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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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nichts darauf hin, dass gerade ein Vogel geschlagen worden war. Das und die plötzliche Schärfe, die in der Luft lag und das Blut schneller fließen ließ.
    * * *
    Mr. Soul ist gekommen, als ich noch unterwegs war.
    »Hat gesagt, er sei durstig«, grummelt Mrs. Blight und stellt einen weiteren Wasserkessel für Mrs. Nott, die Waschfrau, aufs Feuer. »Guckt rein und sagt, es wär niemand in der Werkstatt, und er habe eine Lieferung. Er war ganz zappelig und schaute sich ständig um.«
    »Als würde er jemanden suchen«, sagt Mary Spurren, und die beiden wechseln einen Blick. Mary Spurren kichert leise.
    »Als er gemerkt hat, dass nur wir hier waren, hat er das Glas Bier, das er bekommen hat, ganz schnell ausgetrunken.«
    »Nur ein kleines Bier.«
    »Hoffte auf was Besseres.«
    Mary Spurren kichert diesmal lauter. »Dann sind wir ihn nicht mehr losgeworden. Hat sich herumgedrückt und mit den Löffeln gespielt. Konnte die Füße nicht stillhalten.«
    »Der hält nie still, dieser Mann«, sagt Mrs. Blight. »Ich kriege Kopfschmerzen davon, wenn er dauernd mit den Händen wedelt.«
    Ich ziehe mir den Umhang aus und hänge ihn an den Haken in der Spülküche. Cornelius Soul ist wie eine Bachstelze, er wippt immer auf und ab, hin und her. Seine Rockschöße sind grau wie Rauch oder Schwarzpulver und sie flattern, wenn er sich bewegt. Ich drehe mich um und will in die Werkstatt gehen.
    »Sah aus, als würde er … auf irgendwas warten«, sagt Mary Spurren und wirft Mrs. Blight einen weiteren Blick zu, als hätte das eine Bedeutung, die mir entgangen war. »Wie oft er in der letzten Zeit kommt«, sagt sie in die Luft zu niemand Besonderem.
    Ich bleibe an der Tür stehen. Die Küche ist voller Dampf, und es riecht nach Seife. Die Waschfrau geht hin und her und trägt volle Wasserkessel hinaus auf den Hof.
    »Hallo, Mrs. Nott«, grüße ich sie, als sie mir zunickt. Sie bleibt stehen, stellt den Kessel ab und zeigt mir ihre rissigen, geschwollenen Hände.
    »Am schlimmsten ist es im Winter«, murmelt sie und dreht und wendet verzagt die Hände. Ihre Nägel sind schuppig und brüchig wie Austernschalen, und die Haut ist bis zu den Ellbogen blass und mit einer schuppigen Kruste überzogen, als wäre sie eingeschlafen, als ihre Arme in einem Eimer voll Seifenlauge steckten. Ihre Haut ist totenbleich, abgesehen von den Stellen, wo wunde Flecken rot durchscheinen. Sie zieht eine Grimasse, als sie mit der Arbeit beginnt und die Hände ins Wasser steckt, und ein Zischen dringt zwischen ihren Zähnen hervor. Aber sie beklagt sich selten und singt wie ein Zaunkönig.
    »Muss weitermachen«, sagt sie, »bin ein bisschen spät dran. Sollte vor einer halben Stunde weg sein, sie warten schon am Ende der Straße.«
    Sie geht hinaus in den Hof, kauert über den Zubern, arbeitet die Seife in die Bettlaken und Weißwaren ein und gießt das graue Schmutzwasser in die Gosse. Es ist schwer zu glauben, dass die großartige kräftige Stimme, die aus ihrem Mund kommt, zu ihr gehört. Mrs. Nott wirkt so klein wie ein schlecht ernährtes Hühnchen, aber dennoch scheint der Hof von der Kraft ihrer Stimme zu vibrieren, wenn sie an klaren Frosttagen ihre Waschzuber draußen auf den Backsteinen zurechtstellt. Ich mag es, wenn sie kommt. Es ist, als nährten ihre Lieder meine Seele.
    »Kümmer dich um das Feuer, bevor du in die Werkstatt gehst, Agnes!«, sagt Mrs. Blight. »Überall ist Kohlenstaub.« Sie nickt in die Richtung von Mrs. Nott draußen im Hof. »Ich habe ihre Schwester Lizzie Beal kennengelernt, als ich letztes Jahr in der Nähe der St. Paul’s Cathedral war. Das ist vielleicht eine traurige Geschichte.« Sie sortiert Kleidungsstücke von einem Stapel trockener Wäsche von letzter Woche, hält einen zerknitterten Unterrock in die Höhe und betrachtet ihn genau im Licht der offenen Tür.
    »Wie ich sehe, hast du diesen Blutfleck herausbekommen, Mary«, sagt sie feixend. »Hab dir ja gesagt, dass Einweichen helfen würde. Hättest den Fleck mit normalem Kochen nie rausbekommen. Ich weiß nicht, wo du Wäschewaschen gelernt hast.« Mary Spurren macht ein finsteres Gesicht und schweigt. Wie Mrs. Blight es genießt, recht zu haben, denke ich gerade und bin nicht auf der Hut, als sie sich mitten in ihrem Geschnatter zu mir umdreht und mich scharf mustert, als wäre ihr etwas eingefallen.
    »Von dir haben wir noch keine Lappen gehabt, oder, Miss Trussel?«, sagt Mrs. Blight.
    »Lappen?«, frage ich verwirrt. O Gott! Mein Magen zieht

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