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Die Farm am Eukalyptushain

Die Farm am Eukalyptushain

Titel: Die Farm am Eukalyptushain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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fremdartigen Werkzeuge und den Kessel.
    »Ich mache Dinge«, sagte er geheimnisvoll. »Komm, ich zeig’s dir.«
    Er setzte sie auf einen wackligen Stuhl, trat an den Holzofen und fachte das Feuer darin zu lodernder Glut an. Dann nahm er eine große Kelle und tat etwas hinein. »Jetzt pass auf, Catriona«, sagte er. »Das ist nämlich Zauberei.«
    Sie stand auf und ging zu ihm. In der Kelle brutzelte ein Goldkorn und verbreitete einen merkwürdigen Geruch. Sorgfältig goss er das flüssige Gold in eine Metallform. Ein paar Augenblicke später lag ein hübscher goldener Ring in seiner flachen Hand. Es war, als stehe der Zauberer Merlin vor ihr.
    »Eines Tages mache ich dir auch etwas«, versprach er. »Würde dir das gefallen?«
    »Ja, bitte!« Ihre Augen glänzten, und ihre Wangen glühten, und das kam nicht nur von der Hitze des Feuers.
    »Abgemacht«, sagte er. »Aber jetzt musst du gehen. Ich höre deine Mutter rufen.« Er schaute sie liebevoll an, und plötzlich wurden seine Augen feucht. »Du erinnerst mich sehr an meine geliebte Irina«, sagte er leise.
    »Wer ist Irina?«
    »Sie war meine Tochter.« Er zog ein großes Taschentuch aus der Hosentasche und putzte sich geräuschvoll die Nase. »Aber sie ist tot, genau wie meine Frau, meine Eltern und meine Brüder. Die Kosaken sind in unser Dorf gekommen und haben sie getötet – alle. Ich war nicht da; ich habe im Wald nach etwas Essbarem gesucht. Es war im Winter, überall lag tiefer Schnee. Als ich zurückkehrte, fand ich nur Blut und Tod, wo Wärme undLiebe gewesen waren. Ich bin nie wieder an diesem Ort gewesen.«
    Catriona traten die Tränen in die Augen. Sie drückte seine große Hand. Sie konnte nichts sagen, was seinen Schmerz lindern würde, aber vielleicht könnte ihre Berührung ihn ein wenig trösten.
    »Dann reiste ich in dieses großartige Land und fand Gold«, sagte er mit traurigem Lächeln. »Der Reichtum kann mir die Trauer um Irina und Lara zwar nicht nehmen, doch er ermöglicht mir ein Leben, auf das ich in Russland niemals hätte hoffen können. Hier bin ich frei, und ich kann leben, wie ich will.«
    Catriona hörte ihre Mutter rufen. »Ich muss gehen. Es ist Zeit für meine Gesangsübungen – das Einzige, was Mam noch zu interessieren scheint.«
    Er zog die buschigen Brauen hoch. »Wirklich? Wenn es das Einzige ist, woran ihr etwas liegt, dann müsst ihr natürlich mein Piano benutzen. Es steht in meiner Wohnung. Ihr dürft jederzeit darauf spielen.«

    Aus Wochen wurden Monate, und Catriona gewöhnte sich an ihr neues Leben. Sie und Phoebe waren gute Freundinnen geworden. Aber das kleine Küchenmädchen musste viel arbeiten, und weil es mit den Eltern auf der anderen Seite von Atherton wohnte, hatten die Mädchen selten Gelegenheit, viel miteinander zu unternehmen. Im Laufe eines hektischen Tages konnten sie nur ab und zu ein paar Augenblicke zusammen verbringen. Außerdem war Phoebe von den Wallungen der ersten Liebe erfasst und nutzte jede freie Minute, um in den Garten zu laufen und dort mit einem der jungen Gärtner zu flirten und zu kichern.
    Das Hotel war voll, und von der düsteren Anwesenheit Ediths abgesehen, genoss Catriona dieses Leben. Dimitri war ihr immer mehr ans Herz gewachsen. Er war der Vater, den sie verloren, der Großvater, den sie nie gehabt hatte, und die Nähe zwischen ihnen füllte bei beiden eine schmerzhafte Leere im Herzen aus.Er mochte ein ungebildeter russischer Emigrant sein, aber er war ein wahrer Freund, der gern viele Stunden mit ihr verbrachte. Er lehrte sie die Namen der Bäume und Vögel und zeigte ihr die geheimen Schlafplätze der Wombats und ihrer Jungen, und er führte sie tief in den Wald hinein, wo sie den Wallabys beim Fressen zusahen. Aber am besten gefiel es ihr, wenn er seine Nuggets zu feuriger Flüssigkeit schmolz und daraus wunderschöne Schmuckstücke machte.
    Dimitri hatte auch Velda unter seine schützenden Fittiche genommen. Jeden Morgen saß er bei ihr im Garten und sprach mit ihr. Aber trotz seiner Fürsorge war Velda in den letzten Monaten immer stärker abgemagert. Von Edith und den Hotelgästen hielt sie sich fern und irrte durch den Garten und Dimitris Wohnung wie ein Geist, weiß wie Papier. Nachts hörte Catriona, wie sie sich in den Schlaf weinte, und es brach ihr das Herz. Wie gern hätte sie ihre Mutter getröstet und sich trösten lassen – und wie sehr wünschte sie sich, Velda möge bemerken, dass auch sie traurig war. Doch abgesehen von den morgendlichen Gesangsstunden

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