Die Farm
weil unser Haus nicht gestrichen war. Trot hatte sich auf meine Seite geschlagen. Er und Tally hatten sich zum Beginn dieses Projekts verschworen, ohne zu wissen, dass die meiste Arbeit auf meinen Schultern lasten würde.
Ich hörte Stimmen in meinem Rücken. Miguel, Luis und Rico standen hinter mir und sahen mir neugierig zu. Ich lächelte, und wir tauschten ein buenas tardes aus. Sie kamen näher und fragten sich offenbar, warum dem kleinsten Chandler eine so große Aufgabe übertragen worden war. Ein paar Minuten lang konzentrierte ich mich und arbeitete mich zentimeterweise voran. Miguel stand auf der Veranda und inspizierte die ungeöffneten Eimer und die anderen Pinsel. »Dürfen wir mitspielen?«, fragte er.
Was für eine großartige Idee!
Zwei weitere Eimer wurden aufgemacht. Ich gab Miguel meinen Pinsel, und innerhalb von Sekunden saßen Luis und Rico auf dem Gerüst, ihre nackten Füße baumelten herunter, und strichen, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes getan.
Miguel begann mit der Veranda.
Bald darauf saßen die anderen sechs Mexikaner im Schatten auf dem Boden und sahen uns zu.
Gran hörte etwas und kam heraus. Sie wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab, sah mich an und lachte. Dann kehrte sie zu ihrer Erdbeermarmelade zurück.
Die Mexikaner waren entzückt, dass sie etwas zu tun hatten.
Der Regen hatte sie gezwungen, lange Stunden in der Scheune totzuschlagen. Sie hatten keinen Pick-up, um in die Stadt zu fahren, kein Radio, keine Bücher. (Wir wussten nicht einmal, ob sie überhaupt lesen konnten.) Gelegentlich machten sie Würfelspiele, hörten aber sofort damit auf, sobald sich einer von uns näherte.
Sie nahmen das ungestrichene Haus mit großem Elan in Angriff. Die sechs Müßiggänger gaben denen mit den Pinseln endlose Ratschläge und Tipps. Offenbar waren manche ihrer Vorschläge überaus komisch, denn die Anstreicher mussten bisweilen so sehr lachen, dass sie nicht weiterarbeiten konnten.
Das Spanisch wurde schneller und lauter, alle neun Mexikaner lachten und redeten. Es ging darum, einen Maler davon zu überzeugen, den Pinsel für eine Weile abzugeben und einen anderen sein Werk fortsetzen zu lassen. Roberto tat sich als Experte hervor. Mit dramatischem Impetus unterwies er die Neulinge, insbesondere Pablo und Pepe, in der richtigen Technik. Er ging hinter den Anstreichern her, gab ihnen Ratschläge, machte Witze oder tadelte sie. Die Pinsel wanderten von Hand zu Hand, und trotz des vielen Lachens und Schimpfens entwickelte sich ein System von Teamarbeit.
Ich saß mit den anderen Mexikanern unter dem Baum und sah zu, wie sich unsere Veranda veränderte. Pappy kehrte auf dem Traktor zurück. Er stellte ihn neben dem Geräteschuppen ab und schaute von dort aus einen Augenblick zu. Dann ging er in großem Bogen zur Vorderseite des Hauses. Ich wusste nicht, ob er unser Werk billigte oder nicht, ja ich war nicht einmal sicher, ob das überhaupt noch von Bedeutung war. Sein Schritt federte nicht, seine Bewegungen waren nicht zielgerichtet.
Pappy war ein geschlagener Farmer, der wieder einmal eine Baumwollernte verlor.
Meine Eltern kamen mit den Körben voll Gemüse zurück.
»Also, wenn das nicht Tom Sawyer ist«, sagte meine Mutter zu mir.
»Wer ist das?«, fragte ich.
»Ich werd dir heute Abend die Geschichte erzählen.«
Sie stellten die Körbe auf die Veranda, wobei sie darauf achteten, das frisch gestrichene Gebiet zu meiden, und gingen ins Haus. Alle Erwachsenen waren jetzt in der Küche, und ich fragte mich, ob sie über mich und die Mexikaner sprachen.
Gran kam mit einem Krug Tee mit Eis und einem Tablett mit Gläsern heraus. Das war ein gutes Zeichen. Die Mexikaner machten eine Pause und tranken Tee. Sie dankten Gran und zankten sich sofort wieder, wer als Nächster streichen durfte.
Die Sonne kämpfte gegen die Wolken. Es gab Momente, in denen das Licht klar und ungebrochen und die Luft nahezu sommerlich warm war. Wir blickten immer wieder zum Himmel empor in der Hoffnung, dass die Wolken Arkansas endlich verlassen und nie wieder oder zumindest bis zum Frühjahr nicht zurückkehren würden. Dann legte sich wieder ein kühler dunkler Schatten auf die Erde.
Die Wolken gewannen, und wir wussten es. Die Mexikaner würden unsere Farm bald verlassen, genau wie die Spruills.
Wir konnten nicht von ihnen erwarten, dass sie tagelang herumsaßen, zum Himmel schauten, versuchten, nicht nass zu werden, und dabei kein Geld verdienten.
Am späten Nachmittag
Weitere Kostenlose Bücher