Die Fastnachtsnarren. Humoresken
machte die Bewegung des Geldzählens, da er aus langjähriger Erfahrung wußte, daß es mit der Baarschaft des Studenten haperte, wenn dieser nach dem Wetter fragte, ehe er bei dem Oberst Zutritt nahm.
»Möglich!« nickte Schmidt verständnißvoll.
»So! Das ist eine schlimme Sache, und ich will dessenungeachtet sehen, daß wir helfen können, denn ich weiß auch, wie es thut, wenn man kein Geld hat und dagegen alle zwei Paar Stiefeln zerrissen sind. Das war nämlich dazumal in Frankreich. Der Oberst lag mit mir in Quartier bei einer jungen Wittfrau, die unterdessen ganz verteufelt hübsch war und aus diesem Grunde ein Auge auf mich geworfen hatte, denn es war Anno Vierzehn, wiewohl ich damals mein Bein noch hatte. Darum stehe ich auch eines Tages an der Hausthür und putze mein Lederzeug; da kommt plötzlich – – –«
Er konnte nicht weiter sprechen, denn die Glocke ertönte und zu gleicher Zeit erschallte in dem nebenan liegenden Raume der Ruf:
»Heinz!«
Der Diener sprang eilfertig hinaus, öffnete die Thür zu dem Wohnzimmer seines Herrn und frug:
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Wieviel Zeit brauchst Du denn heut, um ein Messer zu holen?«
»Ein Messer?« Die gewaltsame Unterbrechung seines Anno Vierzehn hatte ihn so aus der Fassung gebracht, daß er sich nicht gleich auf das Messer besinnen konnte. »Wobei denn, Dorchlaucht?«
»Heinz, Du bist ein Esel!«
»Sapperlot, Dorchlaucht, das leide ich nicht! Obgleich ich ein Esel wäre, so dürfte ich wohl nicht mit Ihnen rauchen und endlich nämlich auch noch Rollentabak schnei – –« bei diesem letzten Worte besann er sich plötzlich, was es mit dem Messer für eine Bewandtniß gehabt hatte, und nun sah er sich in eine solche Beschämung und Verlegenheit gesetzt, daß er mit offen bleibendem Munde und ausgespreizten Fingern dastand und gar nicht wußte, ob er gehen oder bleiben solle.
»Kommt denn nun das Messer endlich?« donnerte da der ungeduldig werdende Gebieter.
So schnell es ihm der Stelzfuß gestattete, flog Heinz zur Thür hinaus, und in seine Stube, wo er das verlangte Instrument aus dem Kasten langte. Schmidt konnte ein leises Lachen über den possirlichen Vorgang nicht unterdrücken.
»Melde mich gleich mit an, sonst machst Du mir ihn wieder mißlaunig!«
Der Diener hatte keine Zeit zu einer Antwort. Zurückgekehrt, sah er den Prinzen am Fenster stehen, wo ein ärgerlicher Vorgang seine Aufmerksamkeit in Anspruch zu nehmen schien.
»Mit wem hast Du denn da draußen zu spindisiren?«
»Zu spindisiren, Dorchlaucht? Dafür kann ich nicht, obgleich es unser Student ist, welcher folglich gern zu Ihnen will.«
»Schmidt ist draußen?« frug er und ließ auf diese Frage ein so lautes »Rrrrein« erschallen, daß der Genannte eintrat, ohne erst zu warten, bis Heinz ihm öffnete. »Komme Er ‘mal her zu mir! So! Nun schaue Er einmal in den Hof hinab! So! Was sieht Er?«
Der Student merkte sofort, daß er an einem unglücklichen Augenblicke gekommen sei.
»Die beiden Knechte?«
»Und was tragen sie?«
»Die Angoraziege, welche heut Nacht – –«
»Erwürgt worden ist,« fiel er ihm in die Rede, »elendiglich erwürgt! Sie kostete mich ein Heidengeld; aber das schadete Nichts, denn sie war es auch werth. Nun ist sie zum Kukuk, nun ist sie ›Franzos kaput,‹ wie die Kossacken Anno Vierzehn sagten, und ich muß mit so einer alten Neudorfer Liese fürlieb nehmen, die wer weiß was für ein traurig Seifenwasser giebt.«
»Der Schulze soll eine gute Milchziege haben, Durchlaucht,« bemerkte Schmidt, um vorsichtige Fühlung zu nehmen.
»Das sagte schon der Heinz. Das Weibsbild muß mir selbst hinaus, um das Thier zu holen. Es wird ihr zwar spanisch genug vorkommen, aber was ich gesagt habe, das habe ich gesagt, und wenn sie mir noch so einen dummen Streich macht, so jage ich sie gar noch aus dem Hause! Da schleppen sie nun das prächtige Thier hinaus, um es elendiglich zu verscharren!«
»Wäre es nicht wenigstens gerathen, Durchlaucht, das Fell abzuziehen und – – –«
»Das Fell abziehen?« donnerte der alte Isegrimm. »Ist er denn gradezu des Teufels oder verrückt geworden, daß Er mir zumuthet, dem armen Viehzeug auch noch das Leder abschinden zu lassen? Wenn er mir mit solchen Dingen kommt, so packe Er sich nur immer wieder fort’, Ich dächte wohl, daß Er genug hätte lernen können, um zu wissen, daß ich kein Kaviller bin!«
Der junge Mann erschrak. Er hatte eine Besänftigung des zornigen Herrn bezweckt und damit grad
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