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Die Farm

Die Farm

Titel: Die Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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kann. Weißt du, wo?«
    »Ja. Siler’s Creek. Ungefähr eine halbe Meile in der Richtung«, sagte ich und deutete nach Norden.

    »Gibt es dort Schlangen?«
    Ich lachte, als ob sich niemand wegen Schlangen Sorgen machen müsste. »Vielleicht ein paar kleine Wasserschlangen.
    Keine Mokassinschlangen.«
    »Und das Wasser ist sauber, nicht schlammig?«
    »Sollte sauber sein. Hat seit Sonntag nicht mehr geregnet.«
    Sie schaute sich um und vergewisserte sich, dass uns niemand belauschte, dann sagte sie: »Kommst du mit?«
    Mein Herz setzte aus, und mein Mund war plötzlich trocken.
    »Warum?«, brachte ich heraus.
    Sie grinste und verdrehte die Augen.

    »Ich weiß nicht«, gurrte sie. »Du kannst aufpassen, dass mich niemand sieht.«
    Sie hätte sagen können: »Weil ich nicht weiß, wo der Bach ist«
    oder: »Um mich vor den Schlangen zu beschützen.« Oder irgendetwas anderes, was nichts damit zu tun hatte, dass ihr jemand beim Baden zusah.
    Aber das sagte sie nicht.
    »Hast du Angst?«, fragte ich.
    »Ein bisschen vielleicht.«
    Wir gingen den Feldweg entlang, bis das Haus und die Scheune außer Sichtweite waren, dann schlugen wir den schmalen Pfad ein, den wir benutzten, wenn wir im Frühjahr säten. Kaum waren wir allein, begann sie zu reden. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte, und war erleichtert, dass sie die Sache in die Hand nahm.
    »Das wegen Hank tut mir wirklich Leid«, sagte sie. »Immer sorgt er für Ärger.«
    »Hast du die Schlägerei gesehen?«, fragte ich sie.
    »Welche?«

    »Die in der Stadt.«
    »Nein. War’s schlimm?«
    »Ja, ziemlich schlimm. Er hat sie übel verprügelt. Und auch noch lange, nachdem der Kampf vorbei war.«
    Sie blieb stehen, dann blieb auch ich stehen. Sie kam nahe zu mir, beide atmeten wir schwer. »Sag mir die Wahrheit, Luke.
    Hat er das Holz als Erster aufgehoben?«
    Ich sah in ihre wunderschönen braunen Augen und hätte beinahe »Ja« gesagt. Aber blitzartig ging mir etwas durch den Kopf. Ich dachte, es wäre besser, auf Nummer Sicher zu gehen.
    Schließlich war er ihr Bruder, und sie könnte ihm während eines Streits alles erzählen. Blut ist dicker als Wasser, sagte Ricky immer. Ich wollte mir Hank nicht zum Feind machen.
    »Es ging alles so schnell«, sagte ich und setzte mich wieder in Bewegung. Sie holte mich sofort ein und schwieg ein paar Minuten lang.

    »Meinst du, dass sie ihn verhaften werden?«, fragte sie.
    »Weiß ich nicht.«
    »Was glaubt dein Großvater?«
    »Keinen verdammten Schimmer.« Ich dachte, ich könnte sie beeindrucken, wenn ich einen von Rickys Kraftausdrücken benutzte.
    »Luke, das sagt man nicht«, meinte sie, ziemlich unbeeindruckt.
    »’Tschuldigung.« Wir gingen weiter. »Hat er schon mal jemand umgebracht?«, fragte ich.
    »Nicht, dass ich wüsste«, sagte sie.
    »Einmal war er im Norden«, fuhr sie fort, als wir uns dem Bach näherten. »Dort gab es auch Ärger. Aber wir wissen nicht, was passiert ist.«
    Ich war sicher, dass es Ärger gab, wohin immer Hank ging-Der Siler’s Creek befand sich an der nördlichen Grenze unserer Farm, wo er sich in den St. Francis schlängelte. Den Zusammenfluss konnte man von der Brücke aus fast sehen. Zu beiden Seiten war er von dicken Bäumen gesäumt, sodass es im Sommer kühl genug war, um zu schwimmen und zu baden. Er trocknete jedoch schnell aus und führte häufig nur wenig Wasser.
    Ich ging mit ihr zum Ufer hinunter an einen kiesigen Platz, wo das Wasser am tiefsten war. »Das ist die beste Stelle«, sagte ich.
    »Wie tief ist es?«, fragte sie und sah sich um.
    Das Wasser war klar. »So tief«, sagte ich und berührte mich unterhalb des Kinns.
    »Und es ist niemand hier, oder?« Sie schien ein bisschen nervös.
    »Nein. Alle sind auf der Farm.«
    »Du gehst ein Stück zurück und passt für mich auf, okay?«
    »Okay«, sagte ich, ohne mich zu rühren.
    »Na los, Luke«, sagte sie und stellte ihre Tasche ab.

    »Okay«, sagte ich noch einmal und marschierte los.
    »Und, Luke, du schaust auch nicht, okay?«
    Ich kam mir vor, als hätte sie mich ertappt. Ich winkte ab, als hätte ich im Traum nicht daran gedacht. »Natürlich nicht«, sagte ich. Ich kroch das Ufer hinauf und fand einen Ulmenast in ungefähr einem Meter Höhe, Von dort konnte ich fast das Dach unserer Scheune sehen.
    »Luke!«, rief sie.
    »Ja!«
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja!«
    Ich hörte Wasser plätschern, blickte jedoch weiterhin Richtung Süden. Nach ungefähr einer Minute drehte ich mich langsam um und schaute zum

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