Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
Vom Netzwerk:
ist!
    Ich zwinkere, weil ich durch den Schweiß einen Moment lang alles verschwommen sehe. Ich stelle den Korb ab und reibe mir die Augen. Und als ich wieder hinschaue, ist der Mann verschwunden.
    Ich betrete das Haus, und als ich an der Werkstatt vorübergehe, sehe ich zwei neue Bottiche mit Schwarzpulver auf dem Fußboden stehen. Ich habe Mr. Soul verpasst.
    Trotz der Wärme läuft es mir kalt den Rücken herunter, als mir dieser merkwürdige Mann wieder einfällt. Seine dunkle Kleidung, seine sonderbare Körperhaltung, sein ganz alltäglich wirkendes Äußeres waren irgendwie das Gegenteil von dem, wonach es aussah.
    Wahrscheinlich war es einfach ein hellhäutiger Mann, der Schutz vor der starken Sonne suchte, überlege ich. Oder er ist stehen geblieben, weil seine Tabakpfeife nicht richtig brennen wollte. Oder er hat auf eine Gelegenheit gewartet, eine Pferdekutsche heranzuwinken. Oder er hat mich auf die Schnelle mit jemandem verwechselt, bis er seinen Irrtum bemerkte.
    Dennoch hält das Frösteln an, selbst als ich mich daranmache, das Fleisch zuzubereiten. Erst als Mrs. Blight hereinwatschelt – in etwas gereizter Stimmung, die mir verrät, dass sie eine Stunde oder länger im Star Inn gesessen und getrunken hat –, kann ich meine Beklommenheit abschütteln.
    »Ich will, dass diese Eichenplatte blitzblank geschrubbt wird, hörst du!«, sagt sie und zeigt auf den Tisch, der mit Zwiebel- und Kartoffelschalen übersät ist.
    »Buche«, sage ich, ohne nachzudenken, und hätte mir am liebsten die Zunge abgebissen. Ich will sie heute eigentlich nicht noch mehr verärgern.
    »Wie bitte?« Sie dreht sich um, um sicherzugehen, dass Mary Spurren zuschaut, und stemmt die Hände in die Hüften.
    »Es ist Buche«, sage ich leise, und versuche entschuldigend zu klingen. »Die Tischplatte ist aus Buchenholz.«
    »Du kleine …«, beginnt sie, aber ich bekomme nicht zu hören, was sie über mich zu sagen hat, denn Mr. Blacklock hat unerwartet die Küche betreten.
    »Oh! Mr. Blacklock, Sir, ich dachte, Sie wären …«
    »Ich habe in Southwark eine frühere Kutsche genommen«, fällt er ihr ins Wort. »Was tut Agnes heute in der Küche? Sie hatte klare Anweisungen, eine Bestellung fertig zu machen.« Er starrt auf die kleine Uhr über dem Feuer, mit der Mrs. Blight die Kochzeiten für Fleisch überwacht. »Es ist schon spät.«
    Ich lasse die Schüssel mit den schmutzigen Gemüseabfällen auf dem Tisch stehen und gehe sofort hastig den Flur entlang. Und ich höre Mrs. Blight in dem schrillen Ton, den sie für kritische Situationen aufspart, sagen: »… macht einfach, was sie will, Sir, was soll ich bloß tun?« Seine Antwort höre ich nicht mehr.
    Inzwischen bewahrt Mrs. Blight hinten im Schrank immer eine Flasche Starkbier auf, und sie glaubt, das sei ein Geheimnis.
    Mein eigenes Geheimnis ist in diesem Monat um das Vierfache gewachsen. Allmählich spüre ich sein Gewicht in mir.

20

    Am nächsten Morgen sieht Mary Spurren nicht gut aus.
    »Ich fühle mich krank«, stöhnt sie und reibt sich den dicken Kopf.
    Mrs. Blight sitzt in krummer Haltung neben dem Herd und blättert die speckigen Seiten ihres Rezeptbuches durch. »Ein so großer Braten muss früh besorgt werden, damit er bis zum Mittag gar ist«, sagt sie laut. »Agnes, du holst heute das Fleisch.«
    »Schon wieder?«, stöhne ich entsetzt. »Aber ich muss …«
    »Du wirst es dazwischenschieben«, sagt sie mit harter Stimme. »Aber stell dich darauf ein, dass Mr. Pinnington heute ein bisschen geknickt ist.«
    »Warum das?«
    »Die Hinrichtung. Du hast doch letzte Nacht sicher die Glocke gehört, oder? Es heißt, George Nigh sei ein langjähriger Freund von ihm gewesen, dem es in letzter Zeit nicht gut gegangen wäre. Haben wie Verwandte Seite an Seite ihre Lehre gemacht und sich fast ein Jahr lang einen Stand auf dem Smithfield Market geteilt, bevor sie getrennte Wege gingen. Sieht so aus, als hätte sich Pinnington mit seinem Fleisch für den Adel eine Stammkundschaft aus der Oberschicht sichern können. George Nigh hat nicht so viel Glück gehabt – versank in Schulden und wurde zum Verbrecher.« Sie schnalzt missbilligend mit der Zunge. »So ein Raubüberfall wird doch meistens aufgeklärt. So was Gewalttätiges, mitten auf der königlichen Straße.« Sie bebt lustvoll. »Das schreit doch schließlich nach Bestrafung.«
    »Aber wenn der Mann Schulden hatte«, wende ich ein, »was hätte er denn tun sollen?«
    »Ist doch eine Schande, muss ich

Weitere Kostenlose Bücher