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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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seine Arme und Hände waren beachtlich, aber was mir Angst einjagte, waren seine Augen. Die meiste Zeit blickten sie ausdruckslos oder dumm drein, aber als er mich anschnauzte, dass ich ihm kaltes Wasser holen solle, wurden sie zu Schlitzen, in denen Bosheit funkelte.
    Ich wollte mir Hank nicht zum Feind machen, ebenso wenig wollte ich, dass mein Vater sich mit ihm anlegte. Mein Vater verprügelte jeden, außer vielleicht Pappy, der zwar älter war, aber wenn nötig auch viel hinterhältiger. Ich beschloss, den Vorfall für den Augenblick zu vergessen. Sollte er sich wiederholen, hätte ich keine andere Wahl, als mich meiner Mutter anzuvertrauen.
    Die Pirates machten zwei Punkte im vierten Inning, laut Pappy vor allem deswegen, weil Eddie Stanky den Pitcher nicht auswechselte. Im fünften Inning machten sie drei Punkte, und Pappy war so wütend, dass er ins Bett ging. Während des siebten Innings kühlte es so weit ab, dass wir meinten, jetzt schlafen zu können. Die Erbsen und Wachsbohnen waren geschält. Die Spruills hatten sich hingelegt. Wir waren erschöpft, und die Cardinais machten keine Schnitte. Es fiel uns nicht schwer, das Radio auszuschalten.
    Nachdem meine Mutter mich zugedeckt und wir zusammen gebetet hatten, schlug ich das Laken wieder zurück, damit ich atmen konnte. Ich horchte auf die Grillen, die in einem kreischenden Chor sangen und einander über die Felder etwas zuriefen. Im Sommer veranstalteten sie jeden Abend ein Konzert, außer es regnete. In der Ferne hörte ich eine Stimme -
    ein Spruill streifte herum, wahrscheinlich Hank, der nach einem letzten Brötchen kramte.
    In unserem Wohnzimmer hatten wir einen in ein großes Fenster eingebauten Ventilator, der theoretisch die heiße Luft im Haus ansaugen und in den Hof hinausblasen sollte. Das funktionierte ungefähr die Hälfte der Zeit. Eine versehentlich zugeschlagene Tür unterbrach den Luftstrom, und wir lagen in unserem eigenen Schweiß, bis wir einschliefen. Wehte draußen ein Wind, kam das ganze System durcheinander, und die heiße Luft sammelte sich im Wohnzimmer, kroch durch das Haus und erstickte uns. Der Ventilator brach häufig zusammen -
    aber er war ein Besitz, auf den Pappy besonders stolz war, und wir kannten nur zwei andere Farmersfamilien aus der Kirche, die ebenfalls über einen solchen Luxus verfügten.
    In dieser Nacht funktionierte er.
    Während ich in Rickys Bett lag, auf die Grillen horchte und den leichten Luftzug genoss, weil die schwüle Sommerluft ins Wohnzimmer gesaugt wurde, ließ ich meine Gedanken nach Korea schweifen, ein Land, in das ich nie reisen wollte. Mein Vater sprach mit mir nicht über Krieg. Mit keinem Wort. Ich wusste von ein paar glorreichen Abenteuern von Pappys Vater im Bürgerkrieg, aber über die Kriege in diesem Jahrhundert sagte er wenig. Ich wollte wissen, wie viele Menschen er erschossen hatte. Wie viele Schlachten er gewonnen hatte. Ich wollte seine Narben sehen. Es gab tausend Fragen, die ich ihm stellen wollte.
    Sprich nicht über Krieg«, hatte mich meine Mutter viele Male gewarnt. »Es ist zu schrecklich.«
    Und jetzt war Ricky in Korea. Als er uns im Februar verließ, drei Tage nach seinem neunzehnten Geburtstag, schneite es. Auch in Korea war es kalt. Das wusste ich aus dem Radio. Ich lag sicher und warm in seinem Bett, während er durch Schützengräben kroch und schoss und beschossen wurde.
    Was wäre, wenn er nicht zurückkäme?
    Mit dieser Frage quälte ich mich jede Nacht. Ich dachte so lange daran, dass er sterben könnte, bis ich weinte. Ich wollte sein Bett nicht. Ich wollte sein Zimmer nicht. Ich wollte, dass Ricky zu Hause wäre, damit wir im Hof vor dem Haus um die Bases rennen, Bälle gegen die Scheune werfen und im St.

    Francis fischen könnten. Er war mehr ein großer Bruder als ein Onkel für mich.
    Junge Männer wurden dort drüben umgebracht, viele junge Männer. In der Kirche beteten wir für sie. In der Schule sprachen wir über den Krieg. Im Augenblick war Ricky der einzige Junge aus Black Oak in Korea, was uns Chandlers auf eine merkwürdige Weise auszeichnete, auf die ich keinerlei Wert legte.
    »Habt ihr von Ricky gehört?«, lautete die große Frage, mit der wir jedes Mal konfrontiert wurden, wenn wir in die Stadt fuhren.
    Ja oder nein, es spielte keine Rolle. Unsere Nachbarn versuchten nur, mitfühlend zu sein. Pappy gab nie eine Antwort. Mein Vater reagierte höflich. Gran und meine Mutter sprachen ein paar Minuten leise über seinen letzten Brief.
    Ich sagte

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