Die Farm am Eukalyptushain
verbrachte Velda ihre Tage wie im Traum und die Nächte unter Tränen. Anscheinend hatte sie weder die Kraft noch die Zeit zu sehen, dass ihre Tochter mehr als Gesangsunterricht brauchte, um über ihren Verlust hinwegzukommen.
Catrionas Beziehung zu Kane hatte sich verändert, über Monate hinweg und so langsam, dass Catriona es kaum bemerkt hatte. Während sie seine Umarmungen, seine unschuldigen Küsse auf die Stirn, seine Hand auf ihrem Arm oder an ihrer Taille früher hingenommen hatte, spürte sie nun, dass ihr seine Berührung unbehaglich war und sie seine überzogenen Vertraulichkeiten nicht mochte. Dennoch bewies er Mitgefühl für sie und bot ihr weiterhin Trost, Unterstützung und stille Freundschaft. Vielleicht waren es Veränderungen in ihr selbst, die ihr dieses Unbehagen bereiteten, denn er hatte eigentlich nichts getan, um das Gefühl zu rechtfertigen, dass etwas nicht stimmte.
Es war wenige Wochen vor ihrem dreizehnten Geburtstag. Velda war wie immer ins Bett gegangen und hatte sie mit Kane allein in Dimitris Salon zurückgelassen. Catriona langweilte sich mit dem Buch, das sie las; sie hatte es weggelegt und war zum Fenster gegangen. Sie schaute gern in den Garten hinaus, wenn die Glühwürmchen wie kleine Feen in den Büschen tanzten.
»Komm, setz dich zu mir und erzähl mir, was du heute getan hast«, sagte Kane und streckte die Hand aus.
Widerstrebend wandte Catriona sich vom Fenster ab.
»Was ist los?« Er grinste. »Du hast doch sicher noch ein paar Minuten für mich übrig, oder? Es gab eine Zeit, da bist du ständig angelaufen gekommen, um mir deine Geschichten zu erzählen.«
Sie erinnerte sich an diese Zeit auf Reisen, als sie seine Gesellschaft gesucht hatte, erinnerte sich daran, wie gut er in den furchtbaren Tagen nach Dads Tod zu ihr und Mam gewesen war. Es kam ihr albern vor, jetzt einfach stehen zu bleiben; also nahm sie seine Hand.
Doch ehe sie sich versah, hatte er sie auf seinen Schoß gezogen.
»Ich bin zu groß, um auf Ihren Knien zu sitzen«, protestierte sie, rot vor Verlegenheit.
»Unsinn!« Er zog sie an sich. »Du bist ein kleines Mädchen. Wiegst weniger als ein Spatz, obwohl du so gut isst.« Sein Finger wanderte an ihrem Arm hinauf bis zum Saum ihres Ärmels. »Und – was hast du heute den ganzen Tag so getrieben?«
»Dies und das«, murmelte sie und hielt sich starr. Ihr war heiß und unbehaglich in seiner Umarmung. Sie war kein kleines Mädchen mehr und wusste instinktiv, dass ein solches Zusammensein unschicklich war. Sie roch den Zigarrenrauch und den Port, den er getrunken hatte, in seinem Atem, und sie fühlte seinen schnellen Herzschlag an ihrem nackten Arm. Sie wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte, wie sie den Tumult ihrer Empfindungen ausdrücken sollte.
»Hast zusammen mit Phoebe mit dem Gärtnerjungen geflirtet,nehme ich an«, sagte er leise, und sein Mund war an ihrem Ohr. »Sieh dich vor, sonst hast du leicht einen schlechten Ruf.« Seine Finger streiften die Knospen ihrer Brüste und strichen dann an ihrem Hals entlang.
»Ich muss jetzt gehen«, sagte sie hastig und versuchte, sich loszureißen. »Mam fragt sich sicher, wo ich bin.«
»Gib mir einen Gutenachtkuss«, flüsterte er und hielt ihre Taille fest umschlungen.
Catriona zögerte. Wenn sie täte, was er wollte, würde er sie loslassen. Vielleicht genügte ein Schmatzer auf die Wange.
Schnell drehte er den Kopf und küsste sie auf den Mund; seine Lippen pressten sich auf ihre, und seine Finger umschlossen ihren Nacken, während seine andere Hand sich unter den Saum ihres Kleides und zu ihrem Höschen schob.
Sie stemmte sich gegen ihn und stand auf. Ihre Knie zitterten, und sie bekam kaum Luft. »Das hätten Sie nicht tun dürfen.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
Seine blauen Augen weiteten sich. »Was denn?« Er lachte schnaubend. »Ich dachte, wir wären Freunde?«
Sie schüttelte den Kopf. Sie fand keine Worte für ihre Gefühle, war verwirrt und erschrocken und plötzlich sehr verschüchtert angesichts dessen, wie leichthin er ihren Protest abgetan hatte. Und irgendetwas sagte ihr, dass sein Benehmen heute Abend nur der Vorläufer eines sehr viel unerfreulicheren Erlebnisses war und dass er ihr Unbehagen genoss. Während er leise in sein Portweinglas lachte, lief sie aus dem Zimmer und machte sich auf die Suche nach ihrer Mutter. Velda würde ihre Not verstehen und wissen, was zu tun war.
Velda lag im Bett. Das Licht warf einen warmen Glanz über die
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