Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
beweisen wollten, dass sie ebenso hart arbeiten konnten wie sie. Nur ich zögerte.
    Es hätte schlimmer kommen können: Die Mexikaner machten nicht einmal eine Mittagspause.
    Ich verbrachte einen langweiligen Nachmittag damit, über Tally nachzudenken, dann über Hank und schließlich wieder über Tally. Ich dachte auch an die Spruills und beneidete sie.
    Ich überlegte, was sie wohl tun würden, wenn sie zu Hause ankämen und Hank sie dort nicht erwartete, und versuchte mir einzureden, dass es mir gleichgültig war.
    Seit mehreren Wochen hatten wir keinen Brief mehr von Ricky bekommen. Die Erwachsenen hatten im Haus darüber geflüstert. Ich hatte meinen langen Brief an ihn noch nicht abgeschickt, weil ich nicht wusste, wie ich es unbemerkt anstellen sollte. Und ich war mir nicht mehr sicher, ob ich ihn mit den Neuigkeiten über die Latchers belasten sollte. Er hatte genug Sorgen. Wenn Ricky zurück wäre, würden wir angeln gehen, und dann könnte ich ihm alles erzählen. Ich würde mit dem Totschlag von Jerry Sisco anfangen und nichts auslassen -
    das Latcher-Baby, Hank und Cowboy, alles. Ricky wüsste, was zu tun wäre. Ich sehnte mich nach ihm.
    Ich weiß nicht mehr, wie viel Baumwolle ich an jenem Tag pflückte, aber es war bestimmt ein Weltrekord für einen Siebenjährigen. Als die Sonne hinter den Bäumen am Fluss versank, holte mich meine Mutter und wir gingen zusammen nach Hause. Gran blieb da und pflückte so schnell wie die Männer.
    »Wie lange werden sie noch arbeiten?«, fragte ich meine Mutter. Wir waren so müde, dass uns sogar das Gehen schwer fiel.
    »Bis es dunkel ist.«
    Es war fast dunkel, als wir vor dem Haus ankamen. Ich wollte mich auf das Sofa werfen und eine Woche lang schlafen, aber meine Mutter wies mich an, die Hände zu waschen und ihr beim Kochen zu helfen. Sie machte Maisbrot und wärmte Reste auf, während ich Tomaten enthäutete und schnitt. Wir hörten Radio - kein Wort über Korea.
    Trotz des grausamen Tags auf den Feldern waren Pappy und mein Vater gut gelaunt, als wir uns zum Essen setzten. Die beiden hatten zusammen eintausendeinhundert Pfund gepflückt. Die Regenfälle hatten den Preis für Baumwolle auf dem Markt von Memphis in die Höhe getrieben, und wenn wir noch ein paar trockene Tage hätten, könnten wir ein weiteres Jahr überleben. Gran hörte uns wie aus weiter Ferne zu, bekam jedoch nichts mit, und ich wusste, dass sie mit den Gedanken in Korea war. Meine Mutter war zu müde, um zu sprechen.
    Pappy hasste Reste, doch er dankte dem Herrn dafür. Er dankte ihm auch für das gute Wetter und bat um mehr. Wir aßen langsam, die Erschöpfung von der harten Arbeit machte sich endlich spürbar. Wir sprachen leise und nur das Nötigste.
    Ich hörte den Donner als Erster. Es war ein leises, weit entferntes Grollen, und ich sah mich am Tisch um, ob die Erwachsenen es auch gehört hatten. Pappy sprach über den Baumwollmarkt. Ein paar Minuten später folgte ein viel näheres Donnern, und als ein Blitz krachte, hörten wir auf zu essen. Der Wind frischte auf, und das Blechdach über der hinteren Veranda begann leise zu klappern. Wir vermieden Blickkontakt.
    Pappy faltete die Hände und stützte die Ellbogen auf den Tisch, als wollte er wieder beten. Gerade eben hatte er Gott um mehr schöne Tage gebeten. Und jetzt kriegten wir eine weitere Sintflut ab.
    Mein Vater ließ die Schultern hängen. Er rieb sich die Stirn und starrte auf die Wand. Regentropfen begannen, ein bisschen zu laut auf unser Dach zu trommeln, und Gran sagte: »Es hagelt.«

    Hagel bedeutete starke Winde und heftigen Regen, und tatsächlich zog ein lautes Gewitter über unsere Farm. Wir saßen lange am Tisch, horchten auf den Donner und den Regen, ließen das halb gegessene Abendessen stehen und fragten uns, wie viele Zentimeter fallen würden und wie lange es dauern würde, bis wir wieder pflücken könnten. Der St.
    Francis konnte nicht mehr viel Wasser aufnehmen, und wenn er über die Ufer trat, wäre die Ernte ruiniert.
    Das Gewitter zog davon, aber es regnete weiter, manchmal sogar heftig. Schließlich verließen wir die Küche. Ich ging mit Pappy auf die vordere Veranda und sah, dass sich zwischen unserem Haus und der Straße ein Teich befand. Pappy tat mir Leid, als er sich auf die Schaukel setzte und ungläubig die Wassermassen betrachtete, die Gott uns schickte.
    Später las mir meine Mutter Geschichten aus der Bibel vor, ihre Stimme kaum hörbar im Prasseln des Regens. Die Geschichte von Noah und der

Weitere Kostenlose Bücher