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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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zügig bergauf geschritten ist. »Zu gegebener Zeit wirst du lernen, Rollen mit Stoppine herzustellen und Hülsen zuzuschneiden und einzufügen. Du wirst Raketen füllen und Fontänen und Tourbillons herstellen – das sind Kreiselblitze –, bis du es im Schlaf tun könntest. So mühelos wie atmen. Aber du musst damit anfangen, die grundlegenden Materialien kennenzulernen, mit denen du arbeitest. Es bringt nichts, zu schnell vorzugehen. Wissen muss ein gezieltes Anhäufen von beobachteten Erfahrungen sein, die ausgiebig angewendet und überprüft wurden.«
    »Es ist wie ein Gewitter«, sage ich und beobachte, wie der Rauch zur Regenrinne aufsteigt und sich über dem Dach auflöst, wo die Stare die Flucht ergriffen haben. »Alles konzentriert auf einen Moment.«
    Im Hof ist es jetzt ruhig. Aber bei uns am Fuße der Downs hat ein einziger Blitzschlag noch nie ausgereicht, um in einem Gewitter die drückende Luft zu reinigen. Ich würde liebend gern eine weitere Explosion sehen, aber ich wage nicht, darum zu bitten.
    Die Hintertür der Spülküche öffnet sich einen Spalt weit.
    »Ausgesprochen unruhig, Mr. Blacklock!«, ruft Mrs. Blight ungehalten und schüttelt den Schmutz aus einem Tuch aus. Die Tür geht wieder zu, aber Mr. Blacklock lässt sich nicht anmerken, ob er etwas gehört hat.
    * * *
    Ich mag meine Werkbank. Es gefällt mir, die chemischen Substanzen mithilfe von winzigen Gewichten abzumessen, die eine Unze oder weniger wiegen. Ich habe gelernt, dass ein Quäntchen dasselbe Gewicht hat wie ein einzelnes Weizenkorn, das man im reifen Zustand aus dem mittleren Teil der Ähre nimmt.
    Ich mag das Gefühl, wenn der große Stößel die angefeuchteten Chemikalien in der tiefen, glatten Mulde des Mörsers zerkleinert. Wie damals während der Arbeit am Webstuhl zu Hause kann ich in meinem Kopf Gedanken und Fantasien entstehen lassen und mich ungestört mit ihnen beschäftigen. Ich denke daran, dass die Weizenernte in diesem Jahr nicht so gut ausgefallen ist, wenn auch nicht so schlecht wie in dem Dürrejahr. Damals erreichten die Halme nicht ihre normale Höhe, und die Ähren waren trocken und leer. Ich denke daran, dass mein Onkel sich in ein Feld stellen, ein Korn in den Mund nehmen und daran feststellen kann, ob das Getreide erntereif ist.
    »Was machst du, Onkel?«, fragte William, als er zum ersten Mal sah, wie er voller Konzentration kaute.
    »Ich zerdrücke das Korn zwischen den Zähnen«, sagte er nach einer Weile. Sein Kiefer bewegte sich auf und ab, und er blickte in den blauen Himmel in Richtung Steyning, während er sprach. »Und mit meiner Zunge finde ich das entscheidende Stückchen darin und zerkaue es vorsichtig.« Die Luft war dunstig vor Wärme und Staub.
    »Und warum, Onkel?«, wollte William wissen und zupfte mit seinen kleinen Fingern behutsam ein Korn aus der Ähre.
    »Ich prüf es«, antwortete mein Onkel, »und weiß, wann es gut ist.«
    »Aber woher weißt du das?«, fragte William und kaute ernst. »Klebrige Stückchen und harte Stückchen. Schmeckt nicht gut.«
    »Probier jeden August ab und zu ein paar Körner, dann hast du’s in zehn Jahren begriffen«, sagte mein Onkel und ging davon. Seine Hosen waren ganz hell vom Kalkstaub des trockenen Bodens. Ich erinnere mich an Williams kleinen Kopf, der über den Weizen am Rand von Mr. Fittons Feld ragte.
    »Aber ist er so weit, dieser Weizen?«, rief William ihm nach. »Ist er reif?«
    »Er ist reif«, hörten wir meinen Onkel sagen, bevor er im Schuppen verschwand.
    William betrachtete das Feld und kaute immer noch. Die Schwalben zwitscherten und jagten im Flug Fliegen über dem Feld, als wäre es ein gelber Teich. »Das nächste Jahr ist noch so weit weg«, beklagte er sich später bei mir, als wir wieder zu Hause waren und eine Suppe kochten, bevor mein Vater zurückkehrte.
    »Nicht allzu weit«, beruhigte ich ihn und rührte im Topf. »Die Zeit vergeht immer schneller, als du glaubst.« Und wie wahr das ist, denke ich. Das Leben ändert sich schnell und geht eilig voran.
    * * *
    Das Zerreiben ist anfangs eine mühselige Arbeit, und ich finde es schwierig, die richtige Beschaffenheit zu erzielen.
    »Feiner, es muss feiner sein«, sagt Mr. Blacklock streng, wenn er in den Mörser schaut, um zu sehen, was ich gemacht habe. »Ich kann nicht mit einer Mischung arbeiten, die weniger fein ist als die weichen Bestandteile von Mehl. Es muss zwischen dem und zerstoßenem Zucker sein. Es muss enger vermischt sein,

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