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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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das Kind sei bereits bei seinen Adoptiveltern.
    Die Kleine hatte den Namen Susan Smith bekommen – einen schlichten, alltäglichen Namen, der keinen Hinweis auf ihre Herkunft gab. Susan blieb achtzehn Monate im Waisenhaus. Den Berichten der Leiterin zufolge war sie kränklich und weinte viel. Aber interessierte Eltern wollten runde, fröhliche Babys, und bald befürchtete sie, kein Heim für Susan zu finden.
    Catriona erinnerte sich, wie leer ihre Arme sich in den ersten Monaten angefühlt hatten, wie sinnlos ihr das Leben erschienen war und wie sie in ihren Träumen ein Kind mit lachenden Augen und rundlichen kleinen Händen gesehen hatte. Wenn man ihr erlaubt hätte, ihre Tochter im Arm zu halten, für sie zu sorgen und sie zu lieben – dann wäre das kleine Mädchen doch sicher aufgeblüht.
    Irgendwann wurde Susan von einem Ehepaar mittleren Alters adoptiert, das südlich von Darwin in den nördlichen Territories eine riesige Rinderfarm führte. Sie lebte zehn Jahre bei ihnen, und dann schlug das Unheil zu. »O Gott«, flüsterte Catriona, als sie die Zeitungsausschnitte sah. Es hatte ein schreckliches Buschfeuer gegeben, und Susan war von einem Viehtreiber gerettet worden, der später für seine Tapferkeit belohnt worden war. Ihre Adoptiveltern waren umgekommen. Susan war wieder allein gewesen, und man hatte sie ins Waisenhaus zurückgebracht.
    »Die arme Kleine!«, sagte Clemmie. »Sie muss so einsam und ratlos gewesen sein.«
    »Es bricht mir das Herz, wenn ich daran denke«, flüsterte Catriona. »Wir waren beide allein, getrennt durch Bürokratie und Vorschriften. Wäre es doch nur anders gewesen!«
    »John hat fleißig gegraben.« Clemmie lächelte. »Er wird allmählich ein bisschen tattrig, aber diese Sache lässt ihm keine Ruhe. Er ist entsetzt darüber, dass die Behörden ihre Unterlagen geheim halten. Aber zumindest hält es seinen Verstand in Gang, auch wenn sein Körper allmählich zerfällt.«
    Catriona lächelte ihre Freundin an und wandte sich dann wieder den Akten zu. Susan Smith war nicht wieder adoptiert worden. Niemand wollte eine Zehnjährige, schon gar nicht mitten im Krieg. Also kam sie nacheinander zu mehreren Pflegeeltern, die sie als launisch und halsstarrig bezeichneten, aber auch als außergewöhnlich gescheit. Als sie alt genug war, um ein Stipendium für eine Privatschule zu bekommen und ihre Pflegeeltern zu verlassen, tat sie es, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
    »Damit ist Schluss«, seufzte Catriona. »Wahrscheinlich werde ich nie erfahren, was danach aus ihr geworden ist.« Sie rechnete kurz nach. »Sie wird jetzt fünfunddreißig sein. Eine erwachsene Frau, wahrscheinlich mit eigenen Kindern.«
    Clemmie schob ihr einen kleinen Stapel sauber getippter Seiten herüber. »Ich sagte doch, Kitty, John ist nicht der Mann, der sich durch Behörden und mangelnde Informationen entmutigen lässt.«
    Catriona las die Seiten durch, und als sie fertig war, sah sie Clemmie an. Sie lächelte unter Tränen. »Er hat sie gefunden«, hauchte sie. »Zumindest kann ich mit ihr sprechen.«
    »Nein«, entgegnete Clemmie scharf. »Das wäre nicht klug. Die Vergangenheit muss bleiben, wo sie hingehört. Wahrscheinlich glaubt sie, du hast sie weggegeben, weil du sie nicht haben wolltest. Der Himmel weiß, was sie ihr im Waisenhaus oder bei den Pflegeeltern erzählt haben.« Tröstend legte sie Catriona die Hand auf den Arm. »Sie wird dich nicht sehen wollen, Kitty. Und ich werde nicht zulassen, dass du noch einmal verletzt wirst.«
    »Aber ich muss es versuchen.« Catriona stand auf und fing an, im Zimmer auf und ab zu wandern. »Verstehst du das denn nicht? Ich kann sie doch nicht in dem Glauben lassen, ich hätte sie willentlich im Stich gelassen.« Sie schob die Hände in die Hosentaschen. »Ich muss mit ihr sprechen, muss ihr erklären, dass ich bei all dem nichts zu sagen hatte, weil ich selbst noch ein Kind war.«
    Clemmie schaute sie entsetzt an. »Und wie willst du ihr erklären, dass sie die Frucht einer Vergewaltigung ist? Glaubst du wirklich, wenn du ihr so etwas erzählst, kann sie mit sich im Reinen sein? Das ist doch kaum etwas, worauf man stolz sein kann.«
    Catriona war hin und her gerissen. »Aber jetzt sind wir so weit gekommen, jetzt bin ich ihr nach all der Zeit so nah – da kann ich doch nicht aufhören.« Sie goss sich einen großen Whisky ein und trank einen Schluck. »Ich sage ihr einfach, ich war ein frühreifes Kind und bin nach einem Fehltritt schwanger

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