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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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müssen.
    * * *
    Die Tage und dann die Wochen vergehen, und ich gleite allmählich in eine Art Arbeitsrhythmus hinein. Es ist Ende November, als ich zum ersten Mal allein in der Werkstatt bin. Mr. Blacklock hat geschäftlich in der Threadneedle Street in der Nähe der Börse zu tun, und Joe Thomazin erledigt den ganzen Nachmittag Botengänge für ihn.
    Ich stehe am Mörser und zerkleinere eine Mischung aus Antimon und gekochtem Öl, das nach und nach hinzugefügt wird. Zu jeder Unze des trockenen Inhaltsstoffes muss ich vierundzwanzig Tropfen Leinöl hinzugeben. Meine Fertigkeit im Zerreiben nimmt nun täglich zu, denke ich mit einem erfreuten kleinen Seufzer. Ich halte inne und sehe mich um. Der gut bestückte Ofen glüht im hinteren Bereich des Raumes. Auf Mr. Blacklocks Werkbank steht die Dose mit dem Antimon. Der Korken steckt nur zur Hälfte darin. Auf den Dielen unter seinem Hocker, wo gestern ein bisschen Holzkohle heruntergefallen ist und aufgekehrt wurde, sind im Staub Fußabdrücke zu erkennen. Draußen auf der Straße hält ein Pferdewagen vor der Hintertür der Werkstatt an, und der Raum verdunkelt sich. Ich höre Stimmengewirr, Gelächter und Rufe.
    Dann fliegt plötzlich die Hintertür auf, und ein schlanker Mann tritt ein, ohne anzuklopfen. Ich stehe hastig auf. Kalte Luft wirbelt herein.
    »Blacklock!«, ruft er laut. Mich sieht er nicht. Er bückt sich, stellt einen Bottich auf dem Boden ab, geht hinaus zum Wagen und kehrt mit einem weiteren Bottich zurück. Meine Stiefel scharren auf den Dielenbrettern, sodass er sich umdreht und mich im Schatten entdeckt.
    »Mr. Blacklock ist nicht da«, sage ich und richte mich auf. »Er wird nicht vor drei Uhr wiederkommen.« Neugier huscht über das Gesicht des Mannes, als sein Blick auf das Werkzeug in meiner Hand fällt. Ich lege den Stößel hin und verstecke meine schmutzigen Hände zwischen meinen Röcken. »Ich bin Mr. Blacklocks Assistentin«, erkläre ich steif, falls er glaubt, ich würde etwas Unerlaubtes tun.
    »Es stimmt also!«, ruft er aus. »Man erzählt sich, dass sein neuer Mitarbeiter Röcke trägt! Ich habe es gehört und gedacht, es wäre Unsinn. Und da haben wir sie.« Er mustert mich eindringlich.
    »Ich habe die Proben, auf die er wartet.« Der Mann spricht schnell und geschwätzig. Er deutet auf die Holzbottiche, die er so vorsichtig auf dem Fußboden abgestellt hat. »Wir haben einen neuen Lieferanten, einen besseren, um die Wahrheit zu sagen. Hieraus können wir wählen. Die Mühlen liegen ein wenig weiter entfernt, aber jede Meile ist es wert. Das Mehlpulver ist genauso gut, wie ich finde, oder sogar besser, und die Körnung ist gleichmäßig und zuverlässig.«
    Ich blicke auf seine Kisten und zurück zu ihm.
    »Cornelius Soul, Madam, zu Ihren Diensten«, sagt er. Sein Benehmen hat sich plötzlich gewandelt, und seine gepflegte Gestalt verbeugt sich leicht spöttisch vor mir. »Händler für Schwarzpulver und Zubehör für das Schusswaffen- und Sprenggewerbe.« Er sagt das gerne, es klingt so befriedigend, und das mag er. In seinem Tonfall liegt etwas von der Unverfrorenheit dieser Stadt, als wäre er daran gewöhnt, sich über den Lärm der geschäftigen Straßen, Wirtshäuser und Märkte Gehör zu verschaffen. Er trägt keine Perücke. Obwohl er ein junger Mann ist, sind seine im Nacken zusammengebundenen Haare so dünn und hell wie Zink. Seine Augen sind leuchtend blau und bewegen sich schnell, und seine Nase ist klein und spitz. Sein Äußeres ist von einer strahlenden, lebhaften Blässe. Wenn er spricht, verleiht sein grauer samtener Gehrock seinen Bewegungen eine Art Silberschimmer. Nur seine Hände, sehe ich, zeigen Spuren der Schwärze seines Gewerbes.
    »Die unregelmäßigen und kleinen Lieferungen für die Künstler in diesem Bereich, in dem sich der gute Blacklock so wacker und bewundernswert behauptet, sind mir nicht fremd.« Er dreht sich um, verbeugt sich wieder und grinst. Mr. Blacklock ist zurückgekehrt und nimmt beim Betreten der Werkstatt den Hut ab.
    »Hören Sie auf zu reden wie ein hinterhältiges Wiesel, Mr. Soul«, sagt er und legt den Hut ab.
    »Ich habe mich dem neuen und bemerkenswerten Mitglied dieses Unternehmens vorgestellt«, erklärt der Mann. Sein Blick huscht zwischen uns hin und her. »Meine Rechnung«, fügt er hinzu.
    Mr. Blacklock nimmt das Blatt, das Cornelius Soul mit einer ausholenden Bewegung vor ihm auf die Werkbank gelegt hat, und studiert es mit schmalen Augen. »Dieser Goldzahn in

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