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Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Borodale
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stimmt, was Sie sagen, Sir? Diese Dinge klingen sehr einleuchtend, wenn Sie sie beschreiben, aber dennoch …«
    Mr. Blacklock sieht mich aufmerksam an.
    Dann geht er in sein Studierzimmer und kehrt mit einem Buch zurück. Er zeigt mir die Schaubilder von kleinen runden Kugeln wie Walnüsse, die an Schnüren die Sonne umkreisen. Voller Neugier studiere ich sie ganz genau, so, wie man die Spuren im Schlamm am Rand eines Teichs mustert, an denen man ablesen kann, dass bestimmte Vögel, Wasserratten oder die Hunde von Wilddieben dort waren. Doch irgendwie traut man den Spuren nicht ganz.
    »Ich bin lernbegierig, Mr. Blacklock, Sir, aber ich möchte nützliche Dinge lernen.«
    Wir fahren fort, Raketengarben mit normalen Sternen und Silberregen zu bestücken. Später wirft Mr. Blacklock mir einen Blick zu. »In gewisser Weise hast du recht damit, Fragen zu stellen.« Er räuspert sich. »Aber du musst die Augen schmal machen und in das helle Licht des Wissens der Welt blinzeln, wenn du das, was ich dich lehren kann, allmählich verstehen willst. Willst du von mir lernen?«, fragt er leise. Sein dunkles Gesicht ist sehr ernst.    
    Ich sehe ihn flüchtig an. »Ja, Sir, das will ich.«
    »Dann musst du manchmal Dinge als Tatsachen gelten lassen, die du selbst nicht vollständig nachprüfen kannst.« Er klopft sich leicht an den Kopf. »Mach einen Satz nach vorne. Verlass dich auf manche Quellen.«
    »Ich möchte lernen, Sir«, sage ich.
    Und es ist wahr. Seit einiger Zeit lodert das Verlangen nach Wissen wie ein kleines Feuer in mir.
    * * *
    Kurz nachdem die Kirchenglocke an diesem Nachmittag zwei Uhr geschlagen hat, hält endlich Cornelius Souls lackierter Wagen vor der Tür.
    »Stangenschwefel unterscheidet sich von Schwefelblüte«, sagt Mr. Blacklock gerade zu mir. »Man kann daraus Sterne herstellen, weil er keine Schwefelsäure mehr enthält, die nach der Sublimation vorhanden ist, aber es ist recht mühsam, ihn zu zerstoßen und zu sieben.« Unwillkürlich sehe ich erwartungsvoll auf, und dann öffnet Cornelius Soul die Tür und kommt fröhlich hereinstolziert. »Fällt Ihnen eine besondere Eigenschaft von Schwefel ein, die nicht ignoriert werden sollte, Mr. Soul?«, knurrt Mr. Blacklock.
    »Er ist das Gelbste, was ich mir vorstellen kann«, sagt Cornelius Soul und zwinkert mir zu, als er einen Behälter mit Schwarzpulver auf dem Boden abstellt.
    Ich versuche, die Oberflächlichkeit seiner Bemerkung abzumildern, indem ich darüber nachdenke, was noch gelber ist. Eine Reihe gelber Dinge geht mir durch den Kopf: Butterblumen, Eigelb, eine bestimmte Vogelbeerensorte, die gelben Federn eines Goldzeisigs, einer Bachstelze oder einer Goldammer, die Schnabelspitze eines Tauchentchens, ein reifes Weizenkorn im Sommer, verschiedene Raupenarten, Tausendfüßler, die Hälfte der Streifen einer Wespe, geschmolzene Butter, Bienenhonig – und dann habe ich es.
    »Die Sonne!«, rufe ich triumphierend aus. »Die Sonne ist gelber!« Ich lache. »Sie ist so gelb, dass wir sie nicht einmal anschauen können!«
    Cornelius Soul gibt vor zu überlegen. »Unser eigener Leuchtkörper«, sagt er und streicht sich über das Kinn, als könnte er dadurch klarer denken. Seine hellen Bartstoppeln machen ein kratzendes Geräusch. »Aber wissen wir denn, ob die Sonne nicht vielleicht gänzlich aus Schwefel besteht?« Er gähnt. »Wir werden dadurch zu Fall gebracht, dass wir letztendlich nichts wissen, verstehst du? Ich mag es, nichts zu wissen.« Er fährt sich durch die Haare. »Nichts zu wissen lässt einem so viel Raum, um andere Dinge zu tun. Ich mag es, viel Raum zu haben. Ich bin ein großer Junge, stimmt’s?« Und wieder blinzelt er mir zu. Diesmal ist es ein anzügliches, schmutziges Zwinkern, das meine Haut kribbeln lässt.
    Mr. Blacklock steht auf. »Schwefel riecht nach faulen Eiern, und der Geruch verstärkt sich bei der Verbrennung«, sagt er knapp. »Das ist seine hässliche Seite. Sie sind sicher jetzt fertig hier bei uns, Mr. Soul. Ihre Auslieferungstermine müssen um diese Tageszeit sehr eng sein.«
    Joe Thomazin sitzt in der Ecke und entwirrt Baumwollfäden für Zündschnüre.
    »Was ist das?«, frage ich, um das Schweigen zu brechen, nachdem das Rumpeln von Mr. Souls Wagen verstummt ist.
    »Nichts anderes als gewöhnliche Baumwolle, von der Art, wie sie Kerzenmacher als Dochte verwenden«, erwidert Mr. Blacklock scharf.
    Ich verstehe nicht, was seinen Ärger hervorgerufen hat. Ich frage mich, warum Mr. Soul

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