Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)
Frau hat braune Flecken am Hals, die wie verbrannte Stellen auf einem Pfannkuchen aussehen. Als sie die Hand ausstreckt, um die Bezahlung entgegenzunehmen, weiten sich ihre Augen ein bisschen, als sie meine goldenen Münzen sieht. Ich schiebe den Rest wieder in mein Mieder und sehe mich um. Es gibt noch weitere Betten im Raum, aber anscheinend bin ich heute der einzige Übernachtungsgast. Ein muffiger Geruch nach alten Polstern und ungewaschenem Bettzeug hängt in der Luft. Es gibt kein Feuer. Die Frau zündet an ihrer Kerze eine tropfende Kerze für mich an und wendet sich zum Gehen.
»Sie sollten das Gold in Ihre Röcke einnähen, junge Frau«, bemerkt sie von der Türschwelle aus, als ihre fleckige Hand schon auf der Türklinke liegt. Ich sehe sie an.
»Sollte ich das?«, frage ich.
Sie steckt den Kopf wieder ins Zimmer und senkt ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern.
»Zwei Pence für die Benutzung von Nadel und Faden, und drei Schillinge für die große Mühe, keiner Menschenseele von den Münzen zu erzählen«, sagt sie. »Manchmal macht sich nämlich mein Mund selbstständig und plappert über anständige Sümmchen, die hier und da an warmen Plätzchen versteckt sind.« Ihre Augen glitzern, als sie sich mit einem bedeutungsvollen Blick in dem leeren Raum umsieht. »Ich kenn die Leute und weiß, wonach sie manchmal dürsten.« Mein Mut sinkt, und ich nicke bestürzt.
Später setze ich mich hin und ziehe verdrossen an der Nadel, die sie mir gebracht hat. Der Faden ist rot und auffällig, er passt nicht zu meinem schlichten, einfarbigen Stoff. Meine Hände sind unbeholfen vor Kälte. Die Frau hat auf die Münzen gebissen, die ich ihr gab, und den ganzen Flur entlang entsetzlich gekichert, um auf sich aufmerksam zu machen, bis sich irgendwo eine Tür schloss und das Geräusch gedämpft wurde.
Als die Näharbeit beendet ist, liegt die Nadel auf der Fensterbank im Kerzenlicht wie ein kleines, scharfes Messer.
Zuerst kann ich bei all dem Lärm und Geklapper irgendwo in der Nähe nicht einschlafen. Als ich schließlich doch in den Schlaf gleite, träume ich von Ratten so groß wie Hunde, die auf etwas herumkauen, was ich nicht sehen kann. Ich friere die ganze Nacht. Als ich morgens aufwache, entdecke ich, dass die Nadel fort ist. Ich schaue nach, ob sie auf den schmutzigen Teppichläufer hinuntergerollt oder zwischen die Holzdielen gefallen ist, aber ich kann keine Spur von ihr entdecken.
5
Am Morgen versuche ich, ein wenig Brot zu schlucken, um die Übelkeit zu bekämpfen. Als es acht Uhr schlägt, nehme ich mein Bündel und gehe zum Wagen hinaus. Es sind mehr Fahrgäste geworden, und ich muss mich hinten auf die Bank quetschen. Als wir die Ortschaft verlassen, zeigt uns das Morgenlicht eine hügelige Landschaft, in die golden leuchtende Wäldchen, kleine Bauernhäuser und Weiler eingebettet sind. Spinnennetze glänzen feucht zwischen den Stümpfen abgestorbener Tannen und den Dolden des Sumpf-Haarstrangs. Rauchwolken steigen aus zahlreichen Schornsteinen in die Luft, und wir sehen viele Menschen, die auf den Feldern arbeiten und Ziegen und Ochsen vor sich hertreiben. Obwohl es noch früh ist, müssen wir wegen der vielen Leiterwagen häufiger anhalten. Das Land wimmelt anscheinend von Einwohnern.
Einer der neuen Fahrgäste, eine junge Frau, sitzt sehr aufrecht auf der Bank. Sie strahlt einen gewissen Glanz aus. Über ihren Schultern liegt ein feines, hübsch gemustertes Schultertuch, und ihre seidene Mantua ist mit Blumen und Vögeln bestickt. Sie ist groß gewachsen und schmal und trägt eine Haube auf ihren dichten braunen Locken. Ihr Gesicht ist blass wie Porzellan. Hoch oben auf ihren Wangenknochen befinden sich zwei himbeerfarbene Rougeflecken. Sie sieht frisch und strahlend aus. Ich kann nicht aufhören, sie anzusehen, bis sich unsere Blicke treffen und sie mich unumwunden anlächelt. Ich blicke hastig zur Seite, und meine Wangen werden rot – auch ohne Rouge.
Ihre Hände sind lang und schmal, und sie stecken in weißen Glacéhandschuhen. Von Zeit zu Zeit klatscht sie in die Hände, als brennte sie darauf, ihr Ziel zu erreichen, oder als steckte sie voller Energie, die sich unbedingt einen Weg bahnen muss. Unter ihren Stiefeln steht ein kleiner Lederkoffer. Ich habe das Gefühl, dass ihr Blick auf mir ruht, aber dann wendet sie sich ab und hört der dicken Frau zu, die sich mit der unangenehmen Frau mit der Tochter unterhält. Ich verschränke sorgfältig die Arme über dem Bauch und
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