Die Farben des Feuers: Historischer Roman (German Edition)
Kundschaft denken, Mr. Pinnington, und was dagegen tun.« Ihre Finger zerren an der Spitze, mit der ihr Halstuch zusammengebunden ist.
Der Fleischer zwinkert ihr zu. »Was darf’s denn heute sein, junge Dame?«
»Geben Sie mir was von dem holländischen Rindfleisch, Mr. Pinnington.« Sie reißt die Augen auf. »Sie mögen es gern fein.«
»Mrs. Bray mästet ihre Mädchen, stimmt’s?«, fragt Saul Pinnington grinsend. Seine Arme sind bis zu den Ellbogen blutig. »Ich hab hier unten gutes normales Fleisch mit Füllung parat. Würden Sie das nicht lieber mal probieren?«
»Hätte nicht gedacht, dass Sie auch so was anbieten, Mr. Pinnington«, erwidert das Mädchen schlagfertig. Saul Pinnington lacht ein schmutziges Fleischerlachen. Sein Bauch hüpft auf und ab.
»Ein vorlautes Dämchen ist das«, murmelt die alte Frau halblaut, als das Mädchen den Laden verlässt. »Fällen Sie ihn, sag ich, er nützt keinem was.« Ihr Gesicht ist schrumpelig vor lauter Verdrießlichkeit. »Wozu kann er schon gut sein, außer dass solche wie die da und ihre Begleiter sich nachts daran anlehnen können? Schmutzige Mädchen.«
Bray. Mrs. Bray. Mir fällt nicht ein, wo ich den Namen schon einmal gehört habe.
Saul Pinnington bedient mich, und ich nehme das Pfund Hammelfleisch entgegen.
»Bray«, sage ich, diesmal laut, draußen auf der Straße. Was war nur mit diesem Namen? Es nagt an mir. Ich bin fassungslos wegen der Art der Witze, die der Fleischer gemacht hat. Ganz offensichtlich war seine eindeutige Anspielung darauf, dass das Mädchen in der Küche eines Bordells arbeitet, keine aus der Luft gegriffene Beleidigung. Das Mädchen hat sich auch nicht dagegen gewehrt.
Ich biege in die Lamb’s Conduit Street ein und gehe zum Kräutermarkt, um bei der mageren Marktfrau dort ein paar frühe Zwiebeln zu kaufen. Mrs. Blight behauptet von ihr, sie sei die einzige Gemüsehändlerin, deren Waren ihren Preis wert sind. »Ihre Sachen sind frisch und fest, das ist alles, was ich von Gemüse verlange.«
Die Marktfrau hat ihr kleines Kind bei sich. Es sitzt neben dem Verkaufsstand auf einer schmutzigen Decke auf dem Boden und spielt mit einem Löffel, der an eine Schnur gebunden ist. Die Nase des Kindes läuft.
»Ich werd ihn bald auch anbinden müssen, sobald er laufen kann.« Die Marktfrau lacht. Obwohl sie jung ist, ist ihr Gesicht so dünn, dass die Haut um ihren Mund sich spannt, wenn sie lacht. Ihre Fingernägel sind fleckig und gesprungen, und die Silbermünze, die ich ihr gebe, glänzt in ihrer Hand.
Als ich vorhin den Einkaufskorb holte, hatte Mrs. Blight gesagt: »Verschleuder das Geld nicht an den erstbesten Straßenhändler, der dir seinen Rettich andrehen will. Er schmeckt höchstwahrscheinlich nach Seekohle. Widerwärtig ist das! Man kann nicht jedem trauen, Agnes Trussel, besonders nicht beim Einkaufen.«
Ich erstarre, weil mich das an etwas erinnert.
»Du darfst keiner Menschenseele trauen«, hatte man mir gesagt, als ich in London ankam.
Es war Lettice Talbot gewesen, die versucht hatte, mich zu Mrs. Brays Etablissement zu schicken. Mrs. Bray, die eine Bordellwirtin oder Zuhälterin sein muss. Lettice Talbots blaue Augen sahen offen und ehrlich aus, als sie das zu mir sagte. Lettice Talbots Zähne waren gut und weiß. Sie sah nicht im Geringsten wie eine Hure aus. Nicht wie zu Hause die schmutzige Martha Cote mit ihren langen strähnigen Haaren, die für vier Pennys jedem Mann in den Feldern beilag. Lettice Talbot hat doch wohl nicht angenommen, ich würde mit ihr zusammenarbeiten?
»Geh gefälligst weiter!« Eine Frau versetzt mir einen heftigen Stoß in den Rücken, weil ich mitten auf dem Gehsteig stehen geblieben bin. Ich sehe mich um. Auf der Straße wimmelt es von Leuten, die ich nicht kenne.
* * *
Als ich in die Sackgasse einbiege, in der Blacklocks Haus liegt, sehe ich mit Erleichterung, dass der Wagen nicht vor der Tür steht. Vielleicht ist Mr. Soul noch nicht da gewesen.
Ich weiß nicht warum, aber an der Haustür drehe ich mich um und schaue zurück zum Torbogen. Zu meiner Überraschung steht dort ein Mann, der sich im Schatten verborgen hält. Und obwohl er mir den Kopf nicht direkt zuwendet, habe ich das deutliche Gefühl, dass er mich anschaut.
Warum sollte er das tun?
Ich schirme die Augen mit der Hand gegen die Helligkeit ab. Er steht jetzt mit dem Rücken zu mir und tritt von einem Fuß auf den anderen, als fühlte er sich unbehaglich oder wäre ungeduldig.
Wie heiß es
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