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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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machen, den Grad der Lautstärke einer Rakete bei der Zündung als Hinweis auf die Durchschlagskraft des Sprengstoffs zu betrachten«, sagt er. »Das laute Dröhnen hängt von der Größe der Oberfläche ab, die verbrennen kann. Und eine Rakete, die nicht genügend verdichtet wurde, wird bei der Zündung einfach explodieren. In der Tat stellen schlecht gemachte Feuerwerkskörper eine Gefahr dar, weil sie zum Beispiel explodieren können, wenn sie von einer Hand ohne Handschuh gehalten werden.«
    Das Füllgestell ist mit gewaschenem Flusssand gefüllt und steht sicher auf einem Eichenblock.
    »Spann dich an«, sagt Mr. Blacklock und räuspert sich. »Du musst die Beine ein Stück weit auseinanderstellen.« Er macht es mir vor.
    Ich versuche es. »Nein, weiter«, sagt er. »Du musst bequem sitzen. Man kann keine Rakete füllen, wenn man sich nicht wohlfühlt.«
    Er tritt zurück und begutachtet meine Haltung. »Sortier deine Röcke über deinen Knien.«
    Gehorsam zupfe ich an dem Wollstoff, bis meine Beine sich frei bewegen können, ohne von meinen Röcken oder dem Unterrock behindert zu werden.
    »Genau so!«, ruft er aus.
    Ich glaube nicht, dass er meine Beine oberhalb des Knöchels betrachtet, die nun nackt aus den Strümpfen ragen; aber ich weiß, dass er es könnte, wenn er wollte. Bei dem Gedanken daran werden meine Wangen heiß.
    »Sitz gerade und aufrecht«, sagt er. Ich bin sicher, dass er auf mein Gesicht schaut, aber ich erwidere seinen Blick nicht. Er wendet die Augen nicht ab. Ich kann ihn atmen hören.
    Ich versuche, mich ganz gerade hinzusetzen.
    »Sitzt du bequem?«, fragt er schließlich.
    »Ja, Sir«, antworte ich. »Es fühlt sich … natürlich an.«
    »Dann kannst du anfangen. Bald wirst du geübt darin sein, Raketen, Lanzen und Garben zu befüllen.«
    »Garben? Was ist das denn?«
    »Du kennst doch Getreidegarben, nicht wahr?«
    »Oh!«, sage ich in plötzlicher Erkenntnis. »Wie eine Weizengarbe?«
    »Ganz genau«, erwidert Mr. Blacklock. »Eine Garbe brennt wie ein Bündel Weizenähren ab, daher ihr Name …«
    »… wie eine Getreidepuppe auf dem Feld, die leuchtenden Ähren spritzen heraus wie eine goldene Fontäne«, unterbreche ich ihn eifrig und muss innerlich lächeln.
    »Kannst du es dir jetzt vorstellen?«
    »Ich kann es mir sehr gut vorstellen.«
    * * *
    Meine ersten Versuche sind ungeschickt. Er lässt mich mit dem Schwarzpulver allein, und ich mache Fehler. Beim Einfüllen schütte ich Pulver daneben. Der hohle Ladestock verstopft sich mit verdichtetem Pulver, sodass ich fest aufschlagen muss, um es wieder herauszubekommen. Viel davon ist verschwendet. Es ist unmöglich, den Schlägel mit gleichmäßigen, zufriedenstellenden Schlägen zu bedienen. Ich halte die Werkzeuge so fest umklammert, dass meine Hände ganz wund werden.
    Nachdem Mr. Blacklock mir so viel Aufmerksamkeit gewidmet hat, scheint er mich den Rest des Vormittags über kaum wahrzunehmen. Ich habe solche Angst, dass die Raketen vor mir explodieren könnten, dass ich fast nicht mehr normal atmen kann.
    »Hetz dich nicht ab«, sagt er einmal, ohne von seiner Werkbank aufzublicken. »Sobald du die Werkzeuge allmählich geschickter handhaben kannst, wird sich ein gewisser Arbeitsablauf einstellen. Dieser geht jedoch immer ruhig vor sich.«
    Und weil er alle Aufträge erledigt hat, geht er in Child’s Kaffeehaus, um geschäftliche Dinge zu besprechen. Er kommt nicht zum Mittagessen zurück.
    Das Werkzeug liegt mir nicht gut in der Hand, und mein Rücken schmerzt auf eine neue Art und Weise.
    Gegen Ende des Arbeitstages, als es zu dunkel wird, um richtig zu erkennen, was ich tue, kehrt er zurück, um zu kontrollieren, was ich zustande gebracht habe.
    »Es sah so einfach aus, als Sie es mir gezeigt haben«, sage ich. Ich bin enttäuscht, wie wenig Fortschritte ich gemacht habe. Ich erinnere mich, wie man mir zum ersten Mal erlaubt hat, auf Roker’s Farm eine Kuh zu melken – ich war damals sechs Jahre alt. Erwartungsvoll umfasste ich die Zitzen und stellte fest, dass sie sich nicht so benahmen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich musste tagelang üben, bis die Milch regelmäßig in den Eimer spritzte. Meine Finger führten eine Bewegung aus, die weder ein Ziehen noch ein Streichen war, sondern irgendwo dazwischenlag.
    Ich bin müde. Meine Handflächen brennen und sind von der Anstrengung mit Blasen überzogen.
    »Du wirst immer weiter üben, bis es richtig klappt«, meint Mr. Blacklock ohne weitere

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