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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Scheint, als ob ihr und die Latchers und die Jeters immer als Erste überschwemmt werdet.« Sie dachte über unser Pech nach, dann blickte sie aus dem Fenster und schüttelte den Kopf über die Aussicht auf eine weitere schlechte Ernte.
    Ich hatte noch keine Überschwemmung erlebt - zumindest konnte ich mich an keine erinnern -, deswegen hatte ich nichts dazu zu sagen. Das Wetter hatte die allgemeine Stimmung gedämpft, auch Pearls. Da so dicke Wolken über unserem Teil der Welt hingen, fiel es schwer, optimistisch zu sein. Ein weiterer düsterer Winter stand bevor.
    »Ich hab gehört, dass manche nach Norden gehen«, sagte ich, wohl wissend, dass Pearl die Einzelheiten kannte, wenn die Gerüchte zutrafen.
    »Hab ich auch gehört«, sagte sie. »Sie wollen sich Arbeit sichern für den Fall, dass es weiter regnet.«
    »Wer geht nach Norden?«
    »Weiß ich nicht«, sagte sie, aber ich merkte an ihrem Tonfall, dass sie den neuesten Klatsch kannte. Die Farmer hatten wahrscheinlich bei ihr telefoniert.
    Ich dankte ihr für das Tootsie Roll und ging. Die Gehsteige waren menschenleer. Es war angenehm, die Stadt ganz für mich allein zu haben. Samstags kam man vor lauter Menschen kaum mehr durch. Ich sah meine Eltern in der Eisenwarenhandlung etwas kaufen und trat ein, um der Sache auf den Grund zu gehen.
    Sie kauften Farbe, und zwar jede Menge. In einer geraden Reihe standen neben zwei in Plastikfolie eingeschweißten Pinseln fünf Fünf-Liter-Eimer weißer Farbe der Marke Pittsburgh Paint auf der Theke. Der Verkäufer schrieb gerade die Rechnung. Mein Vater kramte in seiner Hosentasche.
    Meine Mutter stand neben ihm, aufrecht und stolz. Es war klar, dass sie darauf gedrängt hatte, die Farbe zu kaufen. Sie lächelte mich hochzufrieden an.
    »Das macht vierzehn Dollar und achtzig Cent«, sagte der Verkäufer.
    Mein Vater holte sein Geld aus der Tasche und begann die Scheine zu zählen.
    »Ich kann es auch anschreiben«, sagte der Verkäufer.
    »Nein, das kommt nicht ins Buch«, sagte meine Mutter. Pappy würde einen Herzinfarkt kriegen, wenn er die monatliche Abrechnung mit einem so großen Betrag für Farbe bekäme.
    Wir schleppten die Farbe zum Pick-up.

    D ie Eimer mit Farbe standen auf der rückwärtigen Veranda wie Soldaten in einem Hinterhalt. Unter der Aufsicht meiner Mutter versetzte mein Vater das Gerüst an die Nordostecke des Hauses, sodass ich dort von ganz unten bis fast zum Dach streichen konnte. Ich war um die erste Ecke. Trot wäre stolz auf mich gewesen.
    Ein weiterer Eimer wurde geöffnet. Ich befreite einen neuen Pinsel von der Plastikfolie und bog die Haare vor und zurück.
    Er war fünfzehn Zentimeter breit und viel schwerer als der, den Trot mir gegeben hatte.
    »Wir sind im Gemüsegarten«, sagte meine Mutter. »Und gleich wieder zurück.« Und damit zog sie mit meinem Vater im Schlepptau los, der unsere drei größten Körbe trug. Gran war in der Küche und machte Erdbeermarmelade. Pappy war irgendwo und machte sich Sorgen. Ich war allein.
    Dass meine Eltern in dieses Projekt investiert hatten, verlieh meiner Mission Gewicht. Das Haus würde jetzt zur Gänze gestrichen, ob es Pappy passte oder nicht. Und den Großteil der Arbeit würde ich leisten. Es bestand jedoch kein Grund zur Eile.
    Falls der Fluss über die Ufer trat, würde ich streichen, wenn es nicht regnete. Falls wir weiter Baumwolle pflückten, hätte ich den ganzen Winter, um mein Meisterwerk zu vollenden. In den fünfzig Jahren seines Bestehens war das Haus nie gestrichen worden. Warum jetzt hetzen?
    Nach einer halben Stunde war ich müde. Ich hörte meine Eltern im Gemüsegarten miteinander reden. Es gab noch zwei Pinsel - einen neuen und den von Trot -, die auf der Veranda neben den Farbeimern lagen. Warum griffen sich meine Eltern nicht die Pinsel und halfen mir? Das hatten sie doch sicherlich vor.
    Der Pinsel war wirklich schwer. Ich brachte die Farbe in kurzen, langsamen, sauberen Strichen an. Meine Mutter hatte mich davor gewarnt, zu viel Farbe auf einmal aufzutragen.
    »Lass sie nicht tropfen. Lass sie nicht runterlaufen.«
    Nach einer Stunde brauchte ich eine Pause. Versunken in meiner eigenen Welt, begann ich es Trot angesichts dieses Mammutprojekts übel zu nehmen, dass er es mir aufgeladen hatte. Er hatte ein Drittel einer Seite des Hauses gestrichen und war dann geflüchtet. Vielleicht hatte Pappy doch Recht. Das Haus musste nicht gestrichen werden.
    Hank war schuld. Hank hatte mich ausgelacht und meine Familie beleidigt,

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