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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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viel Raum. Ich lebte in der beständigen Angst, nach einer Gurke zu greifen und Giftzähne zu spüren, die sich in meinen Handrücken gruben.
    Meine Mutter liebte diesen Flecken Erde, weil er ihr gehörte -
    niemand sonst wollte ihn. Sie behandelte ihn wie eine heilige Stätte. Wenn das Haus voll war, fand ich sie immer im Garten, wo sie mit ihrem Gemüse sprach. Harte Worte fielen in unserer Familie nur selten. Aber wenn es passierte, wusste ich, dass sich meine Mutter in ihr Refugium zurückzog.
    Nachdem sie ihre Wahl getroffen hatte, konnte ich meinen Korb kaum mehr tragen.
    Es regnete nicht mehr in St. Louis. Um Punkt acht Uhr schaltete Pappy das Radio ein, fummelte an den Knöpfen und der Antenne herum, und dann hörten wir den tem-peramentvollen Harry Caray, die raue Stimme der Cardinais.
    Für diese Saison verblieben noch etwa zwanzig Spiele. Die Dodgers führten, und die Giants waren an zweiter Stelle. Die Cards an dritter. Das war mehr, als wir ertragen konnten.
    Natürlich hassten die Cardinals-Fans die Yankees, und in unserer Liga hinter zwei New Yorker Mannschaften zu liegen war unerträglich.
    Pappy war der Ansicht, dass der Manager, Eddie Stanky, schon vor Monaten hätte gefeuert werden sollen. Wenn die Cardinais gewannen, dann wegen Stan Musial. Wenn sie verloren, mit denselben Spielern auf dem Feld, war immer der Manager schuld.
    Pappy und mein Vater saßen auf der Schaukel, die rostigen Ketten quietschten, während sie gemächlich hin und her schwangen. Gran und meine Mutter pulten Wachsbohnen und Erbsen auf der anderen Seite der kleinen Veranda. Ich saß auf der obersten Stufe, in Hörweite des Radios, sah zu, wie die Spruill-Show sich ihrem Ende zuneigte, und wartete mit den Erwachsenen, dass die Hitze endlich nachließ. Ich vermisste das beständige Surren des alten Ventilators, hütete mich jedoch davor, das Thema anzusprechen.
    Die Frauen unterhielten sich leise über Kirchendinge -die Erweckungsversammlung im Herbst und das bevorstehende Picknick. Ein Mädchen aus Black Oak heiratete in einer großen Kirche in Jonesboro, vermutlich einen jungen Mann mit Geld, und das musste jeden Abend diskutiert werden. Ich konnte beim besten Willen nicht verstehen, warum die Frauen dieses Thema tagtäglich wieder aufgriffen.
    Die Männer hatten nichts zu sagen, zumindest nichts, was nicht mit Baseball in Zusammenhang stand. Pappy war in der Lage, lange zu schweigen, und mein Vater war nicht viel besser. Zweifellos machten sie sich Sorgen wegen des Wetters oder der Baumwollpreise, aber sie waren zu müde, es laut zu tun.
    Ich war zufrieden zuzuhören, die Augen zu schließen und mir den Sportsman’s Park in St. Louis vorzustellen, ein großartiges Stadion, in dem sich dreißigtausend Menschen versammeln konnten, um Stan Musial und die Cardinais zu sehen. Pappy war dort gewesen, und während der Saison ließ ich es mir mindestens einmal pro Woche von ihm beschreiben. Er sagte, wenn man das Spielfeld betrachtete, schien es immer größer zu werden. Der Rasen war so grün und glatt, dass man Murmeln darauf rollen konnte. Die Erde auf dem Innenfeld wurde gerecht, bis sie perfekt war. Die Spielstandsanzeige in der linken Stadionhälfte war größer als unser Haus. Und alle diese Menschen, diese unglaublich vom Glück gesegneten Menschen von St. Louis, die die Cardinais sehen konnten und nicht Baumwolle pflücken mussten.
    Dizzy Dean und Enos »Country« Slaughter und Red Schoendienst, alle die großen Cardinais, die berühmte Gashouse Gang, hatten dort gespielt. Und weil mein Vater und mein Großvater und mein Onkel das Spiel beherrschten, gab es für mich nicht den geringsten Zweifel, dass ich eines Tages Sportsman’s Park beherrschen würde. Ich würde vor dreißigtausend Fans über den perfekten Rasen des Außenfelds gleiten und die Yankees höchstpersönlich in Grund und Boden spielen.
    Der größte Cardinais aller Zeiten war Stan Musial, und als er im zweiten Inning zum Schlagmal ging, sah ich, wie Hank Spruill durch die Dunkelheit schlich und sich in den Schatten setzte, gerade nahe genug, um das Radio zu hören.
    »Ist Stan dran?«, fragte meine Mutter.

    »Ja, Ma’am«, sagte ich. Sie tat so, als würde sie sich für Baseball interessieren, hatte aber in Wirklichkeit keine Ahnung davon.
    Wenn sie Interesse an Stan Musial vorgab, dann konnte sie jedes Gespräch über dieses Thema in und um Black Oak überleben.
    Das leise Schnappen und Knirschen der Bohnen und Erbsen verstummte. Die Schaukel stand still.

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