Die Farm
Gespräch.
»Um was geht es?«, sagte sie, verschränkte die Arme, als stünde für sie bereits fest, dass ich etwas Schreckliches angestellt hatte.
Ich hatte so viele Geheimnisse. Hank und die Schlägerei mit den Siscos. Tally am Bach. Die Geburt von Libbys Baby. Aber die waren für eine Weile weggepackt. Ich war ein Meister darin geworden, sie wirklich geheim zu halten. Etwas jedoch musste ich meiner Mutter anvertrauen.
»Ich glaube, Tally und Cowboy mögen sich«, sagte ich und fühlte mich sofort erleichtert.
»Ja?«, sagte sie lächelnd, als ob ich nicht viel wissen könnte, nur weil ich ein Kind war. Als sie darüber nachdachte, erlosch das Lächeln. Ich fragte mich, ob auch sie etwas über die heimliche Romanze wusste.
»Ja, Ma’am.«
»Und wie kommst du darauf?«
»Ich hab sie heute Vormittag in der Baumwolle erwischt.«
»Was haben sie denn getan?«, fragte sie und schien ein wenig erschrocken, dass ich vielleicht etwas gesehen hatte, was ich nicht hätte sehen sollen.
»Weiß ich nicht, aber sie waren zusammen.«
»Hast du sie gesehen?«
Ich erzählte ihr die Geschichte, von den Stimmen über die Mokassinschlange bis zu Tallys und Cowboys Flucht. Ich ließ kein Detail aus und übertrieb erstaunlicherweise auch nicht.
Höchstens die Größe der Schlange, aber ansonsten hielt ich mich an die Wahrheit.
Sie hörte zu und schien aufrichtig verblüfft.
»Was haben sie getan, Mom?«, fragte ich.
»Ich weiß es nicht. Du hast nichts gesehen, oder?«
»Nein, Ma’am. Meinst du, dass sie sich geküsst haben?«
»Wahrscheinlich«, sagte sie sofort.
Wieder langte sie zum Zündschlüssel, dann sagte sie: »Na gut, ich werde mit deinem Vater darüber reden.«
Wir fuhren eilig weiter. Nach einer Weile wusste ich nicht mehr, ob ich mich wirklich besser fühlte. Viele Male hatte sie mir eingeschärft, dass kleine Jungs vor ihren Müttern keine Geheimnisse haben sollten. Aber jedes Mal, wenn ich ihr eins anvertraute, tat sie es immer schnell ab und sagte, dass sie mit meinem Vater darüber reden würde. Ich war mir nicht sicher, was für einen Vorteil ich davon hatte, wenn ich so freimütig war. Aber mehr konnte ich nicht tun. Jetzt wussten die Erwachsenen von Tally und Cowboy. Sollten sie sich darüber den Kopf zerbrechen.
Die Latchers pflückten in der Nähe ihres Hauses, und als wir anhielten, hatten wir ein Publikum. Mrs Latcher kam aus dem Haus und lächelte zaghaft, dann half sie uns dabei, die Gemüsekisten auf die Veranda zu tragen.
»Sie wollen wahrscheinlich das Baby sehen«, sagte sie leise zu meiner Mutter. Auch ich wollte es sehen, aber ich wusste, dass meine Chancen gering waren. Die Frauen gingen ins Haus. Ich fand einen Platz unter einem Baum neben dem Pick-up und wollte dort auf meine Mutter warten und mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Ich wollte mit keinem der Latchers etwas zu tun haben. Die Tatsache, dass wir jetzt wahrscheinlich blutsverwandt waren, machte mich ganz krank.
Plötzlich tauchten drei von ihnen hinter dem Pick-up auf - drei Jungen, angeführt von Percy. Die anderen beiden waren jünger und kleiner, aber ebenso dünn und drahtig wie er. Sie kamen wortlos auf mich zu.
»Hallo, Percy«, sagte ich und versuchte, zumindest höflich zu sein.
»Was willst du hier?«, knurrte er. Er stand zwischen seinen Brüdern, und alle drei bauten sich vor mir auf.
»Ich bin mit meiner Mutter da«, sagte ich.
»Du hast hier nichts verloren«, zischte er durch die Zähne, und ich hätte am liebsten den Schwanz eingezogen und wäre davongelaufen.
»Ich warte auf meine Mutter«, sagte ich.
»Wir werden dich windelweich prügeln«, sagte Percy, und alle drei ballten die Fäuste.
»Warum?«, brachte ich gerade noch heraus.
»Weil du ein Chandler bist und dein Ricky Libby so was angetan hat.«
»Kann ich nichts für«, sagte ich.
»Egal.« Der Kleinste blickte besonders wild drein. Er kniff die Augen zusammen und verzog die Mundwinkel, als wollte er mich anknurren, und ich dachte, dass ich von ihm den ersten Schlag zu erwarten hätte.
»Drei gegen einen ist nicht fair«, sagte ich.
»Was Libby passiert ist, war auch nicht fair«, sagte Percy, und dann boxte er mich, schnell wie eine Katze, in den Magen. Ein Pferd hätte nicht fester zutreten können, und ich fiel mit einem Schrei zu Boden.
In der Schule hatte ich ein paar Geplänkel erlebt - Stöße und Schläge im Pausenhof, die von den Lehrern unterbunden wurden, bevor es ernsthaft zur Sache ging. Mrs Emma Enos,
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