Bachläufe und den Verlauf der Hügel völlig außer Acht. So sind übermäßig große Vierecke entstanden, die das Gelände in wenig sinnvoller Weise unterteilen. Wir sehen viele Leute, die mit Bündeln und Säuglingen und Möbelstücken auf dem Rücken die Straße entlangwandern. Sie haben das unsichere und verbissene Aussehen von Menschen, die entwurzelt wurden und alles hinter sich lassen, was sie kennen. Sie suchen in den kleineren Städten oder in London nach Arbeit. Eine Frau sieht auf, als wir vorbeifahren, und starrt mich vom Rand der schlammigen Straße aus an. Wir kommen so nahe an ihr vorbei, dass ich die Hand ausstrecken und ihre ausgemergelte Wange berühren könnte. Ich kann hören, dass sie dem kleinen Kind auf ihrem Rücken einen Reim zumurmelt: »Jack war flink, Jack war schnell, Jack sprang über den Kerzenleuchter.«
    »Welcher Jack ist das, Mama?«, fragt das Kind und steckt seine kleinen Finger in ihre Haare. Es entsteht eine Pause, und dann antwortet die Frau bitter, als würde sie mit sich selbst reden: »Jeder, der noch ein Quäntchen Verstand übrig hat, ist ein Jack.«
    Und sie hat recht. Ich kann die Worte sogar noch hören, als der Wagen um die Kurve gefahren und die Frau nicht mehr zu sehen ist. Wir alle sollten die Chancen ergreifen, die sich uns bieten, und etwas wagen. Die alten Sitten und Gewohnheiten sind jetzt Vergangenheit. Die zerstückelte Landschaft füllt die Taschen fetter Männer mit mehr, als sie brauchen, während Arbeiter wie mein Vater zugrunde gehen und schwach und klein gehalten werden, weil sie keine andere Wahl haben und ihnen ihre Unabhängigkeit genommen wird. Die Enclosure macht Sklaven aus ihnen. Sie ist wie ein Strick um ihren Hals, ein Strick, der von einigen Männern mit großem Vermögen festgehalten wird, und sie treibt die

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