Die Farm am Eukalyptushain
Catriona zuletzt in den Garten hinter Dimitris Räumen an der Rückseite des Hotels. Velda saß in einem Korbsessel unter einem Sonnenschirm. Neben ihr stand ein hohes Glas, und sie hatte ein Buch auf dem Schoß. Catriona störte sie nicht; sie schien zu schlafen.
Trotz allen geschäftigen Treibens und der wundervollen Bilder,die sie gesehen hatte, war ihr dieser ruhige Garten lieber. Bäume und ein verschnörkelter Holzzaun schirmten ihn vor den Blicken der Gäste ab; Rasen und Blumenbeete reichten bis zum üppig grünen Dickicht des Regenwalds. Es war ein friedvoller Ort – ein Ort der Kontemplation und der Ruhe, die ihrer Mutter hoffentlich gut tun würde.
»Guten Morgen, meine Kleine. Ich hoffe, du hast gut geschlafen?«
Eingedenk dessen, was Kane am Abend zuvor gesagt hatte, sah sie Dimitri wachsam an. »Ja, danke«, sagte sie. »Es ist schön, einmal ein eigenes Zimmer zu haben.«
Er lächelte. Sein Haar glänzte in der Sonne bläulich, und seine braunen Augen waren golden gesprenkelt. Er war nicht so förmlich gekleidet wie am vergangenen Tag; anstelle des Anzugs trug er eine alte, ausgebeulte Hose, ein kariertes Hemd und schwere Stiefel. »Ich bin auch gern allein«, gestand er. »Ich habe gern einen Platz, wo ich nachdenken und ich selbst sein kann.«
»Warum haben Sie dann das Hotel gebaut?«, fragte sie verwundert.
»Weil ich das Geld dazu hatte. Ich habe immer davon geträumt, so etwas zu besitzen.« Er lächelte, aber sein Blick war wehmütig. »Aber manchmal genügt es, sich etwas zu wünschen. Denn wenn der Wunsch Wirklichkeit wird, sieht die Sache vielleicht anders aus, als man es sich vorgestellt hat.«
Sie zog die Stirn kraus. Er sprach in Rätseln.
»Darum habe ich Mr Kane gebeten, zu kommen«, erklärte er. »Er hat die nötige Bildung, die englische Stimme und Manieren, mit denen meine Gäste etwas anfangen können.« Er schaute auf seine Stiefel. »Ich bin ein Bauer, ein Mann ohne große Schulbildung. Ich habe nichts gemeinsam mit diesen Leuten, ihren feinen Kleidern und Autos und ihren seltsamen Gewohnheiten.«
Catriona lächelte. Sie hatte Dimitri gern, und Kanes bitteren Tiraden zum Trotz wusste sie, dass sie von ihm nichts zu befürchten hatte. Sie spazierten zusammen über den Rasen und in den Regenwald hinein, und er kannte jede Blume, jeden Busch und jede Liane beim Namen. Er holte Körner und Brotkrumen aus der Tasche, und als er pfiff, kamen Rosellas und Papageien von den Bäumen herabgeflattert und fraßen ihm aus der Hand.
»Komm«, sagte er schließlich, »ich zeige dir, wo ich meine Zeit am liebsten verbringe.«
Bereitwillig folgte sie ihm durch den Wald zurück in eine entlegene Ecke des Gartens. Sein Schuppen stand im Schatten der Bäume, umgeben von Blumen und hohem Gras. »Hier kommt niemand mehr her«, sagte er, als er den großen Schlüssel unter einem Stein neben der Tür hervorholte und ins Schloss steckte. »Früher war hier das Waschhaus, aber seit ich den alten Bau zu einem Palast umgebaut habe, braucht man es nicht mehr.« Er öffnete die Tür und trat beiseite, um sie eintreten zu lassen.
Catriona sah sich staunend um. Es war dunkel, aber nicht düster drinnen, und es roch nach heißem Metall und seltsamen Mixturen. Auf Wandborden standen staubige Flaschen, beschriftet mit Namen, die sie nicht aussprechen konnte. Auf einem Holzofen in der hinteren Ecke stand ein großer Kessel mit mehreren merkwürdigen Kellen, die aussahen, als wären sie für einen Riesen gemacht. In den Ecken lagerten durchlöcherte Zelte und alte Stiefel, und Schaufeln, Spaten, Hacken und Schubkarren füllten jeden Winkel aus. An einer Wand lehnte ein großes hölzernes Sieb, und ein alter Schreibtisch war bedeckt von Büchern, Papieren, Draht- und Metallstücken.
»Ich habe alles hier aufbewahrt – für den Fall, dass ich noch mal auf Goldsuche gehen will. Die Australier nennen es ›auf Wanderschaft gehen‹, aber ich sage lieber, ich raffe mich noch einmal auf und bin mein eigener Herr, der wahre Dimitri.« Er sah ihr verständnisloses Gesicht und lachte. »Ich bin gern ein reicher Mann, mein kleines Mädchen, aber im Grunde meines Herzens bin ich ein russischer Zigeuner, und das Wandern liegt mir im Blut.«
Das konnte Catriona verstehen; schließlich hatte auch sie ihr ganzes Leben, zwölf ganze Jahre, auf Reisen verbracht. Es kam ihr immer noch merkwürdig vor, mehr als ein paar Tage am selben Ort zu verbringen.
»Und was tun Sie hier?«, fragte sie und betrachtete die
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